Frankreich: Die Intersyndicale will die Bewegung gegen die Rentenreform beerdigen

05.05.2023, Lesezeit 5 Min.
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Foto: O Phil Des Contrastes

Nach einem historischen 1. Mai hat die Intersyndicale den 6. Juni als nächsten Mobilisierungstermin angekündigt. Ein weit entferntes Datum, das einzig und allein dazu gedacht ist, Druck auf die Nationalversammlung auszuüben und damit eine Strategie fortzusetzen, die in die Niederlage führt und die Beerdigung der Bewegung vorbereitet.

Nachdem sie sich am Morgen per Videokonferenz getroffen hatten, äußerte sich die Intersyndicale, der Zusammenschluss der wichtigsten französischen Gewerkschaftsbünde, am Dienstag in einem Kommuniqué. Darin begrüßten die Gewerkschaftsführungen die Mobilisierung am 1. Mai und riefen zu einem vierzehnten Aktionstag am Dienstag, den 6. Juni auf, zwei Tage vor der Behandlung des Gesetzesvorschlags der Abgeordnetengruppe „Libertés, indépendants, outre-mer et territoires“ (auf deutsch: Fraktion Freiheit, Unabhängige, Übersee und Territorien) zur Aufhebung der Rentenreform.

6. Juni: Ein Datum in einem Monat, das die Strategie des Drucks auf das Parlament verlängert und die Beerdigung der Mobilisierung vorbereitet.

Nach zwei Wochen Unterbrechung der branchenübergreifenden Mobilisierung und am Tag nach einem historischen 1. Mai entscheidet sich die Intersyndicale also dafür, nur ein neues, weit entferntes Mobilisierungsdatum in Perspektive zu stellen. Diese Entscheidung ebnet den Weg für eine Beerdigung der Bewegung vor den Sommerferien und steht in völligem Widerspruch zu der Wut, die am vergangenen Montag von 2,3 Millionen Menschen zum Ausdruck gebracht wurde, und der wiederholten Ablehnung vieler Demonstrant:innen gegenüber einer rein symbolischen Protestaktion.

Die Gewerkschaften lehnen jede Bilanzierung ihrer Strategie seit dem 19. Januar ab und führen die Logik des Drucks fort, die sie seit Beginn der Bewegung verfolgt haben. „In Erwartung der Entscheidung über das Referendum begrüßt die Intersyndicale den Gesetzesvorschlag zur Aufhebung der Rentenreform, der am 8. Juni in der Nationalversammlung auf der Tagesordnung stehen wird“, schreibt sie in diesem Sinne, bevor sie dazu aufruft, „überall die Abgeordneten aufzusuchen, um sie aufzufordern, für diesen Gesetzesvorschlag zu stimmen“ und „die Initiativen in diesem Rahmen zu vervielfachen, insbesondere mit einem neuen gemeinsamen Aktionstag mit Streiks und Demonstrationen am 6. Juni“.

Nach monatelangen Niederlagen in der Nationalversammlung, im Senat und vor dem Verfassungsrat zieht die Intersyndicale keinerlei Bilanz und ruft zu isolierten Mobilisierungstagen auf, die in immer längeren Abständen stattfinden und darauf abzielen, Botschaften an die Parlamentarier zu senden, anstatt durch einen verlängerbaren Streik ein hartes Kräfteverhältnis aufzubauen. Schlimmer noch, indem sie ankündigte, an der von der Regierung angekündigten „Konzertierungsrunde“ teilnehmen zu wollen, um „ihre Ablehnung der Rentenreform zu bekräftigen“, aber auch um „an gemeinsamen gewerkschaftsübergreifenden Vorschlägen […] in Bezug auf Löhne, Arbeitsbedingungen usw. zu arbeiten“, ebnet sie den Weg für die Rückkehr zum „sozialen Dialog“, auf den sich die Regierung verlässt, um die Bewegung zu entwaffnen und die Rentenfrage abzuschließen.

Ein Sieg ist immer möglich: man muss den „sozialen Dialog“ anprangern und einen Kampfplan durchsetzen, der dem gewachsen ist.

Die Haltung der Gewerkschaften, die zu einem x-ten isolierten Mobilisierungstermin in immer größerer zeitlicher Entfernung aufrufen und gleichzeitig den „sozialen Dialog“ wieder aufnehmen, ist eine klare Weigerung, die Wut an der Basis zur Kenntnis zu nehmen, die sich seit dem 49.3 vervielfacht und ausgeweitet hat und auch nach 13 branchenübergreifenden Kampftagen anhält. Die Regierung ist nach wie vor isoliert, will aber mit ihren Angriffen gegen die Prekärsten, die Migrant:innen und eine Verschärfung der Austerität wieder in die Offensive gehen.

Umgekehrt ist es dringend notwendig, die volle Bilanz der Strategie seit dem 19. Januar zu ziehen, die bisher einen Sieg verhindert und die Sektoren, die sich in einem verlängerbaren Streik befanden, isoliert hat, und eine andere Strategie durchzusetzen, die auf dem Aufbau eines Kräfteverhältnisses durch Streiks und auf einem Programm beruht, das es ermöglicht, auf alle Herausforderungen der gegenwärtigen Situation zu reagieren. Nicht nur die Rücknahme von Macrons Gegenreform braucht es, sondern auch höhere Löhne, Widerstand gegen die autoritäre Offensive und die Repression, die entfesselt wird, um die Wut zu ersticken, das Ende der Fünften Republik und natürlich müssen Macron und alle seine Reformen aus dem Weg geräumt werden!

Das drückten am Montag die Demonstrant:innen im Demonstrationsblock des Netzwerks für den Generalstreik aus, das seit Februar für die Notwendigkeit einer anderen Strategie und einer Organisierung an der Basis eintritt. Wie Laura Varlet auf der Pariser Demonstration erklärte:

Es geht nicht darum, sich an einen Tisch zu setzen und mit der Regierung zu diskutieren, wie es die Intersyndicale tun will. Ab nächster Woche müssen wir uns treffen, um uns einen Schlachtplan an der Basis auszudenken. Das ist es, was wir mit dem Netzwerk für den Generalstreik versuchen, wir müssen es verallgemeinern und überall durchführen.

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