Interview: Streik bei der CFM

22.09.2011, Lesezeit 4 Min.
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Beschäftigte der Charité Facility Management GmbH (CFM) in Berlin sind seit 11 Tagen im Ausstand. Ein Interview mit László Hubert, Arbeiter in der Küche am Campus Benjamin Franklin des Universitätsklinikums Berlin. Er ist erst seit wenigen Wochen gewerkschaftlich organisiert, aber gehört der Streikleitung an.

Der CFM-Streik läuft nun seit 11 Tagen. Wie ist die Stimmung?

Die Stimmung ist unterschiedlich an den drei Standorten. Am Campus Mitte ist der Organisationsgrad deutlich höher, und dort streiken auch mehr KollegInnen. Diese Woche befindet sich das Streiklokal am Virchow-Klinikum in Wedding, und hier steigt die Beteiligung auch allmählich. Den GewerkschaftssekretärInnen zufolge haben wir schon eine Beteiligung zwischen 20 und 30 Prozent.

Heute habe ich einige neue Gesichter gesehen. Aber dieser Arbeitskampf ist alles andere als einfach. Von den rund 2.500 KollegInnen stehen etwa 800 noch unter dem Tarifvertrag der Charité, weil sie schon dort gearbeitet haben, bevor die CFM 2006 ausgegliedert wurde. Viele andere haben nur befristete Verträge und entsprechend Angst. Wir müssen uns wirklich durchbeißen, und das könnte länger dauern. Denn unser „Arbeitgeber“ – früher hieß das wohl „Sozialpartner“ – zeigt sich genauso kampfbereit wie wir.

Woran wird das bei der Geschäftsführung deutlich?

Etwa mit der Anstellung von rund 20 betriebsfremden Sicherheitskräften, die – so sieht es für uns aufs – darauf abzielen, uns einzuschüchtern. In den ersten Tagen sind diese großen Typen ganz in Schwarz rumgelaufen, und optisch erinnern sie an die Türsteherszene oder einen Motorradclub.

Am Freitag vor zwei Wochen, also an meinem letzten Arbeitstag vor dem Streik, bekamen wir in der Küche die Ankündigung einer Lohnerhöhung von 7,80 auf 8,10 Euro die Stunde, sogar rückwirkend von Juli. Laut dem Vorgesetzten meines Vorgesetzten hatte das überhaupt nichts mit dem Streik zu tun. Das zeigt auf jeden Fall, dass das Unternehmen über eine volle Streikkasse verfügt.

Sie sind der einzige Beschäftigte aus der Küche in Steglitz, der sich bis jetzt am Arbeitskampf beteiligt. Woran liegt das?

Ich arbeite erst seit April hier, und bereits im Mai war der große Streik an der Charité. Damals habe ich es nicht gewagt, mitzumachen. Ich bin, wie viele andere, an den Streikposten vorbeigeschlichen. Dafür habe ich mich auch geschämt. Nach einem halben Jahr schwerer und auch anstrengender Arbeit bin ich nun der Meinung, dass dieser Arbeitskampf gerechtfertigt ist. Wir brauchen bessere Löhne und vor allem einen Tarifvertrag, um mit dem Unternehmen verhandeln zu können – ohne Einzelverhandlungen und ohne Betriebsvereinbarungen.

Was haben Sie als neues Gewerkschaftsmitglied in den letzten Tagen erfahren?

Wie auf einem Pappschild steht: „Streiken lohnt sich!“ Und das nicht nur finanziell, sondern auch emotional: Denn jetzt wagt das Selbstverständliche, sich auszusprechen – gegenüber den Kollegen und auch dem Chef. Es kann nicht sein, dass wir im größten Krankenhaus Europas ohne Tarifvertrag arbeiten.

Jeden Morgen stehe ich Streikposten und versuche, KollegInnen zu überzeugen. Am Anfang sah ich Gleichgültigkeit, bei den Bewussteren vielleicht eher Hoffnungslosigkeit. Aber jetzt schlägt das in so etwas wie Aggressivität um. Viele trauen sich nicht, am Streik teilzunehmen – was auch daran liegt, daß die Küche ein hermetisch abgeschlossener Raum ist, wo man nicht mit anderen KollegInnen oder dem Publikum zu tun hat. Aber immerhin wird in den Pausen darüber gesprochen.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir streiken, bis wir einen Tarifvertrag bekommen. Aber wir müssen noch weitere Forderungen reinbringen, zum Beispiel die, dass alle Bereiche wieder in die Charité eingegliedert und damit zu 100prozentigem Landeseigentum werden. Durch die privaten Unternehmen wie Dussmann wirst du ausgepresst wie eine Zitrone.

Wie sieht der Streikalltag aus?

In Steglitz bauen wir jeden Morgen um fünf oder halb sechs einen Streikposten auf, zusammen mit Gewerkschaftern und solidarischen Studierenden. Mit der Zeit sind wir auch ein bisschen besser geworden: Jetzt gibt es Musik, Saft und Kekse, und damit kommen wir mit Beschäftigten und Patienten ins Gespräch. Wir haben auch Unterschriften sowie Spenden für den Streikfonds gesammelt und haben den Eindruck, dass die meisten mit unserem Kampf sympathisieren.

Am Mittwoch verteilten wir auch Flyer für ein „Streik-Diät“, damit die Leute Essen von zu Hause mitbringen und nicht zur Cafeteria gehen.

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