Erste gewerkschaftliche Aktionsaufrufe nach Hanau – Vorbereitung auf „Tag des Widerstands“?

27.02.2020, Lesezeit 4 Min.
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Die IG Metall Hanau-Fulda ruft für den 4. März, dem Tag der zentralen Trauerfeier zu dem faschistischen Terroranschlag in Hanau, zu einer 10-minütigen Arbeitsniederlegung auf. Wird das die erste konkrete Streikaktion nach dem faschistischen Angriff? Und wird dies der Auftakt für weitere Mobilisierungen? Verschiedene migrantische Organisationen haben schon für den 8. Mai zu einem "Tag des Widerstands" oder "Tag des Zorns" aufgerufen.

Bild: Perspektive Online

Am 4. März wird in Hanau eine zentrale Trauerfeier für die Opfer des faschistischen Angriffs auf zwei Shisha-Bars – Gökhan Gültekin, Ferhat Ünvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Hamza Kurtović, Kalojan Welkow, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu und Said Nessar El Hashemi – stattfinden. In den vergangenen Tagen waren von verschiedenen Seiten Aufrufe laut geworden, auch gewerkschaftliche Aktionen durchzuführen, um aufzuzeigen, dass die Arbeiter*innenbewegung sich gegen rassistische Spaltung und rechten Terror stellt. Außerdem hat es Aufrufe für einen „Tag des Zorns“ oder gar einen Generalstreik am 8. Mai gegeben, der aus dem Umfeld migrantischer Organisationen kam.

„Initiative für eine 10-minütige Arbeitsruhe am 4. März 2020“

Die lokale IG Metall-Vertretung Hanau-Fulda hat nun einen Aufruf für eine 10-minütige Arbeitsniederlegung am 4. März lanciert:

„Zehn Menschenleben sind von einem Rechtsextremisten in Hanau ausgelöscht worden. Über ihre Familien und Freunde ist unermessliches Leid hereingebrochen. Wir fühlen und trauern weiterhin mit ihnen. Diese menschenverachtende Tat ist für uns ein weiterer tieftrauriger Anlass, unseren Kampf gegen Rechtsextremismus unvermindert fortzuführen.

Wir rufen als IG Metall Hanau-Fulda dazu auf, entschiedener als je zuvor, allen menschenfeindlichen, rechtsextremen und antidemokratischen Umtrieben aktiv entgegenzutreten.

Bundesweit finden zurzeit vielfältige Aktionen, Demonstrationen und Kundgebungen gegen Rassismus und rechten Terror statt. Vereinzelt werden auch betriebliche Gedenkveranstaltungen durchgeführt oder sind in Planung. Auch und gerade in den letzten Tagen in Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis. Am 04. März 2020 findet eine zentrale Trauerfeier in Hanau statt.

Wir nehmen dieses Ereignis zum Anlass, die Initiative zu ergreifen, an diesem Tag auch ein klares Zeichen aus den Betrieben und Verwaltungen der Region gegen rechte Gewalt zu setzen und deutlich zu machen, dass dort kein Platz für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ist. Wir schlagen daher vor, am Mittwoch, den 4. März 2020 um 11:50 Uhr in Betrieben und Verwaltungen für 10 Minuten die Arbeit ruhen zu lassen und würden uns freuen, wenn sich viele Arbeitgeber gemeinsam mit ihren Belegschaften dieser Initiative anschließen würden.“

Wir halten dies für einen wichtigen ersten Schritt, ein Zeichen in den Betrieben zu setzen. Das Beispiel sollte nicht auf Hanau und Umgebung beschränkt bleiben, sondern bundesweit übertragen werden. Die Aktion sollte mit möglichst auch mit Mobilisierungen verbunden werden, um zu zeigen, dass die Gewerkschaften ein zentraler politischer Akteur sein können.

Doch damit dies mehr als nur ein einmaliges Ereignis zum Dampfablassen wird – noch dazu in trauter Einigkeit mit den Bossen, gegen die doch gerade eine Tarifauseinandersetzung ansteht –, sollten diese Aktionen dazu genutzt werden, um in den Betrieben gemeinsam zu diskutieren, wie gegen Rassismus und andere Spaltungen am Arbeitsplatz und darüber hinaus vorgegangen werden kann. Denn diese Spaltungen sind nicht zufällig, sondern dienen gerade der Aufrechterhaltung der Profite der großen Unternehmen.

Tag des Widerstands – Tag des Zorns

Diese Initiative sollte verbunden werden mit den Bestrebungen migrantischer Organisationen, den 8. Mai – an dem sich dieses Jahr zum 75. Mal die Niederlage des NS-Faschismus jährt – zu einem „Tag des Widerstands“ oder „Tag des Zorns“ zu machen. Wenn die Basis der Gewerkschaften sich mobilisiert, kann die Perspektive eines politischen Generalstreiks real werden, der jedoch vorbereitet werden muss.

„Wir migrantischen Selbstorganisationen rufen unsere Geschwister und Genoss*innen am 08. Mai 2020 zu einem Tag des Zorns und damit einhergehenden Generalstreik auf. Wir fordern alle Menschen mit Migrationserbe, jüdische Menschen, Sinti*ze und Rom*nja, Schwarze Menschen, people of colour, #BIPoC und alle solidarischen Menschen auf, mit uns zu streiken. […] Da die Politik dabei zusieht wie unsere Geschwister und Freund*innen, auch unsere antifaschistischten Genoss*innen, bis heute sogar in staatlichen Institutionen ums Leben kommen, können wir uns nicht auf sie verlassen. Sie schützen uns nicht und spätestens seit dem NSU wissen wir, dass in Deutschland aller Wahrscheinlichkeit nach Täterschutz betrieben wird. […] Angeregt durch die Ramazan Avcı Initiative tragen wir unsere Wut und unsere Trauer am achten Mai auf die Straße.“

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