GEW Bayern: entlassene KollegInnen sofort wieder einstellen!

03.03.2017, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

In einem Aufruf fordert die GEW Bayern die sofortige Wiedereinstellung all ihrer Kolleg*innen in der Türkei, die in den letzten Monaten Opfer der Repression des Erdoğan-Regimes wurden.

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Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern hat einen Aufruf in Solidarität mit Kolleg*innen in der Türkei verfasst. Darin fordert sie die Wiedereinstellung aller Entlassenen an türkischen Hochschulen. Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärung.

„Die GEW Bayern fordert die sofortige Wiedereinstellung der in der Türkei entlassenen Kolleginnen und Kollegen ruft GewerkschafterInnen und AkademikerInnen an den Hochschulen dazu auf, den Aufruf zu unterzeichnen.

Am 7.2.2017 wurden in der Türkei erneut 4.464 Personen, darunter 330 AkademikerInnen aus den Universitäten, aus dem Staatsdienst entlassen. So setzt sich die Entlassungswelle in den Monaten des Ausnahmezustandes fort. Schon bisher sind seit dem Putschversuch im vergangenen Juli zehntausende LehrerInnen, ProfessorInnen und Lehrbeauftragte, JuristInnen und andere AkademikerInnen entlassen worden. Wie KollegInnen aus der Türkei berichten, basieren diese Entlassungen auf Verdacht und Intrigen. Es liege kein gerichtlicher Beschluss für die Entlassungen vor. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen und müssten selber beweisen, dass sie unschuldig sind; ob sie überhaupt bei den zuständigen Instanzen Gehör finden, sei ungewiss. Das widerspricht allen rechtsstaatlichen Prinzipien.

Die türkische Regierung will offenbar so vor dem Referendum über die Einführung eines präsidentiellen Systems kritische AkademikerInnen, GewerkschafterInnen – unter ihnen KollegInnen der LehrerInnen-Gewerkschaft Eğitim Sen – , sozialistische, kurdische und andere Oppositionelle unter Terror-Verdacht zum Schweigen bringen. Auch die 115 AkademikerInnen, die bei den vorherigen Entlassungen einen Friedensappell an den türkischen Staat unterzeichnet hatten, seien betroffen. Meinungsfreiheit an den Universitäten der Türkei existiere nicht mehr; geduldet wird offenbar nur, wer sich der zunehmend undemokratischen und repressiv-autoritären Politik der AKP-Regierung unterordnet.
Wenn die AkademikerInnen gegen die Entlassungen protestieren wollen, greife die Polizei, wie z.B. am 10.02.17 in Ankara, brutal ein. Hinzu kommt, dass keiner der Entlassenen zur Zeit die Türkei verlassen darf. Das ist eindeutig ein Verstoß gegen die Reisefreiheit.

Die GEW Bayern sieht durch die Entlassung Tausender Lehrkräfte das Grundrecht auf Bildung in der Türkei gefährdet. Auch ein regulärer Betrieb an den Hochschulen und die Freiheit der Wissenschaft und Lehre sind bedroht.

Die Erklärung der Bundesvorsitzenden der GEW vom September 2016 gilt so heute leider verstärkt: „Die türkische Regierung betreibt ihre Politik auf Kosten der Schülerinnen und Schüler. Zehntausende ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer vom Schuldienst zu suspendieren, hat negative Auswirkungen auf den Unterricht und die Qualität der Bildung in der Türkei.“
Inzwischen liegen Berichte vor, dass sich die Verfolgung Oppositioneller auch in Deutschland fortsetzt und auch in Schulen zu Unfrieden und Angst führt. Dies können wir keinesfalls akzeptieren. Wir fordern auch in Bayern die Schulpolitik zu Wachsamkeit auf, um Diskriminierung und Bedrohung entgegenzusteuern.

Die GEW Bayern spricht sich aufs Schärfste auch gegen alle Entlassungen und Inhaftierungen ohne rechtsstaatlich nachgewiesene Schuld aus. Wir fordern die türkische Regierung auf, diese gegen demokratisches Recht verstoßenden Vorgänge rückgängig zu machen und die Verfolgung der Opposition sowie die Repression der Gewerkschaftsmitglieder sofort einzustellen.
Auch die inhaftierten HDP-Abgeordneten und JournalistInnen müssen freigelassen und die freie Berichterstattung sämtlicher Medien muss sichergestellt werden.

Im Falle des begründeten Verdachts einer Straftat muss ein faires, rechtsstaatliches Verfahren unter internationaler Beobachtung unter Berücksichtigung international anerkannter Normen garantiert werden.

Wir rufen GewerkschafterInnen und AkademikerInnen an den Hochschulen dazu auf, diesen Aufruf zu unterzeichnen.“

Eine Liste der Erstunterzeichner*innen ist auf der Homepage der GEW zu finden.

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