Kampftag der Arbeiterinnen

06.03.2011, Lesezeit 6 Min.
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// Warum der Frauentag am 8. März nach 100 Jahren immer noch aktuell ist //

Die Gleichberechtigung der Frau? Ist das nicht schon längst umgesetzt? Immerhin gibt es nicht wenige Frauen in Führungspositionen in Politik (Merkel in Deutschland, Clinton in den USA, Kirchner in Argentinien) und Wirtschaft (hin und wieder weibliche CEOs). Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache, eine Sprache von Hausarbeit, schlechteren Löhnen und Jobunsicherheit.

Der Kapitalismus

Diese vielfältige, bis heute anhaltende Unterdrückung der Frau ist nicht einfach das Produkt von veralteten Einstellungen von Männern oder von Frauen. Vielmehr resultiert sie aus der kapitalistischen Klassengesellschaft. Frauenunterdrückung gab es zwar schon vor dem Kapitalismus, aber der Kapitalismus hat diese (und auch andere) Unterdrückungsformen integriert und kann nicht darauf verzichten.

Zum Einen bedeuten die geringeren Löhne von Frauen, dass die KäuferInnen ihrer Arbeitskraft (also die KapitalistInnen) weniger bezahlen müssen. Diese Spaltung in den Reihen der ArbeiterInnenklasse verschärft die Konkurrenz und drückt letztendlich die Löhne von Allen.

Zum Anderen muss der Kapitalismus für eine stete Heran- und Ausbildung neuer Arbeitskräfte und damit auch für die Kinderbetreuung sorgen. Es ist für das Kapital schlicht billiger, wenn ein Großteil dieser Arbeit unentgeltlich von Frauen gemacht wird.

Um die Frauenunterdrückung zu beenden, reichen weder gesetzliche Reformen noch antisexistische Aufklärung aus. In erster Linie muss die Hausarbeit vergesellschaftet und die bürgerliche Familie aufgehoben werden. Das bedeutet natürlich nicht, dass es Menschen verboten sein sollte, in kleinen Gruppen mit Verwandten zu leben – aber sehr wohl, dass die heute persönlichen Aufgaben von Kinderbetreuung, Essenszubereitung usw. (die heute hauptsächlich von Frauen erledigt werden) zu gesellschaftlichen Aufgaben gemacht werden müssen, mit kostenloser Kinderbetreuung rund um die Uhr, ausreichendem Angebot gemeinschaftlicher Küche usw.

Der Feminismus

Die seit etwa 30 Jahren anhaltende Offensive der herrschenden Klasse gegen die Rechte der ArbeiterInnen auf weltweiter Ebene hat die Situation der arbeitenden Frauen drastisch verschlechtert. Der Abbau von staatlichen Sozialleistungen zwingt Frauen dazu, diese Aufgaben „privat“ zu übernehmen, und die Ausweitung weiblicher Lohnarbeit findet vorrangig im Niedriglohnsektor statt.

Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern gehen etwas zurück, aber machen nur die Unterschiede zwischen den Klassen deutlicher. Aufgrund ihrergesellschaftlichen Stellung können sich einige wenige Frauen von der Unterdrückung quasi freikaufen, in dem sie ihre „Frauenarbeit“ von Lohnarbeiterinnen erledigen lassen.

Die feministische Bewegung der 70er und 80er hat in weiten Bereichen die rechtliche Gleichheit durchgesetzt. Damit konnten einige Akademikerinnen, Politikerinnen und Kapitalistinnen in führende Positionen aufsteigen. Doch diese gesetzliche Gleichheit ist so viel Wert wie die Rechtsgleichheit von Besitzenden und Nicht-Besitzenden: ein Obdachloser hat das gleiche Recht wie ein Milliardär, sich einen Palast zu kaufen, und beiden ist es gleichermaßen verboten, unter einer Brücke zu schlafen. Aber was heißt das schon?

Deswegen ist ein Feminismus, der sich auf diese rechtliche Gleichheit und die Dekonstruktion von sexistischen Vorurteilen beschränkt, nicht in der Lage, die Probleme der Mehrheit der Frauen weltweit zu lösen. Schlussendlich kann nur die Überwindung des Kapitalismus diese Unterdrückungsform beenden.

