Kundgebung am 1. Mai: 13 Uhr Urbanhafen in Berlin-Kreuzberg
Trotz der aktuellen Einschränkungen im öffentlichen Leben rufen verschiedene Initiativen am 1. Mai deutschlandweit zu Protest auf. Wir spiegeln hier den Aufruf der Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) zur Kundgebung am Urbanhafen in Berlin-Kreuzberg. Die Kundgebung richtet sich gegen das Abwälzen der Corona-Krise auf den Rücken der Beschäftigten.
Am 1. Mai auf die Straße!
Aufruf zur Kundgebung [1] am 01.05.2020
13 Uhr – 14 Uhr Urbanhafen Nähe Vivantes Kreuzberg
Wir wollen nicht für eure Krise zahlen!
Die durch die Corona-Krise verstärkte Wirtschaftskrise wird gnadenlos auf den Rücken der Werktätigen verteilt. Der Kapitalismus zeigt sein brutales Gesicht in aller Deutlichkeit.
Während den Reichen ein Milliardengeschenk nach dem anderen gemacht wird, müssen prekär Beschäftigte sehen, wie sie ihre Miete zahlen, müssen Erwerbslose gucken, wie sie an Essen kommen, werden Obdachlose sich selbst überlassen, während Hunderttausende Hotelbetten leer stehen, müssen Kleingewerbetreibende dichtmachen, müssen Alleinerziehende sehen, wie sie gleichzeitig Geld verdienen und die Kinder betreuen.
Firmen wie Blackrock jubeln über die Krisenverwaltung an den Börsen, über die Supergeschäfte mit dem Elend anderer. Unternehmen wie die Lufthansa sanieren sich und stoßen Altlasten ab, Immobilien-Haie nutzen die Gunst der Stunde, um Altmieter*innen mit niedrigeren Mieten loszuwerden und die Verdrängung voranzutreiben. Galeria Karstadt restrukturiert sich und Daimler und VW nehmen die Zugeständnisse der Gewerkschaften zur Kurzarbeit und Nullrunde dankend an und entledigen sich ganz nebenbei ihrer „Probleme“ mit der Umstellung auf Elektromobilität. Sie sanieren sich auf unsere Kosten!
Die Vertreter*innen der herrschenden Industriestaaten sprechen von internationalem Zusammenhalt und gemeinsamer Verantwortung, während gleichzeitig Kriege in Syrien oder Libyen weitergehen und Handelsboykotte aufrechterhalten werden. Länder wie Jemen oder Afghanistan bekommen vom IWF „großzügige“ Notkredite, den ärmsten Ländern werden die Schulden „großzügig“ gestundet.
Die Bundesregierung spricht von europäischer Solidarität und hält gleichzeitig südeuropäische Länder wie Kolonien in Abhängigkeit von ESM-Krediten. All diese Kredite sind mit Privatisierungszwang von Infrastruktur oder Kürzung der Sozialaufgaben verbunden.
Sie sprechen von Corona-Solidarität und kasernieren an den Grenzen Flüchtlinge wie Vieh in Lagern ein. Sie stoßen Menschen in Flucht und Elend und lassen sie dabei verrecken.
In Indien sind im Zuge der Corona-Krise Millionen Menschen von einem Tag auf den anderen ins Nichts gestoßen, in der Textilindustrie werden Millionen an Näher*innen erwerbs- und damit brotlos. Für sie gibt es keine Solidarität?
Es wird ein nationaler Konsens heraufbeschworen, nach dem Motto wir sitzen alle im gleichen Boot, vor dem Virus sind wir alle gleich. So eine Gleichheit gibt es im Kapitalismus nicht. Wir sitzen nicht im gleichen Boot mit den Herren SAP, Würth oder Siemens. Wir sitzen nicht im Boot mit den Superreichen, die aus ihrer Villa mit Garten uns ein „Bleibt zu Hause-Selfie“ schicken.
Wir sitzen auch nicht im Boot mit dem Vorstand der Charité, der das System der Fallkostenpauschalen begrüßt, der das Krankenhaus im Sinne der Profimaximierung genauso wie ein kapitalistisches Unternehmen führt. Wo eben eine Patient*in zur Gewinnkennziffer wird, wo Krankenhausbeschäftigte outgesourct und prekär bezahlt werden, damit die Rendite stimmt.
Dieses System der Profitmaximierung, dieses total kaputt gesparte und privatisierte Gesundheitssystem wird mit der Corona-Pandemie nicht fertig. Wie auch. Weder gibt es genügend Personal, noch ausreichend Betten, geschweige denn Hygienematerial. Es rechnet sich halt nicht. Die Leidtragenden sind Patienten, deren Beatmungsgeräte abgestellt werden müssen, weil nicht genug vorhanden sind. Sie müssen bereits jetzt in mehreren europäischen Ländern qualvoll sterben, was aufgrund von Profitorientierung und Privatisierungen im Gesundheitssystem auch hierzulande droht. Die Leidtragenden sind alte Menschen, die in Pflegeheimen zahlreich angesteckt werden und daran sterben. Es sind die Krankenhausbeschäftigten, die sich anstecken, krank werden und diese Krankheit in ihre Familien und Umfeld tragen. Profit auf Kosten unserer Gesundheit!
