Kolleg*innen von CFM und Vivantes zeigen dem Berliner Senat ihre Unzufriedenheit
Gestern Abend konfrontierten Beschäftigte der Charité Facility Management GmbH (CFM), Vivantes und der Vivantes Service GmbH (VSG) gemeinsam mit Unterstützer*innen die Berliner Regierungsspitzen mit ihrer Unzufriedenheit nach 100 Tagen rot-rot-grünem Senat.

„TvöD für alle!“, „Stoppt die Tarifflucht bei Vivantes!“, „10 Jahre CFM – Tarifflucht in der Verantwortung des Senats“: Mit großen Bannern empfingen Kolleg*innen von CFM, Vivantes und VSG gestern Abend den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Linkspartei-Landesvorsitzenden Klaus Lederer vor dem Kino Zoo Palast in Berlin-Charlottenburg. Anlass war eine Podiumsdiskussion der Morgenpost zum Thema „Wird Berlin gut regiert?“. Gemeinsam mit Unterstützer*innen aus dem Botanischen Garten, der gewerkschaftlichen Basisgruppe ver.di aktiv bei der BVG und Klasse Gegen Klasse konfrontierten sie die Spitzen des Berliner Senats mit ihrer eigenen Bilanz der ersten 100 Tage Rot-Rot-Grün.
Denn außer Worthülsen ist bei den Versprechungen des Koalitionsvertrages, die die prekäre Beschäftigung im Verantwortungsbereich des Landes Berlin betreffen, bisher kein ernstzunehmender Erfüllungswille erkennbar.
Die Geschäftsführungen der kommunalen Firmen Vivantes und Vivantes Service GmbH bestehen weiterhin auf einem eigenständigen Tarifvertrag in der Tochterfirma VSG, in dem keine Rede von Angleichung an den TVöD und schon gar nicht von Insourcing die Rede sein darf. Im Gegenteil, die Mitarbeiter*innen der VSG sollen gezwungen werden, ihren Lohnverzicht auf lange Sicht festzuschreiben.
Innerhalb der ersten 100 Tage Rot-Rot-Grünem Senat haben die Geschäftsführungen den Druck auf die kämpfenden Beschäftigten extrem und aggressiv verschärft. Innerhalb dieser Zeit wurde versucht, mittels Hausverbot und einstweiligen Verfügungen die Streikenden massiv an der Wahrnehmung ihres Rechts zu behindern – eine Entwicklung, die es vor dem Koalitionsvertrag nicht in diesem Ausmaß gab.
Bei der Schwesterfirma CFM und deren Mutterkonzern Charité ist bis heute noch nicht einmal ein ernstzunehmendes Angebot vorgelegt worden. Stattdessen eiert man dort um das goldene Kalb eines Rückkaufs in öffentliche Hand herum, um auch dort ein weiteres ausgegliedertes 100-prozentiges Tochterunternehmen im kommunalen Verantwortungsbereich mit miesen Gehältern zu etablieren.
Das Festhalten an Outsourcing und den Abschluss von minderwertigen Tarifverträgen in kommunalen Unternehmen können wir aber im vorliegenden Koalitionsvertrag nicht finden.
Angesprochen auf diesen Widerspruch flüchtete sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der Charité ist, in zukünftige Versprechen, die wir alle schon längst kennen: Der CFM-Vertrag läuft bald aus, und dann wird die CFM zu 100 Prozent in die Charité eingegliedert. Nur, ob sie denselben Tarifvertrag bekommen, wollte Müller nicht versprechen: „Die CFM-Mitarbeiter kommen in die Charité, und dann auch mit entsprechendem Tarifrecht, das aber verhandelt werden muss.“ Im Klartext: Der Senat hat nichts dagegen, wenn die CFM zwar wieder 100 Prozent im Landesbesitz ist, die Beschäftigten dann aber immer noch nicht denselben Lohn bekommen wie die Charité-Kolleg*innen.
Und auch Klaus Lederer, Linkspartei-Landesvorsitzender, bekleckerte sich gestern Abend nicht mit Ruhm: Im Gegensatz zu Müller sprach er zwar vor der Veranstaltung ausführlich mit den Protestierenden und versicherte ihnen, dass er ihre Situation der Prekarisierung und Tarifflucht verändern möchte, aber gegen Ausgliederung an sich wollte er sich nicht stellen, „solange es keine Kernbereiche betrifft“.
Nein, Genosse Lederer, das ist uns zu wenig. Nach hundert Tagen Amtszeit läuft die Kiste verkehrt herum. Wann kümmert ihr euch endlich um die Einhaltung eurer Versprechen?
Die Bürger*innen Berlins haben das gute Recht, in Krankenhäusern dieser Stadt an 24 Stunden und 365 Tagen rund um die Uhr versorgt zu werden. Die Mitarbeiter*innen haben das Recht, in allen Bereichen vollzeitbeschäftigt zu werden und davon ein lebensfähiges Einkommen beziehen und würdevoll leben können, ohne mit Hartz IV aufstocken zu müssen. Nach Erreichen des Renteneintrittsalters sollen sie gut von ihren erarbeiteten Renten leben können. Dass nicht einmal diese Mindeststandards eingehalten werden können, wollen wir nicht länger hinnehmen.
Wir jedenfalls – Beschäftigte der prekarisierten Landesunternehmen, kämpferische Kolleg*innen und Unterstützer*innen – haben keine Lust mehr zu warten. Wir werden uns von jetzt an häufiger sehen. Das ist ein Versprechen, das wir nicht brechen werden.
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