Ein „Fehler“: Der Euphemismus für die kriminellen Bombardierungen des Imperialismus

12.10.2015, Lesezeit 4 Min.
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// Der Chef der US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan bezeichnete die Angriffe vom vergangenen Samstag auf ein Krankenhaus in Kundus als einen „Fehler“. „Ärzte Ohne Grenzen“ sprechen von einem „Kriegsverbrechen“. Der Tod von mindestens 22 Ärzt*innen, Patient*innen und Kindern zeigt beispielhaft, was die afghanische Zivilbevölkerung während der 14 Jahre der amerikanischen Intervention unter dem Deckmantel des „Krieges gegen den Terror“ erleben musste. //

Der Chef der US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan, General John Campbell, gab am Dienstag, den 6. Oktober zu, dass der Angriff auf ein Krankenhaus von „Ärzte Ohne Grenzen“ (MSF) in Kundus ein „Fehler“ war und eine „Entscheidung, die innerhalb der US-Befehlskette getroffen wurde“. „Das Krankenhaus wurde versehentlich getroffen. Wir würden niemals eine geschützte medizinische Einrichtung absichtlich angreifen“, sagte Campbell in einer Anhörung des Senats der USA aus.

Die zynischen Erklärungen des US-Generals widersprechen den ersten Erklärungen über die Geschehnisse. Die afghanische Regierung hatte zuvor den Angriff verteidigt, da sich in dem Krankenhaus angeblich Taliban-Kämpfer aufgehalten hätten. „ Diese Erklärungen implizieren, dass afghanische und US-Kräfte entschieden, zusammen zu arbeiten, um ein voll funktionierendes Krankenhaus mit über 180 Mitarbeitern und Patienten dem Boden gleich zu machen, weil sie behaupteten, dass Taliban-Mitglieder dort präsent seien. Dies kommt dem Eingeständnis eines Kriegsverbrechens gleich.“, erklärten „Ärzte Ohne Grenzen“ in einer Stellungnahme.

Der kriminelle Angriff kostete mindestens 22 Menschen – unter ihnen Mitarbeiter*innen von „Ärzte Ohne Grenzen“ und Patient*innen, von denen einige minderjährig waren –, das Leben und zerstörte das einzige Krankenhaus in der Region, weshalb nun mehr als 300.000 Menschen keinen Zugang zu spezialisierter medizinischer Versorgung haben. Angesichts der Beweise benutzen die US-Behörden einen Euphemismus und nennen diesen Angriff einen „Fehler“. Doch die 14 Jahre der Bombardements und Militärinterventionen der USA und der NATO hinterließen tausende solcher „Fehler“ und zehntausende tote Zivilist*innen.

Laut der amerikanischen Website The Nation starben in den Jahren 2001-2012 insgesamt 6.481 Zivilist*innen aufgrund von Angriffen, die von der US-Koalition durchgeführt wurden. Daten der UNO und Menschenrechtsgruppen zufolge starben mindestens 19.000 afghanische Zivilist*innen während der ersten zwölf Jahre der Besatzung. Diese Zahlen beweisen, dass der Angriff auf das Krankenhaus von „Ärzte Ohne Grenzen“ kein „Fehler“, sondern eine direkte Konsequenz der imperialistischen Intervention in das asiatische Land ist.

Das Bombardement fand im Rahmen der Zurückeroberung von Kundus durch die Taliban statt, die jedoch nur 48 Stunden anhielt, bis afghanische Truppen mit nordamerikanischer Unterstützung aus der Luft die Stadt erneut unter ihre Kontrolle nahmen. Doch die Zurückeroberung zeigte die Schwierigkeiten der USA bei ihrem Versuch, eine dauerhafte Stabilität in der Region zu erreichen, zumal sie in einer der am stärksten besiedelten und entwickelten Gebiete in Afghanistan stattfanden. Das brachte zahlreiche Presseberichte dazu, über die Möglichkeit zu spekulieren, dass Barack Obama die US-Truppen bis 2017 im Land behalten und damit den Rückzug weiter verschieben könnte. Auf Nachfragen hin sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, dass noch keine Entscheidung gefällt wurde und die Regierung „verschiedene Faktoren“ untersuche.

Es ist klar, dass der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ von den USA, der Militärinterventionen mit Luftschlägen und in einigen Fällen mit Bodentruppen beinhaltete, nicht nur geringe militärische Erfolge hatte, wie die Situation im Irak, in Syrien oder in Afghanistan heute belegt, sondern auch eine tatsächliche Katastrophe für die Zivilbevölkerung nach sich zieht.

Die Ausmaße der Zerstörung, die die imperialistische Kriegstreiberei hinterlässt, drückt sich in den Ruinen der betroffenen Ländern, dem Tod tausender Menschen und den hunderttausenden Geflüchteten aus.

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