Der Sexismus sitzt tief – Kundgebung gegen sexuelle Übergriffe an der Universität Frankfurt

19.01.2018, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Zwei Studentinnen an der Universität Frankfurt waren von Übergriffen eines Dozenten betroffen. Doch vom Gleichstellungsbüro bekamen sie keine Hilfe. Gegen den tief sitzenden Sexismus haben Studierende nun eine Kundgebung organisiert.

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Studierende der Uni und der AStA rufen zu einer Kundgebung gegen Sexismus und Belästigung an der Uni auf. Anlass ist ein Fall, über den die FAZ neulich berichtet hat. !!! ES LIEGT KEINE SCHRIFTLICHE EINVERSTÄNDNIS ZUR VERÖFFENRTLICHUNG VOR. Die Aufnahme darf nur zeitnah und in dem dargestellten Zusammenhang verwendet werden. Jegliche inhaltliche Veränderung, z. B. durch Beschnitt, ist nicht zulässig, da hierfür kein Einverständnis vorliegt. Die Aufnahme darf in keinem andern Zusammenhang verwendet werden als in der Bildbeschreibung ausgeführt!!! Christoph Boeckheler 17.01.2018 TS lok copyright boeckheler 2018 Model Release: keine schriftliche oder mündliche Zustimmung der abgebildeten Person/ Personen zur Verwendung, Verbreitung oder Veröffentlichung dieser Aufnahme Property Release: keine schriftliche oder mündliche Zustimmung des Eigentümers bzw. Rechteinhabers zur Verwendung, Verbreitung oder Veröffentlichung eines auf seinem Grundstück oder von seinem Eigentum erstellten Aufnahme

Das neue Jahr begann für die Universität Frankfurt unrühmlich. Am 3. Januar veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Artikel, in dem strukturelle Probleme im Gleichstellungsbüro der Uni aufgedeckt werden. Zwei Studentinnen, die von Übergriffen eines Dozenten betroffen waren, wurden offenbar nicht nur schlecht beraten, sondern sahen sich regelrechten Droh-Szenarien seitens der Universität ausgesetzt. Dem Dozenten wurde schließlich zwar der Lehrauftrag entzogen, doch die weitere, auch juristische Aufarbeitung des Falls zieht sich lange hin – nicht zuletzt, weil das Gleichstellungsbüro hier blockiert.

Die Universität hatte auf diese Enthüllungen in denkbar unprofessioneller Weise reagiert und alle Vorwürfe von sich gewiesen. In einer Stellungnahme wird vielmehr der FAZ schlechte Recherche und den Betroffenen implizit Falschaussagen unterstellt. Nach dem Motto „Alles richtig gemacht“ verteidigt die Universitätsleitung hartnäckig das Vorgehen des Gleichstellungsbüros und spielt das Problem als vereinzelte Regelübertretungen herunter – anstatt anzuerkennen, was für alle sichtbar ist: Dass Sexismus, Übergriffe und Gewalt von Männern gegen Frauen eben keine Randerscheinungen sind sondern einen systematischen Teil der kapitalistischen Gesellschaft und Lebensweise darstellen. Auch der Täter wies alle Vorwürfe von sich, mag sich an nichts erinnern ohne und entschuldigte sich rein formal ohne jede ernste Selbstkritik.

Der Bericht und die Reaktion der Universität haben in Studierendenkreisen recht einstimmig für große Empörung gesorgt. Am 17. Januar fand nun eine Kundgebung vor dem Uni-Präsidium mit anschließender Demonstration statt, zu der der Frankfurter AStA und viele weitere Initiativen aufgerufen haben. Die Gruppe Feministische Philosophinnen hat in ihrem Redebeitrag auf die Grenzen von Emanzipationsbestrebungen im bürgerlichen System aufmerksam gemacht. Die formale rechtliche Gleichstellung allein reicht nicht aus, um strukturelle Diskriminierung zu beenden. Viel zu tief sitzen offenbar, wie im vorliegenden Fall, die Strukturen von Hierarchie und ritualisierte Praktiken von geschlechtlicher Dominanz. Viel zu leichtfertig gehen außerdem selbst in großen, öffentlichen Betrieben wie der Universität das Mundtot-Machen der Opfer und der Schutz der Täter von der Hand, als dass es sich dabei nur um Überbleibsel einer alten Zeit handeln kann.

Die Basisgewerkschaft unter_bau stellte in ihrem Redebeitrag heraus, dass es sich hier um Probleme handelt, die Arbeiterinnen und Studentinnen gleichermaßen betrifft. Die geschlechtliche Aufteilung gesellschaftlich notwendiger Arbeit zeigt sich überall an der Uni: Während die Putzeinheiten und die Kantinen zum weit überwiegenden Teil mit Frauen besetzt sind, wird der Überhang an Männern weiter oben in der Uni-Hierarchie immer größer. Die Uni gibt für 2015 einen Anteil von 75,5% an männlichen Professoren an, während nur 24,5% der Professuren mit Frauen besetzt sind. Während es für Angestellte aber zumindest grundlegende Schutzbestimmungen gibt, sind besonders Studentinnen und Hilfskräfte besonders verwundbar, wenn sie unorganisiert und abhängig von den herrschenden Strukturen sind.

Sexismus und Diskriminierung geht uns alle etwas an, weil es die Abhängigen und Abgehängten, befristet Beschäftigte und Prekarisierte besonders trifft und weil es dabei nicht nur um Sexualität, sondern um Herrschaft und die Reproduktion kapitalistischer Verhältnisse geht. Wir erklären deshalb unsere Solidarität mit den Betroffenen. Die Teilnehmer*innen der heutigen Kundgebung nehmen ihre Wut und Enttäuschung mit auf die Aktionen gegen die homophobe, transphobe und sexistische „Demo für alle“, die deutschlandweit ihr Unwesen treibt und sich für den 20. Januar in Frankfurt angekündigt hat.

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