Kürzungen gefährden Freie Schulen

20.09.2023, Lesezeit 5 Min.
Gastbeitrag

In Berlin haben Freie Schulen gegen Kürzungen protestiert. Rosa Schneider hat auf der Demonstration unter dem Motto „Faire Finanzierung für Freie Schulen“ für ihre „Schule für Erwachsenenbildung e.V.“ gesprochen.

1
Rosa Schneider auf der Demo "Faire Finanzierung für Freie Schulen". Foto: Shiva K.

Die Demo „Faire Finanzierung für Freie Schulen“, die eher einer Kundgebung glich, war von Anfang an bürgerlich geprägt. Auf der Bühne wurde ich als Schülerin der Schule für Erwachsenenbildung mehrfach dazu gedrängt die Rede vorschnell zu beenden, damit endlich die Senatorin reden kann, was eine Frechheit ist, in Anbetracht der Tatsache, dass ich nicht dort gestanden hätte, hätte sie nicht die Gelder für Freie Schulen gekürzt. Die folgende Rede wurde von der Schule für Erwachsenenbildung (SfE) kollektiv geschrieben:

„Liebe Passant:innen, liebe Teilnehmer:innen, wir stehen heute hier, sind wütend und entschlossen. Wir sind hier als Vertreter:innen der Schule für Erwachsenenbildung. Die SfE tritt seit 50 Jahren für Bildung in Freiheit ein, unser Projekt ist akut von der neoliberalen Sparlogik des Senats bedroht. Wir sind eine Schule für diejenigen, die im staatlichen Bildungssystem nicht mehr zurechtkommen, die aussortiert wurden, die durch die Maschen gefallen sind. Bei uns finden sie einen Ort des selbstbestimmten Lernens und Lebens. Unsere Gemeinschaft gestaltet den Raum selbst, in dem wir ohne Noten und ohne Konkurrenz lernen und lehren können. Wir sind bundesweit der einzige Ort, der diesen Freiraum für Erwachsene bietet. Viele von uns haben die SfE als Bildungsort gewählt, weil wir in staatlichen Schulen diskriminiert wurden und/oder uns nicht mit dem Schulsystem identifizieren konnten. Manche waren zu unangepasst, sahen zu verschieden aus, waren zu trans, oder generell zu queer für den Schulalltag. Wir konnten oder wollten dem Notendruck und der Ellbogenmentalität nicht standhalten. Die SfE ist der Ort in Berlin, an dem Schulabbrecher:innen ohne Hindernisse ihren MSA oder ihr Abitur nachholen können und dabei nicht nur den Lehrstoff lernen, sondern auch Teil einer radikaldemokratischen Selbstverwaltung sind. Unsere Schüler:innen und Lehrer:innen beteiligen sich gemeinsam an politischen Kämpfen, sei es für den Erhalt von Hausprojekten, Klimagerichtigkeit, sowie Kämpfe gegen Rassismus und jeglicher anderer Form von Unterdrückung. Der demokratische Austausch ist der Kern unseres Projekts. Jedes Mitglied hat eine gleiche Stimme, und so lernen wir, uns zu organisieren und für unsere Interessen einzutreten. In einer Zeit, in der der Kapitalismus die Welt mit vollem Tempo gegen die Wand fährt, ist dieses Denken und der daraus resultierende Aktivismus überlebensnotwendig. Doch Projekte wie unseres sind akut bedroht. Während Inflation und steigende Preise das Leben für viele immer schwerer machen, hält die Bundesregierung an ihrer Politik der Schwarzen Null fest und stellt Unsummen für Aufrüstung und nur ein Almosen für Bildung bereit. Die Sparpolitik des Senats ist direkte Folge dessen. Wir würden uns wünschen, dass der staatliche Schulsektor notenfrei, ohne Druck, emanzipatorisch, demokratisch und kritisch wäre, denn dann wären wir überflüssig. Doch solange staatliche Schulen Orte der Ausgrenzung statt der Inklusion, der Konkurrenz statt der Solidarität und der Verwaltung von oben statt der Demokratie von unten sind, braucht es unser Projekt, und wir werden es verteidigen. Aufgrund der finanziellen Benachteiligung freier Schulen, gegenüber staatlichen Schulen, werden wir vor die Wahl gestellt, ob unsere Angestellten für minimale Löhne arbeiten oder das Schulgeld erhöht wird. Unsere Antwort darauf lautet: Wir wollen keine von beiden Optionen. Wir fordern das Geld, das unserer Schule zusteht, um unseren Bildungsauftrag zu erfüllen und eine schulgeldfreie Schule zu ermöglichen. Diese Demonstration ist ein Anfang, wir werden weiterkämpfen bis kostenlose Bildung in Freiheit gesichert ist. Vielen Dank, dass ihr hier seid, lasst uns gemeinsam für eine gerechtere Bildung und eine gerechtere Welt kämpfen.“

Bei allen starken Worten muss allerdings gesagt sein, dass es kein Interesse vom Staat, dem Senat oder irgendeinem zuständigen Ministerium gibt, dass Bildung oder eben generell Soziales gut funktioniert.

Die Schule soll als Vorbereitung für das spätere Arbeitsleben dienen, tut dies aber nicht praktisch, indem es Kindern beibringt Dinge zu reparieren, Steuererklärungen zu schreiben oder Arbeitsrecht zu unterrichten, mit wissenschaftlich bewiesenen besseren Lernmethoden wie: kurzen Lehrtagen (4 bis 5 Stunden), keinen Hausaufgaben, keinen bis kaum Noten, selbstständigen Wissensaneignungsmöglichkeiten etc., wonach einer jeden Person jede Form von Unterdrückung befremdlich vorkommen würde, sondern versucht dich durch lange Schultage, möglichst viele Hausaufgaben (meist komplett ohne Mehrwert), unangekündigte Tests, objektive Noten, sowie vielen weiteren Sachen, wie Fehlen bis aktivem Weglassen von Hilfeleistungen, zu isolieren, demoralisieren, abzustumpfen… sprich Kinder regelrecht abzufertigen damit diese keine andere Wahl haben als Lohnsklaverei bis zum Ende ihres Lebens zu akzeptieren. Es ist unabdingbar zu verstehen, dass eine Bildungsreform anzustreben nichts bringen kann, da das bestehende Bildungssystem notwendig ist, damit immer mehr Menschen immer mehr ausgebeutet werden können. Die Überwindung des Kapitalismus kann somit nur die einzige Strategie sein und dies kann nur erreicht werden, wenn alle Bereiche zusammen kämpfen, weswegen der Kampf für „faire Bezahlung für Freie Schulen“ mit den Streiks der Lehrer:innen im Herbst für TV-L verbunden werden muss.

Mehr zum Thema