LL-Demo 2022: Ob Ampel oder R2G – nicht unsere Regierung!

03.01.2022, Lesezeit 8 Min.
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Foto: Anai Paz

Am 9. Januar auf die Straße, denn die „fortschrittlichen“ Regierungen im Bund und in Berlin haben keine Antwort auf Pandemie, Krise und Klimakatastrophe. Aufruf zur Luxemburg-Liebknecht-Demo 2022 in Berlin von Klasse gegen Klasse und der Linksjugend ['solid] Berlin.

Auch zu Beginn des Jahres 2022 ist die Coronavirus-Pandemie das bestimmende Thema: Die neue Virus-Variante Omikron sorgt für explodierende Inzidenzen, während die Regierungen europaweit die Quarantänezeiten von Infizierten verkürzen, damit die kapitalistische Profitmaschinerie nicht lahmgelegt wird. Rund zwei Jahre nach Beginn der Pandemie ist die oberste Maxime der Regierungen, die Profite der Konzerne zu sichern, während die Arbeiter:innen im Gesundheitssystem weiterhin ihre Körper und Leben einsetzen, Millionen Menschen auf dem Weg oder bei der Arbeit eine Ansteckung droht und das Gesundheitssystem auf eine erneute Überlastung zusteuert. Auch deshalb haben häusliche Gewalt, Betreuungskrise, Prekarisierung und die doppelte Arbeitslast der Frauen in der Pandemie verschärft. In Verbindung mit stockenden Lieferketten und der weltweit explodierenden Inflation drohen zudem neue wirtschaftliche Probleme, die auf dem Rücken der Arbeiter:innen und der armen Bevölkerung abgeladen werden sollen.

Die neue SPD-FDP-Grünen-Regierung im Bund, die sich selbst „Fortschrittskoalition“ nennt, bietet nur mehr vom Alten: Einschränkungen im Privatbereich, während die Wirtschaft ungebremst weiterläuft. Dennoch hegen viele Menschen Hoffnungen in die neue Regierung. Die Koalition hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben, während Fridays for Future und selbst bürgerliche NGOs und Medien klar sagen, dass die Klimamaßnahmen der Ampel vom Pariser 1,5-Grad-Ziel weit entfernt sind. Und das, obwohl die Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz im Sommer dieses Jahres unmissverständlich klargemacht hat, dass die Effekte des Klimawandels nicht mehr allein auf die Milliarden Menschen in den halbkolonialen Ländern abgewälzt werden können, sondern auch mitten im Herzen der imperialistischen Staaten zuschlagen. Ganz zu schweigen von den sozialen Angriffen, die die Ampel auch plant, wie zum Beispiel die Teilprivatisierung der Rente und weitere Abschiebe-Offensiven.

In Berlin schiebt der rot-grün-rote Senat die Umsetzung des Volksentscheids zur Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne erst auf die lange Bank, um die Enteignung dann zu begraben. Der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) macht daraus keinen Hehl: Er will „Enteignungen verhindern, ohne die Koalition zu beschädigen“. Und DIE LINKE? Trat der neuen Regierung trotzdem bei und macht sich zur Komplizin in diesem Angriff. Auch an anderer Stelle ist der rot-grün-rote Senat nicht so fortschrittlich, wie er sich gibt: Die Privatisierung der S-Bahn wird fortgesetzt, Polizei und Überwachung werden ausgebaut und von einem Ende von jeglichem Outsourcing und der Wiedereingliederung aller Tochtergesellschaften in den Berliner Krankenhäusern fehlt weiterhin jede Spur.

Sie wollen uns glauben machen, dass es ausreicht, abzuwarten und zu hoffen, dass es die „fortschrittlichen“ Regierungen schon richten werden. Aber sie vermögen es nicht, die kapitalistische Krise zu lösen. Sie vermögen es nicht, den Klimawandel zu stoppen. Sie vermögen es nicht einmal, Menschenleben in der Pandemie zu retten. Und währenddessen werden die populistische und die extreme Rechte gestärkt, die sich als einzige Alternative zum System gerieren, obwohl sie nur verschwörungstheoretische und massenfeindliche Antworten zu bieten haben.

Deshalb ist es notwendig, von Tag 1 an zu sagen: Die Ampel und R2G sind nicht unsere Regierungen! Wir vertrauen ihren Versprechen nicht und wir werden für unsere Rechte und Forderungen auf der Straße und in den Betrieben, Schulen und Unis kämpfen, mit den Mitteln der Selbstorganisation, der Streiks und der Mobilisierung. 

Für ein Aktionsprogramm der Arbeiter:innen gegen Pandemie, Krise und Klimakatastrophe!

Wir kämpfen für ein Aktionsprogramm, damit Pandemie, Krise und Klimakatastrophe nicht von der Arbeiter:innenklasse und den armen Massen bezahlt werden müssen, sondern von den Kapitalist:innen, die für sie verantwortlich sind. Ein Programm, das auf die Selbstorganisierung der Arbeiter:innenklasse und der Jugend setzt und sich eine von den Regierungen, den Bossen und den reformistischen Bürokratien unabhängige politische Alternative zum Ziel setzt.

