Die Hochschule für Politik München: Eine reaktionäre Jauchegrube

15.01.2016, Lesezeit 5 Min.
1

Der Förderverein der Münchner Hochschule für Politik (HfP) bekommt einen neuen Vorsitzenden: den bayerischen Landeschef der Alternative für Deutschland (AfD) und Pegida-Sympathisanten Petr Bystron. Peinlicher Zufall oder konsequente Fortführung einer reaktionären Hochschulpolitik? Ein Beitrag von HfP-Studierenden in Waffen der Kritik München.

Petr Bystron ist ein Absolvent der Münchner Hochschule für Politik wie aus dem Bilderbuch: Ganz „nebenbei“ zum Studium, wie es in einer Kurzbiographie in der Huffington Post heißt, „baute er eine mehrfach prämierte, international tätige Kommunikationsagentur auf, die er anschließend an eine Aktiengesellschaft verkaufte.“ Solche Menschen bringen den Wirtschaftsstandort Deutschland voran! Nun hat er sich, natürlich ganz nebenbei zu seinen Diensten für das deutsche Kapital, noch ein beliebtes deutsches Betätigungsfeld ausgesucht – das des chauvinistischen Pöblers: Griechenland aus dem Euro schmeißen, Grenzen dichtmachen, Abschiebungen beschleunigen. Als weitblickender Unternehmer warnt er zudem vor den gefährlichen Folgen von zu viel Sozialleistungen. So schreibt er, bezogen auf das Kindergeld: „Das jetzige System der sozialistischen Umverteilung begünstigt lediglich Menschen aus untersten Einkommensschichten.“ Natürlich geht er ganz selbstlos den beschwerlichen Weg des Unternehmers, wo er doch in unteren Einkommensschichten staatlich durchgefüttert ein viel begünstigteres Leben führen könnte. Welch leuchtendes Vorbild!

Diese Ansichten vertritt Petr Bystron passenderweise in der AfD. Als seriöser Geschäftsmann wurde er im Oktober 2015 zum bayerischen Landesvorsitzenden gewählt. Zwei Monate später erfolgte die Ernennung zum Vorsitzenden des Fördervereins der HfP, der „Gesellschaft der Freunde“. Dieser Verein besteht aus Studierenden, Professor*innen, ehemaligen Angehörigen und Interessierten der HfP. Zusammen bezuschussen sie etwa die Bibliothek oder Studienfahrten. Laut Münchner Merkur soll der Förderverein aktuell ein Konto von rund 50.000 € verwalten, angespart aus langjährigen Mitgliedsbeiträgen.

Neben seiner AfD-Vorstandsschaft ist Petr Bystron auch in der Pegida-Bewegung aktiv. Zusammen mit dem thüringischen AfD-Chef Björn Höcke trat er bei der Nürnberger Pegida als Redner auf. Als Vorsitzender einer halböffentlichen Institution, die über derartige Gelder verfügt, ist so ein Engagement dann doch etwas verpönt. Der CSU-Abgeordnete Markus Blume bemängelt die Personalentscheidung, „weil sie in einem Ausmaß Parteilichkeit in den Freundeskreis bringt, wie es ihm nicht gut tut.“ Bystron beschwichtigt schon mal, er werde die Studierenden befragen und sich mit der Uni-Leitung über die Verwendung der Gelder absprechen. Nun gut, befragt werden sollen die Studierenden jetzt immerhin einmal . Mehr Mitsprache also schon, als sie im „Reformprozess“ hatten.

Eingeleitet wurde der Reformprozess, der die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem, die Angliederung an die Technische Universität München (TUM) und nun den Umzug ins Brienner Forum beinhaltet, nämlich vom bayerischen Landtag. So ist die HfP den Launen der Landtagsparteien ausgesetzt. Im Senat, der die täglichen Entscheidungen trifft, sitzen acht Professor*innen der TUM, zwei Vertreter der Mitarbeitenden, zwei Vertreter*innen der Studierenden und eine Frauenbeauftragte. Die studentische Mitsprache wird damit zu einer Alibiveranstaltung.

Nicht besser sieht es im Hochschulbeirat aus, der die Grundordnung der HfP bestimmt: Zehn Vertreter*innen der TUM, ein Mitglied pro Landtagsfraktion, ein Mitarbeiter und ein Studierender. Zudem der ZEIT-Herausgeber Josef Joffe, ein Freund von NATO-Interventionen. Der Vorsitzende des Hochschulbeirates ist Manfred Bischoff, der zufällig auch Aufsichtsratsvorsitzender der Daimler AG ist. Damit hat ein führendes Konzernmitglied mehr Einfluss auf die Hochschule, als alle Studierenden zusammen.

Bei einer derartigen Fremdbestimmung wundert es nicht, dass sich an der HfP so manche zweifelhafte Kuriositäten finden: Ein Wirtschaftsprofessor, der in der Vorlesung über die „faulen Griechen“ lästert. Das Lehren der Extremismustheorie – auch mal mit einem Gasthörer desjenigen Verfassungsschutzes, der die NSU-Morde ermöglichte. Das Auslegen von Bundeswehrzeitschriften in der Bibliothek. Eine Fachrichtung „Internationale Beziehungen“, in der es ganz normal ist, das heutige Weltgeschehen aus der sicherheitspolitischen Logik der NATO zu betrachten – eine Logik, die nun wieder in Syrien den Teufel mit dem Beelzebub austreiben will. So darf schon mal der Bundeswehrgeneral Klaus Reinhardt davon berichten, wie man in Somalia Krieg führt und den Kosovo besetzt. Wie sein Vater, Fritz Reinhardt, ein SA-Mann und NSDAP-Staatssekretär, machte auch Klaus Karriere im Geschäft mit dem Tod. Dafür durfte er sich in Vorlesungen von Zuhörer*innen bewundern lassen, die in bester Bundeswehr-Uniform erschienen waren. Lauter Dinge, die die HfP nicht gerade appetitlich machen.

Die Wahl des bayerischen AfD-Vorstandes Petr Bystron zum Vorsitzenden des Fördervereins reiht sich nur konsequent in diese reaktionäre Hochschulpolitik ein. Das Fehlen einer demokratischen Alternative der Studienenden und Beschäftigten führt dazu, dass die etablierten Parteien mit rechtskonservativ-nationalistischen Kräften ungestört um Einfluss ringen können. So kann die AfD als parlamentarischer Ausdruck der gesellschaftlichen Rechtsverschiebung Posten im Umfeld der HfP gewinnen. Der Nährboden, auf dem solche Rassist*innen Einfluss erringen können, ist der stinkende Sumpf aus Verbindungen zu den Landtagsparteien, dem Kapital sowie Bundeswehr und NATO. Damit die Uni uns gehört, braucht es statt Senat und Hochschulbeirat basisdemokratische Entscheidungsstrukturen der Studierenden und Beschäftigten.

Mehr zum Thema