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Interview mit einer kubanischen Gastgeberin

18.04.2017, Lesezeit 6 Min.
Gastbeitrag

Unsere Gastautorin war im Februar für drei Wochen auf Kuba. Sie hat in Privatpensionen, also meistens direkt bei Leuten Zuhause gewohnt. Mit einer Gastgeberin hat sie in Havanna ein längeres Gespräch geführt.

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Kann man von einem normalen staatlichen Gehalt leben?

Kaum, es beträgt ca. 30 CUC, also ungefähr 30 Euro. Aber außer Essen muss man inzwischen vieles in Devisenwährung (CUC) kaufen, so zum Beispiel Kleidung. Kostet aber eine Hose schon 10 CUC, ist das Gehalt fast weg. Auch Häuserfarbe und viel Baumaterial muss in CUC gekauft werden, weil man das mit der einheimischen Währung nicht mehr bekommt. Als wir unser Haus renoviert haben, habe ich mir zwei Jahre lang nichts zum Anziehen kaufen können.

Gibt es denn zusätzlich andere staatliche Hilfen?

Ja, es gibt Soziale Treffpunkte, wo man etwas zu essen bekommen kann. Und es gibt die Libreta, eine Karte, auf der Lebensmittel stehen, die wir uns umsonst holen können. Die bekommen alle Kubaner*innen als eine Art Grundversorgung. Aber erstens ist es immer das Essen mit etwas schlechterer Qualität, was man dafür bekommen kann, und zweitens reicht das nicht einmal ansatzweise für einen Monat. Leider, denn früher hat das alles gut funktioniert, aber seit es die anderen sozialistischen Mächte nicht mehr gibt, ist es schwierig geworden. Früher hatten wir eine sehr volle Libreta und haben viele Lebensmittel bekommen. Es gab zusätzlich auch noch eine für Kleidung. Aber heute geht das nicht mehr.

Wie nimmt der Staat Geld ein?

Zum einen natürlich durch die ganzen Geschäfte und Restaurants und Hotels, die fast alle staatlich sind, und durch Industrie und Landwirtschaft. Zum anderen im Privatsektor: Ich muss vieles von dem Geld, was ich hier für eure Übernachtung bekomme, an den Staat geben, und Taxifahrer*innen zahlen unglaublich viel für ihre Lizenz.

Wie ist das Gesundheitssystem?

Es ist super! Unsere Ärzt*innen erhalten eine tolle Ausbildung. Außerdem ist alles umsonst. Ich kann einfach ins Krankenhaus gehen und mich behandeln lassen. Ich muss mir keine Sorgen darüber machen, ob ich das bezahlen kann. Egal was ist, man bekommt Hilfe.

Und wie ist das mit den Schulen? Sind die umsonst?

Ja, Schulen sind umsonst, die Schulkleidung wird für ganz wenig Geld erworben. Und auch studieren ist umsonst. Man muss zwar gut sein, um für die Uni zugelassen zu werden, aber es darf jeder studieren, was er will. Vor der Uni gibt es eine Aufnahmeprüfung, und da muss man sein Wissen in Geschichte, Mathe und Englisch zeigen. Wir hatten in der Schule noch russisch, deshalb können wenige ältere Leute Englisch, aber dafür gibt es ja das Bildungsfernsehen. Ich übe auch schon ganz viel! Und nach dem Studium bekommen eigentlich alle einen Job damit. Auf jeden Fall Ärzt*innen und Lehrer*innen. Aber die bekommen wenig Geld – nur das staatliche Gehalt.

Wer bekommt mehr?

Die Taxifahrer*innen oder die Stadtführer*innen. Sie kriegen viel Trinkgeld von den Tourist*innen. Das ist ein Problem, weil die jungen Leute jetzt alle nicht mehr richtig arbeiten wollen, sondern lieber ein bisschen was mit Tourist*innen machen wollen, denn so kommt man schneller an viel Geld.

Wie sind die Leute organisiert? Gibt es einen Jugendverband?

Ja, es gibt die Unión de Jovenes Communistas. Die treffen sich ab und zu, planen Aktivitäten, diskutieren, gehen zusammen wandern. Ich gehörte selbst früher dazu. Aber man muss da nicht beitreten. Die Erwachsenen können dann in der Partei Mitglied werden, müssen sie aber nicht – viele sind es auch nicht. Aber es gibt das „Komitee zur Verteidigung der Revolution“, das gibt es in jedem Wohnblock. Da werden dann Straßenfeste organisiert und Probleme besprochen, zum Beispiel wenn es in einer Straße kein fließendes oder sauberes Wasser gibt, wird das dort besprochen. Ein*e Delegierte*r trägt das dann in den nächsten Ausschuss und dort wird es wieder besprochen und so weiter. So können wir uns direkt in die Politik einschalten und das Problem wird gelöst.

Ab wann gibt es Rente?

Mit 60. Aber es ist nicht viel. Aber alte Menschen können in soziale Einrichtungen gehen und sich Essen holen.

Wie ist das mit Religion? Ist die erlaubt?

Ja klar! Schon länger. Ich glaube auch an Gott, aber die meisten Leute auf Kuba sind Zeugen Jehovas, die stehen oft auf Plätzen und sprechen Leute an. Früher war Religion nicht erlaubt, also bis zu den 80ern war das schwierig, aber jetzt nicht mehr.

Dürfen Menschen, die nicht heterosexuell sind, ihre Liebe frei ausleben?

Ja, also seit den 70ern oder so. Es gibt nicht so wirklich Schwulenhass, aber die kirchlichen Leute finden das immer noch nicht so gut, weil sie meinen, so sei das in der Bibel nicht vorgeschrieben.

Sind Männer und Frauen gleichberechtigt?

Ja klar, Frauen und Männer verdienen gleich, und sie dürfen alle Sachen gleich machen.

Dürft ihr frei reisen? Überall hin?

Ja, seit einiger Zeit, aber wir haben gar nicht das Geld dazu.

Ist Internet gut verfügbar?

Naja, auf den großen Plätzen schon, aber Zuhause wäre es viel zu teuer, aber die meisten haben inzwischen illegale Antennen.

Was für Tage werden gefeiert?

Mmh, der Frauenkampftag natürlich, und der Valentinstag, und dann der Vatertag. Und natürlich der 26.Juli, der Nationalfeiertag der Revolution. Da haben wir vom 25. bis zum 27. Juli frei, da wird nicht gearbeitet. Und dann auch der 28. September, der Jahrestag der Gründung der „Komitees zur Verteidigung der Revolution“.

Hast du Angst vor den USA? Mögen die Leute die USA? Einige Leute tragen ja sogar US-Flaggen als Aufdrucke auf der Kleidung.

Nein, ich hab keine Angst. Naja, viele von uns haben ja Familie in Miami, dadurch kennen wir das langsam, und der Hass ist nicht mehr so da. Aber seit einem Jahr hat sich das auch stark geändert. US-Flaggen wurden vorher eher nicht getragen, aber jetzt schon.

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