DKP Südbayern vom Parteivorstand aufgelöst: Streit über Linkspartei

27.06.2017, Lesezeit 4 Min.
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In der südbayerischen DKP brodelt es seit längerem, besonders wenn es um die Linkspartei geht. Jetzt wurde die Struktur von ganz oben für aufgelöst erklärt.

Jetzt hat es geknallt: Die DKP Südbayern wurde vom Bundesparteivorstand mit Beschluss vom 17./18. Juni für aufgelöst erklärt. Auf der Homepage des aufgelösten Bezirksverbandes ist dieser Beschluss abrufbar, dort heißt es:

Die Bezirksorganisation Südbayern der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) wird mit sofortiger Wirkung aufgelöst (Artikel 7 des Statuts der DKP). Dieser Beschluss wird dem 22. Parteitag der DKP zur Bestätigung vorgelegt.

Die weiteren Gliederungen (Grundorganisationen und Kreise) der bisherigen Bezirksorganisation sind, über die Auflösung der Bezirksorganisation hinaus, von diesem Beschluss nicht betroffen. Sie sind ab sofort direkt an den Parteivorstand der DKP angebunden.

Mit der Auflösung der Bezirksorganisation beenden Gremien der Bezirksorganisation (Bezirksvorstand, Kommissionen der Bezirksorganisation) ihre Tätigkeit. Die Rechte der Mitglieder der Bezirksorganisation sind ansonsten von diesem Beschluss nicht betroffen, dies betrifft auch ihre Organisation in Grundorganisationen und Kreisen.

Der Parteivorstand schreibt auf der bundesweiten Website dkp-online.de zu einem Strategiepapier über „eigene Stärken und Schwächen“, was die Auflösung DKP Südbayerns beinhaltet:

Mit der Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern und der Verabschiedung eines Antrags an den 22. Parteitag, der die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der DKP und im sogenannten Kommunistischen Netzwerk vorschlägt, hat der Parteivorstand zugleich Maßnahmen ergriffen, um das Auseinanderdriften der Partei dort zu stoppen, wo die gemeinsame Diskussion und das gemeinsame Handeln nicht mehr möglich scheint. Beide Beschlüsse wurden mit großer Mehrheit bei 1 bzw. 2 Gegenstimmen und ebenso wenigen Enthaltungen gefasst. Mit der Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern beenden die  Gremien der Bezirksorganisation (Bezirksvorstand und Gremien der Bezirksorganisation) ihre Tätigkeit. Die Grundorganisationen und Kreise und die Rechte der Mitglieder sind von diesem Beschluss nicht betroffen.

Ein politischer Grund, wie er fast immer hinter Spaltungen steht, wird nur indirekt gegeben. Den Anlass der Eskalation bilden formale Definitionen, wie ob das Netzwerk kommunistische Politik eine Fraktion ist oder nicht, oder ob die DKP Südbayern offiziell zur Wahl der Linkspartei bei den Bundestagswahlen aufruft und damit den Parteibeschluss zur Eigenkandidatur „boykottiert“ (Parteivorstand) oder sich für die eigenen Kandidat*innen „nicht engagiert“. In ihrer Erklärung zur Auflösung beruft sich die DKP Südbayern auf innerparteiliche Demokratie und wirft dem Parteivorstand vor, Auseinandersetzungen über Struktur- und Finanzfragen vorzuschieben, um eine politische Linie zu diktieren:

Meinungsverschiedenheiten mit administrativen Maßnahmen „aufzulösen“ ist in jeder Hinsicht parteischädigend und weckt Erinnerungen an die finstersten Zeiten der Parteigeschichte.

Als politisch wichtigster Punkt des langen Streits über die Ausrichtung der Partei kann die Haltung zur Linkspartei in den Wahlen gelten. Jahresanfang gab es schon entsprechende Auflösungsdrohungen gegenüber der DKP Südbayern wegen Ablehnung der DKP-Eigenkandidatur zur Bundestagswahl.

Besonders einzelne DKP-Kandidat*innen, die im Bündnis mit der Friedensbewegung auftraten, wollten die Südbayer*innen nicht unterstützen. Auch die Programmpunkte des Parteivorstands nach „Austritt aus der EU, des Marxismus/Leninismus als Weltanschauung der KommunistInnen in der DKP oder die Versuche, Stalin in die Bildungsarbeit der DKP einzufädeln“ lehnt der südbayerische Verband ab, weshalb Vorstand Patrik Köbele im März schon von einer möglichen Auflösung sprach.

Im Mai schließlich kritisierte die DKP Südbayern den eigenen Wahlantritt der DKP mit dem Argument, so könne kein linker Druck auf die Linkspartei ausgeübt werden, und warb um Verständnis, „wenn GenossInnen der DKP zur Wahl der Partei DIE LINKE aufrufen“. Die taktische Frage, wie man den Reformismus am besten nach links bewegt, hat also anscheinend zur Auflösung von oben geführt.

Die Redaktion bietet Seiten der Auseinandersetzung an, ihre Positionen unkommentiert oder in Interviews auf Klasse Gegen Klasse zu veröffentlichen.

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