Gegen prekäre Arbeitsbedingungen!

25.04.2013, Lesezeit 4 Min.
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Täglich begegnen wir ihnen: Menschen, die für Hungerlöhne arbeiten müssen und unsichere (oder gar keine) Arbeitsverträge haben. Leider fragen sich die Wenigsten von uns, wenn sie in der Mensa das Essen auf den Teller gefüllt bekommen oder ein Seminar ihrer Dozent*innen besuchen, unter welchen Bedingungen die vor ihnen stehenden Menschen tatsächlich arbeiten müssen.

Dabei sind diese unsicheren Arbeitsbedingungen inzwischen „normaler“ als das sogenannte „Normalarbeitsverhältnis“ eines sozial­ver­sicherungs­pflichtigen, unbefristeten Vollzeitjobs: Von den 90er Jahren bis 2010 hat sich der Anteil von Leiharbeiter*innen, Minijobs, Teilzeit- und Befristungsverhältnissen von 20 auf 38% verdoppelt (WSI, Oktober 2012). Schlechte Löhne, befristete Verträge, Leiharbeit – diese Prozesse werden im Allgemeinen als Prekarisierung bezeichnet. In Deutschland wurden mit der Agenda 2010 durch eine beispiellose Ausbreitung solcher prekärer Verhältnisse eine Umgestaltung des Arbeitsmarktes und eine Spaltung der lohnabhängig Beschäftigten durchgesetzt.

Wir Studierende kennen diese Arbeitsverhältnisse selbst auch nur zu gut: Unbezahlte Praktika und schlecht bezahlte, teilweise unversicherte Studierendenjobs hat eigentlich jede*r von uns schon einmal mitgemacht. Dennoch sehen viele von uns sich nicht als Betroffene von Prekarisierung, denn oftmals herrscht die Illusion vor, dass diese Situation nur temporär existieren würde (denn später hätte man ja einen besseren Job sicher, oder?). Doch die Realität sieht anders aus: Je nach Studiengang landen bis zu 80% von uns nach dem Studium in prekären Beschäftigungsverhältnissen (Hans-Böckler-Stiftung, Januar 2013).

Deswegen müssen wir Studierende uns bewusst machen, dass wir trotz unterschiedlicher konkreter Lebenssituationen grundlegende gemeinsame Interessen mit den Beschäftigen an der Uni und darüber hinaus haben. Diese gemeinsamen Interessen müssen wir in den Mittelpunkt stellen. Wir von WAFFENDERKRITIK halten es für eine Hauptaufgabe einer kämpferischen Studierendenbewegung, diese grundlegende Solidarität zwischen Arbeitenden und Studierenden voranzutreiben.

An der Freien Universität gibt es Versuche, eine neue Verbindung zwischen Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen zu schaffen. Gleiches gilt für die Situation der Sprachlehrbeauftragten, die seit Oktober letzten Jahres auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht haben. Außerdem kämpfen aktuell in Berlin die angestellten Lehrkräfte an Schulen dafür, den verbeamteten Lehrer*innen gleichgestellt zu werden. Am gestrigen Dienstag fand dazu ein wichtiger Warnstreik statt, der Kampf hat jedoch gerade erst angefangen.

Außerhalb des Bildungssystems findet seit dem 1. November ein langer, ausdauernder Streik der Beschäftigten des Hamburger Verpackungsherstellers Neupack statt. Die dortigen Beschäftigten kämpfen für einen Tarifvertrag und gegen die Willkür der Geschäftsführung um die Familie Krüger. Dieser Streik ist inzwischen zu einem Symbol im Kampf gegen unsichere Arbeitsbedingungen geworden: Denn das, was die Krügers vorhaben, ist die Eliminierung jeglicher Kollektivität der Beschäftigten, die die Voraussetzung für einen gemeinsamen Kampf gegen Prekarisierung darstellt. Leider ist die Führung der zuständigen Gewerkschaft IG BCE keine Hilfe in diesem Kampf, sondern hat sich seit Langem von der Forderung nach einem Tarif­vertrag verabschiedet und möchte den Streik lieber heute als morgen beenden. Umso wichtiger ist jedoch die Ausweitung der Solidarität mit den Beschäftigten, um ihnen in ihrem Streik den Rücken zu stärken – gegen die Krügers, aber auch gegen die IG BCE.

Als WAFFENDERKRITIK wollen wir im Laufe des Semesters das Thema der Arbeitsbedingungen in- und außerhalb der Universität und der Notwendigkeit der Einheit von Arbeitenden und Studierenden in den Mittelpunkt stellen. Wenn du mehr darüber wissen willst und mit uns Aktionen organisieren willst, komm bei uns vorbei!

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