Ein kleiner Schritt für einen Arbeiter, ein großer Schritt für die Arbeiterklasse

12.05.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: NASA

In den Betrieben gibt es keine Demokratie. Dort herrscht das Weisungsrecht. Wenn wir mit der Weisung eines Vorgesetzten oder der Geschäftsführung nicht einverstanden sind, müssen wir es hinnehmen oder den „Arbeitgeber“ wechseln. Schluss damit!

Ein Schlaraffenland gibt es nirgends. Was in dem einen Unternehmen gut ist, ist in dem anderen schlecht und umgekehrt. Das liegt daran, dass die Unternehmer, die „Arbeitgeber“ ganz andere Interessen haben als wir Lohnabhängigen. Sie wollen, dass wir so viel wie möglich arbeiten, so hart wie möglich, wollen uns kontrollieren, wollen für uns so wenig Zeit und Geld wie möglich ausgeben. Sie wollen mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Ertrag aus uns herauspressen.

Wenn man nicht mehr alles schlucken und auch nicht immer weglaufen will, muss man sich wehren. Man kann versuchen, mit seinem Vorgesetzten zu reden. Wenn er nicht einlenkt, kann man Glück haben, dass das Arbeitsrecht auf unserer Seite ist. Dann muss man aber vor Gericht gegen seinen „Arbeitgeber“ klagen. Das ist für viele eine persönliche und finanzielle Hürde. Selbst, wenn das Recht auf unserer Seite ist, heißt das nicht automatisch, dass man auch wirklich Recht bekommt. Auch werden viele „Arbeitgeber“ eine Niederlage vor Gericht nicht hinnehmen. So kann es passieren, dass man durch alle Instanzen muss. Das kostet Geld, Zeit und Nerven. Die Unternehmen haben das alles, notfalls wird dafür jemand beauftragt. Im Kapitalismus kann man jede Dienstleistung kaufen. Sie stehen den Gang durch die Instanzen besser durch als du.

Wenn man einen Sieg vor Gericht errungen hat, gilt das dann nicht automatisch für alle Kollegen. Man klagt immer als Einzelperson für sich selbst.

Die Unternehmer haben eine sehr starke Lobby, die Einfluss auf die Gesetzgebung nimmt und dabei alle Register zieht. So kommt es häufig vor, dass trotz schreienden Unrechts das bürgerliche Recht nicht auf unserer Seite ist. Dann haben wir keine Chance. Oder doch? Was kann man dann tun? Kämpfen!

Die wirkungsvollste Waffe, die wir Lohnabhängigen haben, ist der Streik. Dieser ist um so erfolgreicher, je entschlossener und solidarischer wir sind. Selbst in Betrieben, die nicht tarifgebunden sind, kann man einen Haustarifvertrag erstreiken. Voraussetzung, dass man in Deutschland streiken darf, ist die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft.

Selbst wenn man sich anfänglich noch nicht traut, zur stärksten Waffe zu greifen, bieten die Gewerkschaften Rechtsberatung, Rechtsschutz und helfen bei der Gründung eines Betriebsrats, der die Interessen der Angestellten besser durchsetzen kann, als ein einzelner Mitarbeiter. Gemeinsam sind wir stark!

Die Gewerkschaften sind ihre Mitglieder, die Lohnabhängigen, die sich in ihnen organisieren und solidarisieren. Gemeinsam kämpfen sie für ihre Interessen. Die Gewerkschaften haben aber auch einen Überbau, eine Verwaltung von hauptamtlichen und gewählten Funktionären. Dieser Überbau kämpft nicht entschieden genug für und mit seinen Mitgliedern. Sie einigen sich mit den „Arbeitgebern“ unterhalb der Forderungen ihrer Mitglieder, wie zuletzt beim TVöD, wo die Gehaltserhöhung unterhalb der Inflationsrate bleibt und damit einen Reallohnverlust bedeutet. Die Gewerkschaftsbürokratie nutzt das Streikrecht nicht konsequent genug, scheut sich vor politischen Forderungen, streikt zu selten gemeinsam mit anderen Branchen und anderen Gewerkschaften.

Deshalb ist es notwendig, dass möglichst viele Beschäftigte Mitglied einer Gewerkschaft sind. Zum einen, um besser für ihre Interessen kämpfen zu können, zum anderen, um Druck von unten auf die Gewerkschaftsbürokratie auszuüben, nicht auf Kuschelkurs mit den Unternehmern zu gehen, sondern eine starke Interessenvertretung der Arbeiter zu sein. Die Unternehmer- und Wirtschaftsverbände drängen auf eine Einschränkung des Streikrechts, weil es eine effektive Waffe ist, die sie fürchten. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Dafür braucht es starke Gewerkschaften.

Wenn man sich mit seinen Kollegen gut versteht, gibt es keinen Grund, den Job zu wechseln. Alles was nicht passt, kann gemeinsam erkämpft werden. Die Unternehmer werden immer ihre Interessen durchsetzen, solange wir uns nicht wehren. Also lasst uns gemeinsam zur Wehr setzen! Wenn wir diese Kämpfe gewinnen wollen, müssen wir uns organisieren. Die Gewerkschaft ist ein guter Ort dafür.

Im Gegensatz zum Mond ist deine Gewerkschaft nur wenige Klicks entfernt, und der „Flug“ zur Mitgliedschaft dauert nur fünf Minuten.

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