Und anstatt jetzt die Arbeitsbedingungen der Krankenhausbeschäftigten oder der VerkäuferInnen oder der Paketboten zu verbessern, anstatt z.B. in der unter der Rot-Rot-Grünen Landesregierung verwalteten Charité die Rückkehr der outgesourcten CFM Beschäftigten in den TVÖD zu beschließen, wird eine schlappe Prämie auf den Tisch geworfen. Wird etwas von „Solidarität“ gesprochen und gleichzeitig werden die Arbeitsbedingungen noch verschärft. Die Arbeitszeit wurde hochgeschraubt, die Ruhezeit runter, die Hygienebedingungen runter … alles zu Lasten der Beschäftigten und Patient*innen. Und alles ohne die Beschäftigtenvertretungen einzubinden versteht sich. Damit sollen wir uns abfinden.
Wer trägt die Verantwortung für die Situation in den Krankenhäusern? Wer ist schuld daran, dass die Krankenhäuser so runtergespart sind? Wo bleibt die von den Linken, der SPD und den Grünen so lang versprochene Wertschätzung der Beschäftigten in Berlin bei der Charité oder Vivantes? Bei der BSR oder bei der BVG?
Stattdessen wird die Mitbestimmung eingeschränkt, damit hintenrum die ganze Last den Beschäftigten aufgebürdet werden kann.
Jeglicher Protest soll mundtot gemacht werden. In der Öffentlichkeit wurden im Zuge der Corona-Pandemie Ausgangssperren und Kontaktverbote verhängt. Natürlich nicht für VW oder Daimler oder DHL oder den großen Spargelhof. Auch nicht für den Baukonzern, das Straßenbauunternehmen. Die Kontaktverbote gelten auch nicht für die Beschäftigten bei der BSR oder für diejenigen, die mit der BVG zur Arbeit fahren. Hier gibt es keine Kontaktsperren, hier gibt es oft gar keinen Infektionsschutz. Hier wird das gar nicht überprüft.
Aber Demonstrationen werden unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes einfach verboten, bzw. mit brutaler Gewalt verhindert und zusammengeschlagen.
Das ist nicht nur sehr fragwürdig, es lässt auch vermuten, dass gleichzeitig geguckt wird, was denn eine Gesellschaft so schluckt ohne zu mucken. Oder das geübt wird, welche radikalen Maßnahmen zur Unterdrückung von Versammlungen oder Demonstrationen man so durchziehen kann. Tracking-Apps, Abschaffung von Betriebsräten, Versammlungsverbote … alles für die noch schärfere Durchsetzung von künftigen Kapital- und Arbeitgeberinteressen. Denn eines ist klar, diese Corona-Krise wird eine noch heftigere Wirtschaftskrise nach sich ziehen.
Wir sind der Meinung, dass man gerade jetzt demonstrieren muss! Gerade jetzt müssen wir die Einhaltung von Arbeitsschutzmaßnahmen einfordern, müssen wir gegen den ungehemmten sozialen Kahlschlag protestieren, gerade jetzt müssen wir die Politik der Rot-Rot-Grünen Landesregierung anprangern. Sie sind es, die uns das Demonstrationsrecht in Berlin nehmen, sie sind es, die den Betriebsräten Maulkörbe verhängen, sie sind es die zulassen, dass der Profit weiter über unsere Gesundheit gestellt wird.
Wir wollen am 1. Mai raus auf die Straße und unsere Forderungen und Interessen vertreten. Wir wollen am 1. Mai gegen dieses barbarische System protestieren.
Gegen eine Gesundheitspolitik die das Wohl der Kranken gegen eine Rendite aufwiegt, gegen eine „europäische Einheit“, die kein Recht auf Asyl mehr kennt und Flüchtlinge mit Stacheldraht und Blendgranten von der Flucht abhält oder im Mittelmeer ertrinken lässt.
Wir wollen dass sich das ändert!
Berliner Aktion Gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA)
#b0105 # #NichtAufUnseremRücken!
Aufruf zum Download: 1_Mai_Berlin
1 Wir wissen, dass aufgrund der Auflagen die Organisierung einer erfolgreichen Demonstration zur Zeit unrealistisch ist und wollen daher diese Kundgebung organisieren.
Die Auflagen können sich jederzeit ändern, wir können zur Zeit nicht abschätzen, wie dies am 1. Mai aussieht. Wir nehmen aber den Gesundheitsschutz ernst und wollen uns entsprechend an die Auflagen für Gesundheitsschutzmaßnahmen bzgl. der Gefahr von Corona während der Versammlung halten: wie Einhaltung eines nötigen Mindestabstandes von 2 Metern zwischen den Teilnehmer*innen, Tragen von Mundschutz für alle Teilnehmer*innen, Ordner und Abstandseile, Flatterband zur Freihaltung der freizuhaltenden Fläche und Gewährleistung von Abstandhaltung zwischen den Versammlungsteilnehmer*innen und ggfs. NichtVersammlungsteilnehmer*innen. Wir haben dementsprechend kein Interesse, dass außerhalb der Kundgebung eine Versammlung von Menschen entsteht.