Die Cannabis-Entkriminalisierung macht Eure Kriegs- und Verarmungspolitik auch nicht besser

24.02.2024, Lesezeit 4 Min.
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Ab 1. April ist das Gras legal. Gut und überfällig, aber neben Schwachstellen des Gesetzes bleibt ein fader Beigeschmack: Krieg, Krise und Rassismus lassen sich nicht schön kiffen.

Nach über 50 Jahren Verbot ist es so weit: Der Konsum, Besitz und Anbau von Cannabis wird in Deutschland legal. Darauf einigten sich am Freitag die Ampel-Parteien im Bundestag, mit Unterstützung der LINKEN und BSW. Das Gesetz könnte im Bundesrat aber zumindest noch verzögert werden. Die Rechten aus Union, AfD und Polizeiverbänden haben monatelang Alarm geschlagen. Ihre Argumente, dass die Entkriminalisierung den Schwarzmarkt weiter antreibt und es keinen Jugendschutz mehr gäbe, sind offensichtlich Panikmache. Im Gegenteil verhindert die aktuelle Gesetzeslage eine kontrollierte Abgabe.

Die Kriminalisierung hat einen Schwarzmarkt ermöglicht, Konsument:innen Gesundheitsrisiken durch verunreinigte Produkte ausgesetzt, Jugendschutz unmöglich gemacht. Circa 200.000 Strafverfahren jährlich hatten teils absurde Folgen: Führerschein-Entzug, Hausdurchsuchungen bei kleinen Kiffern, Jobverlust. Für die Polizei stellte das Verbot eine permanente Möglichkeit dar, Jugendliche und insbesondere Migrant:innen zu schikanieren.

Die Polizeiwillkür bleibt

Damit soll nach Beschluss des Bundestages nun endlich Schluss sein – doch nur teilweise. Denn das Gesetz lässt auch weiter Spielraum für die Strafverfolgung offen. Ein Haken liegt beim Konzept der Cannabis-Klubs. Statt eine bestimmte Menge in Apotheken oder Fachgeschäften kaufen zu können, ist eine Mitgliedschaft in einem Klub nötig, um Cannabis legal zu bekommen. Vorgesehen ist die Abgabe von maximal 25 Gramm am Tag oder 50 Gramm pro Monat, ausschließlich für den Eigenkonsum. Bei 18- bis 21-Jährigen sind es maximal 30 Gramm im Monat. Wer sich eine womöglich teure Klub-Mitgliedschaft nicht leisten kann oder will, für den ist der Erwerb nach wie vor nur über illegale Weitergabe möglich.

Dieses Modell lässt der Strafverfolgung potenziell weiterhin die Türen offen. Das Kiffen wird auch in vielen Bereichen der Öffentlichkeit nicht erlaubt sein. Es ist begrüßenswert, dass nicht im Beisein von Kindern und Jugendlichen konsumiert werden soll, doch die Regelungen dürften in der Praxis zu einer Vielzahl weiterer Polizeieinsätze und Schikanen führen. Das Verbot im Umkreis von 100 Metern von Spielplätzen, Kindergärten, Schulen, Sportanlagen, Jugendeinrichtungen sowie tagsüber in Fußgängerzonen Gras zu rauchen, lässt sich gerade in dicht bebauten Gebieten kaum übersichtlich anwenden. Das Problem, das besonders für Menschen mit wenig Geld der öffentliche Raum eingeschränkt ist, könnte sich verschärfen. Anlasslose Polizeikontrollen von Migrant:innen und Obdachlosen können immer damit begründet werden, dass es sich um Sperrzonen handelt, selbst wenn gar kein Gras im Spiel ist.

Die Entkriminalisierung löst unsere Probleme nicht

Auf den vielfach kritisierten medizinischen Aspekt geht die Ampel bei der jetzigen Entkriminalisierung nur unzureichend ein. Zwar soll es neue Präventionsmaßnahmen geben. Doch gleichzeitig führt die Sparpolitik der Regierung dazu, dass Stellen in sozialen Einrichtungen, der Psychotherapie, Jugend- und Suchthilfe und dem Gesundheitswesen insgesamt nicht besetzt werden. Eine Legalisierung, die nicht gleichzeitig auch Konsument:innen in ihrem Sozialgefüge und der medizinischen Versorgung stärkt, bringt die Gefahr, entstehende Probleme auf die individuelle Ebene abzuladen.

Für die Ampel ist die Entkriminalisierung ein großer Prestigeerfolg. Sie versucht sich insbesondere bei der jüngeren Generation Beliebtheit zu kaufen. Gleichzeitig hat sie der Jugend nichts anzubieten außer prekären Arbeitsverhältnissen, Leistungsdruck und Bundeswehr an den Schulen. Eine umfangreiche Kindergrundsicherung oder ein Bürgergeld, das zum Leben reicht, gibt es nicht. In Einklang mit den Forderungen von Union und AfD werden Aufrüstung, Abschottung, Rassismus und Krieg immer mehr zur Normalität. Die Ampel macht uns mehr Probleme, als sie uns mit der Entkriminalisierung abnimmt. Wir wollen eine schöne Welt und keine, die sich nur bekifft ertragen lässt.

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