Hafen-Streiks: 24 Stunden im Kampf gegen die Inflation

24.06.2022, Lesezeit 3 Min.
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Am Donnerstag legten tausende Beschäftigte der großen deutschen Seehäfen die Arbeit nieder. Sie fordern 14 Prozent mehr Lohn. Nach den Streiks in der Stahlindustrie ist es die bisher wichtigste Antwort der Arbeiter:innenklasse in Deutschland auf die Folgen des Krieges.

Erstmals seit 40 Jahren sind die Beschäftigten der großen deutschen Häfen im Streik. Nach einem ersten Warnstreik vor zwei Wochen sind sie gestern in Hamburg, Emden, Bremerhaven, Bremen, Brake und Wilhelmshaven für 24 Stunden in den Ausstand getreten. Laut der Gewerkschaft ver.di liefen die Terminals nur im Notbetrieb. In Hamburg kamen bis zu 4.000 Streikende zu einer Demonstration zusammen. Die Polizei stoppte die Versammlung mehrmals wegen des Abbrennens von Pyrotechnik und Böllern.

Ver.di fordert eine Anhebung der Löhne um 1,20 Euro pro Stunde sowie eine jährliche Zulage von 1.200 Euro für Beschäftigte in Vollcontaineranlagen bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Damit solle ein „tatsächlicher Lohnausgleich“ hergestellt werden. Laut NDR entspricht dies einer Forderung von bis zu 14 Prozent mehr Lohn. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe will dagegen nur 7 bis 11 Prozent mehr bieten. Angesichts dessen, dass die Inflation offiziell bei 8 Prozent liegt und sich die Gaspreise bis Jahresende nochmals deutlich erhöhen könnten, ist die Forderung von ver.di notwendig, damit die Beschäftigten keine Abstriche auf dem Gehaltszettel machen müssen.

Finanzminister Christian Lindner will die Bevölkerung derweil auf „fünf Jahre Knappheit“ einstellen und Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht davon, dass „Gas nun ein knappes Gut“ sei. Sie drohen den Massen ganz unverhohlen mit einem Angriff auf ihre Lebensstandards. Nachdem die Stahlindustrie zuletzt einen Abschluss von 6,5 Prozent Lohnsteigerung erzielte, zeigen die Hafenarbeiter:innen mit ihrer Forderung, was notwendig ist, damit die Arbeiter:innenklasse in Deutschland die Inflation effektiv bekämpfen kann. Wie auch in Großbritannien, wo die Eisenbahner:innen nach mehreren Jahrzehnten Stillstand wieder streiken, greifen die Hafenbeschäftigten als strategischer Sektor in der Logistik erstmals seit 40 Jahren aktiv in den Klassenkampf ein. Es kann ein Auftakt sein für weitere Branchen – etwa die Metall- und Elektro-Industrie, die im September in Tarifverhandlungen tritt, oder die Krankenhausbewegung in Nordrhein-Westfalen, die für mehr Personal streikt, dabei aber die Frage der Inflation nicht angeht.

Die Hafenstreiks sind ein hoffnungsvolles Signal der Gegenwehr in einer Zeit, in der die Regierung den Massen immer neue Kosten aufdrückt, damit sie sich am Krieg in der Ukraine beteiligen kann. Die Gewerkschaften müssen die Forderung nach Inflationsausgleich in allen Bereichen aufstellen und die Kämpfe verbinden, um die Lohnerhöhungen durchzusetzen.

 

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