Der Stalinismus

Es gibt keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus. Jedoch war und ist der „real existierende Sozialismus“, wie er in der DDR oder der UdSSR existierte und noch auf Kuba existiert, unserer Meinung nach kein Sozialismus. Zwar wurde mit der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln eine wichtige Grundlage für die Überwindung des Kapitalismus geschaffen, doch die Herrschaft einer abgehobenen Bürokratie verhinderte die Selbstorganisation der Arbeitenden und das Absterben des Staates. Die Folge davon war bürokratische Misswirtschaft, die zu Krisen (und in den allermeisten Fällen zu kompletten Zusammenbrüchen) führte.

Aus diesem Grund waren die Errungenschaften der Frauen in den stalinistischen Staaten sehr widersprüchlich. Einerseits bekamen sie Zugang zu Bildung und Kinderbetreuung, die weit über die kapitalistischen Standards hinausgingen. Andererseits machten die stalinistische Parteien einen Kult aus der bürgerlichen Familie („Die Familie ist die kleinste Zelle“ der sozialistischen Gesellschaft, hieß es zum Beispiel in der DDR), womit die Frauen weiterhin eine erhebliche Doppelbelastung schultern mussten. Die StalistInnen schränkten auch das Abtreibungsrecht ein – im Kontrast dazu hatte die noch revolutionäre Sowjetunion als erstes Land überhaupt das Abtreibungsrecht eingeführt. Und schon Marx und Engels forderten „die Aufhebung der Familie“ zugunsten des freien Zusammenlebens der Menschen.

Die Perspektiven

MarxistInnen kämpfen gegen jede Unterdrückung der Frau: Wir fordern nicht nur gleiche Rechte sondern auch gleiche Arbeitsverhältnisse, wir fordern kostenlose Verhütungsmittel und uneingeschränktes Recht auf Abtreibung usw. Doch wir kämpfen vor allem für die Überwindung des Kapitalismus, um die Grundlage der Frauenunterdrückung aufzuheben.

Für uns als MarxistInnen ist die Unterdrückung der Frau aber kein bloßer „Nebenwiderspruch“, der durch die sozialistische Revolution automatisch aufgelöst wird. Vielmehr muss der Kampf gegen Frauenunterdrückung ein zentrales Element des Kampfes gegen den Kapitalismus sein. Männliche Arbeiter mögen einen kleinen Vorteil davon haben, dass sie von der größten Last der Hausarbeit „befreit“ sind. Aber letztendlich dient dieser „Vorteil“ nur der Spaltung ihrer Klasse und damit ihrer eigenen Unterdrückung.

Wir treten für den Aufbau einer revolutionären Partei ein, die die Kämpfe gegen jede Unterdrückungsform in einer internationalen Strategie gegen die Kapitalherrschaft zusammenführt. Wir lehnen die Vorstellung ab, dass „die Frauen“ gegen „die Männer“ zu kämpfen hätten – denn sie verwischt die unversöhnlichen Klassengegensätze innerhalb der Geschlechter.

Dennoch ist klar, dass in der ArbeiterInnenbewegung und selbst in der revolutionären Linken der gesellschaftliche Sexismus reproduziert wird. So sind viele Gewerkschaften und linke Gruppen sehr „männliche“ Organisationen. Von daher unterstützen wir das Recht von Frauen auf eigene Strukturen innerhalb der Bewegung – wie sie Frauen in der sozialistischen und der kommunistischen Bewegung vor etwa hundert Jahren bereits erkämpften.

Denn in den großen Revolutionen der Vergangenheit (z.B. der russische Revolution von 1917) und der Gegenwart (z.B. die revolutionären Prozesse in den arabischen Ländern heute) haben Frauen immer wieder eine zentrale Rolle gespielt. Unser Ziel ist es, dass arbeitende Frauen Seite an Seite mit arbeitenden Männern an vorderster Front im Kampf gegen den Kapitalismus stehen.

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