Heute streiken die Beschäftigten im Berliner Technikmuseum

07.07.2016, Lesezeit 3 Min.
1

Für die gleiche Arbeit erhält ein Teil der Museumsmitarbeiter*innen 30 Prozent weniger Stundenlohn als der andere. Ab diesem Donnerstag gibt es daher Warnstreiks.

Lokomotiven, Modellschiffe, Windmühlen – das sind nur einige der Ausstellungsstücke im Deutschen Technikmuseum Berlin. Die Sammlung kann einen schnell überfordern. Deswegen arbeiten Menschen wie Salim Bellachia als Besucherbetreuer*innen. Der 36-Jährige ist seit knapp zehn Jahren im Museum beschäftigt. Sein Stundenlohn beträgt 9,62 Euro. Doch manche seiner Kolleg*innen verdienen für die gleiche Tätigkeit fast 13 Euro. Wie kann das sein?

Es gibt nur ein Museum, aber zwei Belegschaften. Rund 170 Menschen sind bei einer Stiftung angestellt, die dem Land Berlin gehört – für sie gilt der Tarifvertrag der Länder (TV-L). Genauso viele arbeiten für die Technik und Museum Marketing GmbH (T&MM), eine 100-prozentige Tochterfirma der Stiftung. „Wir arbeiten alle im Technikmuseum,“ so Bellachia. „Aber die Hälfte verdient nur knapp einen Euro mehr als den Mindestlohn, während die andere Hälfte nach Tarif bezahlt wird.“ Der Direktor des Museums, Dirk Böndel, ist in Personalunion auch Geschäftsführer der T&MM – beide Belegschaften haben also auch den gleichen Chef.

Diese Ungleichbehandlung wollen die Beschäftigten nicht mehr hinnehmen. Bereits seit Jahren organisiert sich die Belegschaft in der Gewerkschaft ver.di. Bellachia ist nicht nur Besucherbetreuer, sondern auch Vorsitzender des Betriebsrats bei T&MM. An diesem Donnerstag beginnt nun der erste Warnstreik. „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ ist die Forderung – die Beschäftigten wollen eine Angleichung an den TV-L. In den bisherigen Tarifverhandlungen hat die Stiftung nur eine Lohnerhöhung von 38 Cent plus Einmalzahlungen angeboten. Sie verweist darauf, dass der Senat über die Mittel entscheide. Auf Anfrage wollte das Museum keinen Kommentar abgeben, mit Verweis auf die laufenden Tarifverhandlungen.

Ab diesem Donnerstag seien „Schließungen des Museums nicht ausgeschlossen“, so ver.di in einer Mitteilung. Nach dem ersten Warnstreik werden die folgenden, weiteren Arbeitsniederlegungen nicht vorher angekündigt, um den Druck möglichst hoch zu halten.

In den vergangenen Monaten haben Beschäftigte verschiedener Landesunternehmen gestreikt: in den Klinikkonzernen Charité und Vivantes, im Botanischen Garten und an den Schulen. Die Niedriglöhner*innen bei Tochterfirmen verlangen Gleichbehandlung und die Rückkehr in die Tarifverträge – von einem „Aufstand der Töchter“ ist die Rede.

Inzwischen hat die zusammen mit der CDU regierende SPD die Forderung in ihr Wahlprogramm aufgenommen, Tarifflucht durch Ausgründungen zu beenden. Auch der sozialdemokratische Regierende Bürgermeister Michael Müller nennt inzwischen das groß angelegte Outsourcing bei der öffentlichen Hand eine „Fehlentscheidung“.  Am 1. Mai standen Beschäftigte des Technikmuseums direkt hinter Müller während seiner Rede. Einen Monat später protestierten die Arbeiter*innen vor dem Landesparteitag der Sozialdemokratie.

Doch bisher ist außer Versprechen nichts gekommen. Im Technikmuseum, genauso wie in anderen Landesunternehmen, ist mit vielen Streiks in den nächsten Monaten zu rechnen.

dieser Artikel im neuen Deutschland

Mehr zum Thema