Eine Million Menschen waren gerade in Standing Rock, South Dakota

03.11.2016, Lesezeit 4 Min.
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In South Dakota soll eine Rohöl-Pipeline gebaut werden. Eine Gefährdung des Trinkwassers wird befürchtet. Betroffene und Unterstützer*innen demonstrieren dagegen.

In den letzten Tagen war das Internet in Bewegung. Ohne vorherige Absprache haben sich eine Millionen Menschen virtuell im Reservat Standing Rock, South Dakota eingeloggt. Anlass war vermutlich ein viraler Post laut dem die Polizei im sozialen Netzwerk herausfindet, wer sich im Protestcamp von Standing Rock aufhält. Dort wird gerade gegen den Bau einer Erdöl-Pipeline demonstriert. Vor Ort real anwesend waren zwar deutlich weniger, was die Polizei aber nicht vor massivem Gewalteinsatz abhielt. Bilder von Einsatzkräften in Feldschlachtformation und minensicheren Schützenpanzern erwecken einen bürger*innenkriegsähnlichen Eindruck. Mindestens 117 Menschen wurden festgenommen.

Anlass der Proteste ist der geplante Bau der Dakota Access Pipeline (DAPL) im Norden der USA. Fertiggestellt wird die Pipeline 1.900 Kilometer lang sein. Vier US-Bundesstaaten soll sie durchqueren. In South Dakota ist eine Unterquerung über den Missouri River geplant. Diese Unterquerung gefährdet die Trinkwasserversorgung der dortigen Bevölkerung vom Stamm der Sioux im Reservat Standing Rock. Das ist der Auslöser für die Proteste gegen DAPL.

Struktureller Rassismus

Die Ursache ist jedoch struktureller Rassismus gegen die Sioux, die seit der Ankunft europäischer Siedler*innen unterdrückt werden. Ursprünglich sah der Plan vor, die DAPL durch die Hauptstadt von North Dakota zu führen, die ebenfalls vom Missouri River durchflossen wird. Doch die dortige Bevölkerung befürchtete eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung. Nun soll die Pipeline durch das Stammesgebiet der Sioux führen.

Der rassistische Hintergrund wird deutlich durch einen ähnlichen Fall in dem eine regierungsfeindliche Gruppe von sieben Leuten mit europäischer Abstammung um die Brüder Ammon und Ryan Bundy einen Wildpark für 41 Tage besetzte. Trotz der geringen Größe der Gruppe wurde ihre Besetzung über einen längeren Zeitraum geduldet. Nach der Festnahme wurden die Besetzer*innen von den Behörden jedoch wieder freigelassen und nicht angeklagt. Die Protestierenden von Standing Rock hingegen blieben auch nach der Räumung noch in Haft und wurden wegen Landfriedensbruch und anderer Delikte angeklagt.

Unterstützung durch prominente Politiker*innen

Am Protest beteiligte sich auch die Präsidentschaftskandidatin der Green Party in den USA, Jill Stein. Auf ihrem Twitter-Konto veröffentlichte sie ein Bild, das sie beim Besprühen einer Baumaschine zeigt. Daraufhin fingen die Behörden an gegen sie zu ermitteln wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung. Stein drohen nun bis zu 30 Tage Gefängnis oder eine Geldstrafe.

Bernie Sanders agiert eher zurückhaltend. In einem offenen Brief bat er den Präsidenten Barack Obama den Bau der Pipeline zu stoppen. Zusätzlich hielt er eine Rede, in der er Partei für den Stamm der Sioux ergriff. Das steht aber in keinem Verhältnis zu seiner Popularität. Auch steht er nicht Seite an Seite mit den Sioux, sondern spricht stellvertretend aus sicherer Entfernung für ihre Interessen.

Parallel zur Räumung des Widerstandcamps in Standing Rock besetzten Jugendliche der Sioux aus Standing Rock die Wahlkampfzentrale von Hillary Clinton in New York. Sie forderten, sie sollen sich gegen den Bau der Pipeline auf ihrem Stammesgebiet aussprechen.

So sympathisch die Aktion der digitalen Massen auch gewesen sein mag, eine wirkliche Hilfe gegen Repression war sie nicht. Die Polizei nutzt zur Lokalisierung von Personen keine freiwilligen Angaben in sozialen Netzwerken, sondern Geodaten von Mobiltelefonen. Was die Aktion aber brachte, war die Präsenz der Ereignisse im World Wide Web zu verstärken.

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