Eine solche sozialistische Alternative muss angesichts der Pandemie eine von der Regierung unabhängige Politik der Arbeiter:innenklasse im Interesse der großen Mehrheiten entwickeln und darf den Rechten nicht die Straße überlassen: für ein Herunterfahren der nicht-essentiellen Produktion bei voller Lohnfortzahlung statt Gesundheitsgefährdung im Interesse des kapitalistischen Profits. Für flächendeckende kostenlose PCR-Tests und massive Aufklärungskampagnen über Impfungen statt einer repressiv durchgesetzten Impfplicht. Für Versammlungen und Gesundheitskomitees an Arbeitsplätzen, um über Hygienemaßnahmen zu entscheiden. Für die Abschaffung von Patenten auf Impfstoffe und Medikamente und für die Verstaatlichung der gesamten Pharmaindustrie und Gesundheitsversorgung unter Kontrolle der Arbeiter:innen, für ein Gesundheitssystem im Interesse der Menschen statt der Profite.

Zusätzlich zu solchen Notfallmaßnahmen gegen die Pandemie muss ein solches Aktionsprogramm die wirtschaftliche und soziale Krise bekämpfen, die die Regierungen und das Kapital verursachen und die reformistischen Gewerkschaftsbürokratien unangetastet lassen: Statt der von der Ampel geplanten Ausweitung der Arbeitszeit braucht es eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich und einem Mindestlohn, Rente und Bafög von 1800 Euro netto, monatlich an die Inflation angepasst. Statt der Abwälzung der explodierenden Energiekosten auf die große Mehrheit der Bevölkerung braucht es einen Preisstopp auf lebensnotwendige Güter und Energie, auf Kosten der Profite der Unternehmer:innen und Aktionär:innen.

Bezahlt werden können diese und weitere Notfallmaßnahmen durch Enteignungen und Vermögensabgaben, angefangen mit den 100 reichsten Deutschen, die während der Pandemie über 100 Milliarden Euro an Vermögen zusätzlich akkumuliert haben. Im Inland muss die arbeiter:innenfeindliche Schuldenbremse abgeschafft werden, die nur zur Rechtfertigung sozialer Angriffe auf die Arbeiter:innen, Rentner:innen und die Jugend dient.

Gegenüber der alt-neuen R2G-Regierung in Berlin sind wir für die sofortige und vollständige Umsetzung des Volksentscheides! Für die Kommunalisierung der S-Bahn ohne Wenn und Aber! Für die vollständige Wiedereingliederung aller Tochtergesellschaften in die Mutterkonzerne (Vivantes und Charité)! Für die Abschaffung sogenannter kriminalitätsbelasteter Orte und einen Abschiebestopp!

Doch unsere Perspektive ist auch international. Denn nicht nur sind Pandemie und Klimakatastrophe weltweite Phänomene, die in den Grenzen des Nationalstaats nicht gelöst werden können, sondern von ihnen profitieren auch vor allem die Konzerne, die mit Hilfe der imperialistischen Regierungen ärmere Länder in wirtschaftlicher und politischer Abhängigkeit halten. Deshalb müssen alle internationalen Schulden ärmerer Länder gestrichen werden. Für ein Ende der Repression gegen Geflüchtete und Migrant:innen an der polnisch-belarussischen Grenze! Für das Recht auf Asyl und den sofortigen Stopp aller Abschiebungen! Öffnung der Grenzen und Abschaffung von Frontex! Keinen weiteren Ausbau der Polizei und des Verfassungsschutzes! Für den sofortigen und bedingungslosen Rückzug der Bundeswehr und NATO-Kräften aus allen Auslandseinsätzen!

Statt die Kosten der Klimakatastrophe auf die Mehrheit abzuwälzen braucht es die entschädigungslose Verstaatlichung der größten umweltverschmutzenden Konzerne und den Erhalt aller Arbeitsplätze und ihre Umwandlung anhand ökologischer Kriterien, kontrolliert von den Arbeiter:innen selbst. Dazu braucht es außerdem einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs und kostenloser ÖPNV.

Für eine sozialistische Perspektive des Klassenkampfes!

Wir kämpfen für eine völlig andere Gesellschaft: eine Gesellschaft, die sich nicht dem Profitstreben einer kleinen Minderheit von Kapitalist:innen unterwirft, sondern die sich nach den Bedürfnissen der großen Mehrheiten ausrichtet. Eine Gesellschaft, in der nicht die irrationale Zerstörung durch das Kapital regiert, sondern die rationale und demokratische Planung der Wirtschaft im Interesse aller. Eine sozialistische Gesellschaft, aufgebaut auf Räten, die die gesamte Gesellschaft demokratisch organisieren – jenseits aller Entstellungen durch den Stalinismus.

Wir stehen in der Tradition von Luxemburg und Liebknecht, die konsequent gegen Krieg und eine Anpassung an den Kapitalismus kämpften. Sie stellten sich gegen die Beteiligung von Arbeiter:innenparteien an bürgerlichen Regierungen an der Spitze des kapitalistischen Staates. Am 9. Januar 2022 demonstrieren wir im Gedenken an ihre Ermordung vor 103 Jahren, mit dem Blick nach vorn: für eine sozialistische Vereinigung, weltweit. Weder damals noch heute können reformistische Regierungen uns befreien. Sie vertreten nicht unsere Interessen. Gegen ihre mörderische Profitlogik organisieren wir uns. Als Arbeiter:innen halten wir das System am Laufen – und können es zum Stillstand bringen.

Deshalb rufen wir dazu auf, mit dem oben skizzierten Programm auf der Luxemburg-Liebknecht-Demo einen Block zu bilden, bei dem Arbeiter:innen und Jugendliche in der ersten Reihe sagen: Die Ampel und R2G sind nicht unsere Regierungen!

Luxemburg-Liebknecht-Demonstration 2022

Wann? Sonntag, 9. Januar, 10 Uhr
Wo? U5 Frankfurter Tor
Willst du mit uns laufen? Dann komm um 9:15 Uhr zum Humana am U-Bahnhof Frankfurter Tor!

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