Die EU und die Chatkontrolle

26.09.2022, Lesezeit 2 Min.
Gastbeitrag

Am 11. Mai 2022 hat die Europäische Kommission eine Verordnung für den verpflichtenden Einsatz einer Chatkontrolle durch alle Anbieter vorgestellt. Dies ist eine Folgeverordnung von der zuvor am 6. Juli 2021 mit der Mehrheit der Abgeordneten des Europäische Parlaments beschlossenen Verordnung für den freiwilligen Einsatz der Chatkontrolle durch die Anbieter. Der Grund für diese neue Überwachungsmaßnahme ist anscheinend die Strafverfolgung von Kinderpornographie.

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Diese Folgeverordnung und die mutmaßlichen Gründe dafür sind jedoch reich an Problematiken. Überwachung generell ist nicht nur reine Symptombekämpfung, sondern richtet in anderen Bereichen aktiv Schaden an. Besonders die von der EU-Kommission vorgestellte Verordnung stellt grundsätzlich alle Menschen unter Generalverdacht. Obwohl eine klare Mehrheit der befragten EU-Bürger:innen von 72 Prozent dagegen ist, wollen die Regierungen mal wieder ihr eigenes Ding durchziehen. So als gebe es nur eine Demokratie für die Machthabenden. Aber selbst auch so verstoßen sie gegen ihre eigenen Regeln. Denn nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist „die dauerhafte und flächendeckende automatisierte Analyse privater Kommunikation grundrechtswidrig und verboten“.

Natürlich sollte gegen Kinderpornographie vorgegangen werden. Eine allumfassende Chatkontrolle ist aber kein wirklich effektives Mittel dagegen. “Die Trefferquote ist dabei sehr tief: “2020 trafen bei uns rund 8000 Meldungen ein”, sagt Fedpol-Sprecher Florian Näf. “Strafrechtlich relevant waren davon zirka 14 Prozent”. 14 Prozent sind schwach. Besonders, wenn man bedenkt, dass es mithilfe von Stenographie oder manueller Verschlüsselung auch sehr leicht ist, die Chatkontrolle zu umgehen.
Vielmehr sollte man versuchen, die Seiten und Foren, wo dieses Material verbreitet wird, zu löschen. Da sieht sich das BKA aber nicht im Aufgabenbereich, wie eine Recherche von STRG-F ermittelt hat. Es existieren womöglich tausende solcher Foren, die unbeachtet stehen gelassen werden. Die Journalisten:innen von STRG_F haben für das Löschen mehrerer Terabyte an Videomaterial nur 6 Stunden gebraucht, die Polizei schafft es nicht, einen einzigen Menschen für solch eine Rolle verantwortlich zu machen.

Stattdessen wird auf EU-Ebene über eine flächendeckende Chatkontrolle gesprochen. Sollte diese Verordnung durchgesetzt werden, können auch Menschen aus politischen Gründen ausgespäht werden. Dem sind keine Grenzen gesetzt.

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