G7: Das Kapital soll bezahlen!

01.06.2015, Lesezeit 5 Min.
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Sieben Interessen, eine Verliererin

Wenn in Elmau sieben Chefs imperialistischer Staaten tagen, geht es um die Ukraine-Krise und den IS (Islamischen Staat). Es geht um „stabile Finanzen, offene Weltmärkte und einen funktionierenden Arbeitsmarkt“. Anders gesagt, die G7 reden über ihre imperialistischen Interessen. In den Verhandlungen sitzen jetzt wieder nur sieben am Tisch: Wegen des reaktionären BürgerInnenkriegs in der Ukraine wurde Russland ausgeschlossen.

Die G7 fragen sich: Wie geht es weiter mit Deutschlands Spardiktaten über Europa und seinen riesigen Auslandsüberschüssen? Wer kann bei der Neuaufteilung des Nahen und Mittleren Ostens helfen? Welche DiktatorInnen werden von wem unterstützt, welche gestürzt? Mit welchen Mitteln wird die Ukraine halb­kolonisiert – Internationaler Währungsfonds oder bewaffnete Drohungen – und wer streicht die meisten Gewinne ein? Wie werden Klima, Umwelt und Ressourcen unter Vorzeichen des Imperialismus „gemanagt“? Was bedeutet die Hoch-Dollar-Politik, die von den USA unter anderem durch den Raubbau des Fracking-Programms ermöglicht wurde? Gleich, was die Antworten sind, es gibt schon jetzt eine Verliererin: die internationale ArbeiterInnenklasse.

Nationalismus oder ArbeiterInnenpolitik?

Die Imperialismen aus der EU und die USA arbeiten zurzeit am Freihandelsabkommen TTIP, über das Gabriel (SPD) kaum etwas Konkretes herausrückt. Neben der Senkung von VerbraucherInnen- und Umweltstandards wird es Angriffe auf das Arbeitsrecht bedeuten, soviel ist sicher. Die einzelnen imperialistischen Staaten nutzen dabei internationale Verträge, um die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse zu verschärfen.

Die Linkspartei ruft mit Grünen, Campact, attac, Bauern- und Kirchenverbänden sowie der stalinistischen Linken zum G7-Protest gegen TTIP auf. Ihre Antwort ist eine nationalistische Kampagne, die behauptet, Deutschland sei nicht souverän und müsse sich gegen die USA verteidigen. Gregor Gysi (Die Linke) fasst diese sozialchauvinistische Haltung in seiner Rede zu TTIP und G7 vor dem deutschen Bundestag gut zusammen: „Kolumbien ist inzwischen unabhängiger von den USA als Deutschland und ich finde das sollten Sie ändern, liebe Frau Bundeskanzlerin.“

Für uns bedeutet „gegen TTIP“ in erster Linie gegen die deutschen KapitalistInnen, deren Kanonenrohre oft Gesetze und Verträge sind: Das heimische und vom Linke-Ministerpräsidenten Ramelow akzeptierte „Tarifeinheitsgesetz“ wurde von der „Groko“ bereits verabschiedet und bedeutet Zwangsschlichtungen vor deutschen Gerichten und die Einschränkung des Streikrechts von Minderheitsgewerkschaften.

Gleichzeitig schürt „Die Linke“ aber auch Illusionen in den „Internationalismus“ des Kapitals – das heißt den Diktaten einer Bourgeoisie über andere Länder. Sie möchte EU-Institutionen „demokratisieren“ und verweist auf die „bescheidenen Vorschläge“ Syrizas, die mit der nationalistischen ANEL regiert und deutsch verordnete Kürzungen brav umsetzt. Unterdessen stimmt die Linkspartei unter Berufung auf Solidarität mit der neuen griechischen Regierung für die neuesten Spardiktate Merkels und Schäubles (CDU).

Wir wollen weder Deutschland vor den USA beschützen noch haben wir Sympathien für das von Deutschland angeführte Kartell kapitalistischer Staaten namens EU. Wir kämpfen für ein vereintes Europa – aber nicht des Kapitals, sondern der ArbeiterInnen. Deshalb fordern wir die vollständige Streichung aller Schulden gegenüber den imperialistischen Staaten, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Weltbank.

Welche Klasse soll bezahlen?

Die Debatte um die europäische Schuldenkrise läuft wie die um den „freien Handel“ darauf hinaus, welche Klasse die Krise bezahlen soll. Alle bürgerlichen Antworten von Neoliberalismus bis zu Keynesianismus schwirren um die verschiedenen kapitalistischen Interessen im Euroraum: Deutschland verteidigt seine Auslandsüberschüsse, die USA oder Frankreich sind genau deshalb besorgt.

Die ArbeiterInnenklasse hat die Macht, mit ihren Streiks nicht nur ökonomische, sondern auch politische Verbesserungen zu erzwingen. Aktuelle „Reformen“ bringen längst keine Verbesserung mehr, nicht einmal in Deutschland, wo Schwarz-Rot das Streikrecht angreift. Der nächste nötige Schritt ist die Politisierung und Ausweitung der aktuellen Streiks: die Vereinigung von Kämpfen wie Post und Amazon, LehrerInnen und ErzieherInnen; ihre Demokratisierung unter Führung der Streikenden selbst; ihre Erweiterung um und einen gemeinsamen Kampf gegen Prekarisierung, Kürzungen und Befristungen.

Die Gewerkschaften müssen in diesem Prozess aus den Händen einer bürokratischen Clique von Sozialpartnerschaft-AnbeterInnen zurückerobert werden. Der Aufbau einer klassenkämpferischen, antibürokratischen Strömung innerhalb der Gewerkschaften ist unabdingbar, um die KapitalistInnen für ihre Krise bezahlen zu lassen. Eine wache ArbeiterInnenklasse, ohne Illusionen in Klassenkompromisse, kann die richtigen Antworten auf die Krise geben, wie die entschädigungslose Enteignung von Betrieben und Banken unter ArbeiterInnenkontrolle, wenn sie Pleite gehen, schließen oder Sparmaßnahmen erzwingen wollen. Durch die Rückeroberung der ArbeiterInnenorganisationen können die imperialistischen G7 in Zukunft effektiv bekämpft werden – mit dem politischen Generalstreik.

Diese Programmpunkte müssen von einer revolutionären ArbeiterInnenpartei vertreten werden, an deren Aufbau wir mitwirken wollen. Der uneinigen EU nationaler Bourgeoisien wird sie die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa entgegenstellen.

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