Ein Querdenker als Kollege: Bericht einer Krankenpflegerin

04.02.2022, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Querdenker:innen behaupten, „selbst zu denken“, sprechen dabei aber oft nur Argumente von Rechten nach. Wie problematisch das ist, schildert eine Krankenpflegerin in ihrem Erfahrungsbericht.

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Foto: My Ocean Production / Shutterstock.com

Ich bin gelernte Krankenpflegerin und studiere jetzt Kulturwissenschaften und arbeite als Aushilfe in einem Pflegedienst. Sehr viele Kollegen haben sich erst jetzt impfen lassen, als der Druck kam, vielleicht bald kein Geld mehr verdienen zu können. Es gibt einen wichtigen Kollegen der in dem Unternehmen mal stellvertretender Leiter war, und in der Vergangenheit sehr erfolgreich im Berufsleben war (ambulante Konzepte mit aufgebaut, Einrichtungen geleitet etc). Er ist sehr großer Typ, hört sich gerne und viel selber reden, hat sehr viele „beeindruckende“ Worte in seinem Repertoire. Er ist einfach ein sehr präsenter, wenn nicht sogar auf manche einschüchternd wirkender Mensch. Als ich mich vorgestellt habe war er dabei und hat mich direkt gefragt, ob ich geimpft bin und hat mich „bemitleidet“, dass ich es bin. Er redet dauerhaft auf die Kollegen ein, verbreitet einschlägige Videos und Argumente. Das eindrücklichste war für mich, dass er behauptet hat, dass es wichtig sei, selber zu denken, damit „es nicht nochmal so wird wie früher“. An sich ja eine löbliche Einstellung. Auf die Frage hin, wieso er sich dann in rechten Kreisen informiere, kamen die typischen Argumente, unter anderem, dass das alles in einen Topf geworfen werde und dass man als wirklich linker Mensch gerade auch diffamiert werden soll. Ich war danach sprachlos. Kollegen, die weniger gebildet beziehungsweise aufgeklärt sind, konnten gar nicht „gegen“ ihn argumentieren und sind heftig ins Zweifeln gekommen, weil er ansonsten so kompetent ist. Ich finde krass, wie selbst in der Pflege selbst medizinisch verdrehte Argumente verunsichern, wobei ich in diesem Unternehmen mit den Kollegen auch wirklich mit einer starken Uninformiertheit und „unpolitischen Haltung“ konfrontiert bin.

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