„Für das Ende des PKK-Verbots“: Rede von Egon und Leon in Berlin

29.11.2022, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Maxi Schulz

In Berlin demonstrierten Menschen am 26.11.2022 für die Aufhebung des PPK Verbots und in Gedenken an die andauernde Vertreibung und Unterdrückung des Kurdischen Volkes. Wir spiegeln die Rede von Egon und Leon von der Fraktion in Solid für einen revolutionären Bruch mit der Linkspartei.

Hallo liebe Freund*innen und Genoss*innen, heute vor einer Woche startete NATO-Partner Türkei eine erneute Offensive der türkischen Luftwaffe. Diese bombardierte Städte, Dörfer und Infrastruktur in Rojava – unter den Opfern viele Zivilist:innen – das alles als vermeintliche Antwort auf den Anschlag in Istanbul im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in der Türkei. Diese Verbrechen gegenüber der kurdischen Bevölkerung sind mit nichts zu rechtfertigen. Doch auch das ist nicht genug für Erdogan und die imperialistischen Ansprüche der Türkei – eine Bodeninvasion wurde in türkischen Medien nicht ausgeschlossen – nein, sie wurde sogar erwünscht und angekündigt. Die großen Medien in Deutschland berichten zu großen Teilen entweder nicht über den völkerrechtswidrigen Angriff, nennen ihn erst auf den hintersten Seiten oder schlimmer noch, sie erzeugen ein Bild, das die Tatsachen völlig verdreht und die kurdische Bevölkerung für den Anschlag in Istanbul verantwortlich macht.

Der Kontrast zum Ukrainekrieg könnte kaum größer sein, die Berichterstattung, die Haltung und Betroffenheit der Deutschen, aber auch die Politik der Regierung – zusammen mit dem 100-Milliarden Paket wird von Bundesregierung und bürgerlicher Presse eine Stimmung aufgebaut, in der alle Gegner*innen der Kriegsziele des deutschen Imperialismus als Volksverräter gebrandmarkt werden – sei es gegenüber der NATO-Involvierung in der Ukraine oder des strategischen Bündnisses Deutschlands mit der Türkei. Auf keinen Fall darf man sich die Frage stellen, wer an Aufrüstung und Waffenexporten verdient, wer daran leidet, und auf wessen Kosten der Krieg überhaupt geführt wird. Doch trotz der höchsten Inflationsrate seit langem, steigenden Energiepreisen und der wachsenden Angst vor fehlendem Gas, suchen selbst große Teile der hiesigen Linken, so auch die Partei DIE LINKE, die sich auf dem letzten Bundesparteitag z.B. explizit für Sanktionen gegen Russland ausgesprochen hat, die Nähe zur NATO und verkennen es, sich deutlich gegen Waffenlieferungen und Sanktionen stark zu machen.

Wir reden hier von derselben NATO, in der es Deutschland 2019, trotz oberflächlicher Verbote, geschafft hat, Kriegswaffen im Wert von fast 350 Millionen Euro an die Türkei zu liefern, dieselbe NATO, der nun auch Schweden und Finnland beigetreten sind, mit dem Versprechen, die Türkei in Sachen ‚Sicherheit‘ zu unterstützen, was effektiv eine Einstufung der PKK, YPG und YPJ als Terrororganisationen bedeutet, oder genauer gesagt, dass Kurd*innen und türkische Aktivist:innen unter ‚Terrorverdacht‘ an die Türkei ausgeliefert und abgeschoben werden, wo auf sie Folter, Inhaftierung und Tod warten.

Deutschland reiht sich seit jeher ein in die lange Geschichte der Repressionen gegen die kurdische Bewegung. Ob das PKK-Verbot, zudem allein die Nennung dieser drei Buchstaben auf Demonstrationen oder das Zeigen von YPG und YPJ Flaggen gehören, die Überwachung durch den Verfassungsschutz und die enge Zusammenarbeit mit der Türkei, was eine ständige Abschiebe-Gefahr birgt und allein die Existenz als Kurd*in in Deutschland zu leben, kriminalisiert, das Verbot des Mezopotamien und des MIR-Verlags im Januar, das zu einer Beschlagnahmung von 50.000 Werken und dem größten kurdischen Musikarchiv in Europa führte, sowie die ständigen Verhaftungen und die Polizeigewalt bei Demonstrationen, angeführt vom rotrot-grünen Bullensenat.

Und mehr noch: Wo sich Politik und Bevölkerung klar auf die Seite der Ukraine und gegen den Krieg stellen, so ist eine Unterstützung des Selbstbestimmungsrechts des kurdischen Volkes schlichtweg nicht profitabel. Doch selbst ersteres passiert, zumindest von den bürgerlichen Parteien aus, nicht aus Gründen der Solidarität, sondern weil Deutschland und die NATO auf Zugriff zu Kapitalmärkten, billigen Arbeitskräften und Rohstoffen in Osteuropa abzielen.

Was für die Bundesrepublik Deutschland „Nein zum Krieg“ bedeutet, heißt eigentlich „Ja zu höheren Gewinnen“ und zu dem Ziel, eine der größten Militärmächte der Welt zu werden. Was für die BRD Waffenlieferungen und Sanktionen bedeutet, heißt für uns, als auch für die internationale Arbeiter*innenklasse, auf welche die Wucht imperialistischen Bestrebens am stärksten abfällt, Not, Armut, Ausbeutung, Tod. Was die BRD „wir“ nennt, heißt für uns „Klassenfeind“, denn es sind nicht der Staat und seine Oberhäupter, die für die Krise zahlen. Nein!- Ihre Diäten steigen, während wir für immer mehr Arbeit immer weniger zu essen bekommen.

Was wir stattdessen brauchen ist eine starke, internationalistische Solidarität mit Gefangenen, Geflüchteten und Kämpfer*innen in Deutschland und der ganzen Welt! Was wir brauchen ist eine starke, verbündete Arbeiterklasse, die sich vom spalterischen Rassismus des deutschen Staates, von Querdenken, Kriegstreiberei und Inflation, nicht weich kriegen lässt!

Insbesondere brauchen wir eine breite Anti-Kriegs-Bewegung, die unsere Kräfte bündelt und in der auch die Gewerkschaften stark vertreten sind, damit die Losung “Waffenlieferungen blockieren” nicht zu einer leeren Phrase wird. Eisenbahner:innen in Griechenland zeigten uns schon während des Ukraine-Krieges mit ihrer Verweigerung von Waffenlieferungen, wie gewerkschaftliche Kämpfe dem Imperialismus schaden können. Wir haben es in der Hand! Was wir ganz besonders nicht brauchen sind Waffendeals und Aufrüstung, Bundeswehr Sonderpakete und noch mehr Kriegstreiberei! Darum sagen wir „Nein“ zur angeblich ‚grünen, feministischen‘ Außenpolitik der Ampel, wir sagen Nein zum deutschen und türkischen Imperialismus, und Nein zur Nato! Darum fordern wir einen Stopp der Zusammenarbeit mit dem türkischen Geheimdienst, der hierzulande fast konsequenzlos Kurd:innen verfolgen darf, ein Ende der Waffenlieferungen, eine Entkriminalisierung der kurdischen Community und das Ende des PKK-Verbots!

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