Jutebeutel, tumblr-Blogs und defend europe – was ist die Identitäre Bewegung?

Seit 2012 existiert die Identitäre Bewegung (IB). Die ursprünglich aus Frankreich stammende Gruppe, die unter den Schlagworten Freiheit, Heimat und Tradition rassistische Propaganda verbreitet, zeichnet sich vor allem durch ihr professionelles Auftreten in Videos und auf der Straße, sowie durch provokante Aktionen wie den Banner-Drop am Brandenburger Tor aus. Seit 2015 treten sie auch in Deutschland vermehrt in Erscheinung, wohingegen sie in Österreich schon länger ein bekanntes Phänomen sind. In Deutschland gibt es inzwischen 17 Ortsgruppen, die unterschiedlich aktiv sind. In Berlin schätzt man die IB auf einen Kreis von etwa 40 Menschen, von denen 15 aktiv sind.
„Nicht rechts, nicht links – Identitär!“
Wie bei allen Organisationen der sogenannten „Neuen Rechten“, basiert die Politik der IB auf einem ausgeprägten antimuslimischen Rassismus und Antifeminismus.
Aussagen wie „nicht rechts, nicht links – Identitär!“ sollen eine klare Abgrenzung zu der Zeit des Nationalsozialismus und somit zu fest etablierten (Neo-)Nazistrukturen darstellen. Die Mitglieder der IB haben aber viele personelle, sowie inhaltliche Überschneidungen mit den Jungen Nationalen (Jugendorganisation der NPD), der Jungen Alternative (Jugendorganisation der AfD) und verschiedenen Burschenschaften. Sie lassen sich keiner Partei klar zuordnen und obwohl die AfD eine Unvereinbarkeitserklärung herausgab, gibt es neben den personellen Überschneidungen und auch gemeinsame Feste.
Ideologisch beruft sich die IB auf Henning Eichenbergs Konzept des „Ethnopluralismus“, was etwa so viel bedeutet wie: es gibt verschiedene Kulturen, und die sollen sich bitte nicht vermischen. Sie sprechen vom „großen Austausch“, bei dem „die da oben“ die Bevölkerung Deutschlands austauschen und durch Migrant*innen ersetzen will.
#identitariangirls
In den Werbevideos sind die Jungs im Wald bei Wehrsportübungen zu sehen, während Mädchen mit geflochtenen Zöpfen in Kornfeldern sitzen oder übers Kochen bloggen.
Nach Selbsteinschätzung hat die IB einen Frauenanteil von etwa 20%. Obwohl diese meist als brave, liebe, und süße Begehrensobjekte auftreten, gehören Frauen wie Paula Winterfeldt und Alina Wychera zu wichtigen Mitgliedern der IB. Unter dem Hashtag #identitariangirls findet man gute Einblicke in die Bildsprache und das Frauenbild dieser Reaktionäre. Ihr Antifeminismus schürt sich aus dem Glauben, dass der Feminismus der 60er Jahre „die deutschen Männer“ verweichlicht hätte und sie nun nicht mehr in der Lage sind „die deutschen Frauen“ vor „den Ausländern“ zu beschützen. Frauenrechte gibt es in der Politik der IB nur, wenn sie rassistische Propaganda daraus machen können oder bei der Glorifizierung der Mutterschaft, wenn Frauen es als Teil ihrer Emanzipation begreifen, dass sie ja gerne in hetero monogamen Beziehungen sind und gerne kochen und putzen. Doch die Identitären Frauen betreiben auch Selbstverteidigung und treten kämpferisch auf. Da das eigentlich dem Frauenbild der Reaktionäre widerspricht, rechtfertigen sie es mit Bezügen auf Sparta und die Wikinger, wo Frauen in Angriffssituationen ihre Männer auf dem Schlachtfeld begleitet haben. Marine Le Pen beruft sich aus einer ähnlichen Logik heraus deshalb so gerne auf Jeanne D’Arc, die Frau, die für Frankreich in den Kampf zog.
Alter was geht?! Keine Identitäre Demo in Berlin
Diesen Samstag ruft die IB zur Demonstration „Zukunft Europa“ in Berlin auf: „Die Identitäre Bewegung verteidigt die Grundsätze und Selbstverständlichkeiten, die ein friedliches und sicheres Zusammenleben überhaupt erst ermöglichen: die Liebe zu unserer Heimat, das Bewusstsein für unsere eigene Identität und Herkunft und den Erhalt unserer Kultur.“
Im Sommer 2016 gab es auf einer IB-Demo in Berlin, an der etwa 130 Nazis teilnahmen, Ausschreitungen, als einzelne Identitäre mit Fahnenstangen auf linke Aktivist*innen einprügelten – die Polizei bewies auch hier wieder einmal, auf wessen Seite sie steht, als sie die fliehenden Gegendemonstrat*innen kesselte, zu Boden prügelte und mit Gewalt festhielt.
Am Samstag sind auf der Demo der IB nur ihre eigenen Fahnen und Banner erlaubt, außerdem wird um „gepflegtes Erscheinungsbild gebeten“. Letztes Jahr nahmen an der internationalen IB Demo in Wien etwa 800-1.000 Menschen Teil.
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