Der Kampf gegen Rassismus ist eine Klassenfrage

15.12.2014, Lesezeit 4 Min.
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// Wie können rassistische Polizeimorde wie in Ferguson oder New York gestoppt werden? //

Am 25. November um 20:32 Uhr Ortszeit wurde der Polizist Darren Wilson, der Mörder des afroamerikanischen Teenagers Michael Brown, freigesprochen. Sieben Schüsse auf eine Person, die sich bereits ergeben hatte, waren „nicht hinreichend“ für eine Anklage. Bei einem weißen Opfer hätte das Urteil wohl anders ausgesehen, aber Brown war schwarz. Tausende gingen in dieser Nacht auf die Straße und eine Welle des Protestes durchzieht seitdem die USA.

Voller Empörung darüber verkündete Präsident Barack Obama, für Gewalt gebe es niemals eine Rechtfertigung – und meinte damit nicht etwa die Polizeigewalt, sondern die Proteste gegen Rassismus und Unterdrückung. Währenddessen erhält die Polizei zusätzlich militärische Ausrüstung.

Die Proteste haben sich nach weiteren Polizeimorden an AfroamerikanerInnen mittlerweile auf die ganze USA ausgebreitet. Angestoßen vom Mord in Ferguson, sind die Proteste mehr als nur ein punktueller Kampf für Gerechtigkeit für Michael Brown, sie sind eine Bewegung, welche die von Obama und seinen HandlangerInnen propagierte Überwindung des Rassismus in der US-amerikanischen Gesellschaft hinterfragen.

Ferguson enthüllt die tiefgreifende rassistische Spaltung der US-a­merikanischen Gesellschaft besonders. In den Gefängnissen der USA sind 37% der InsassInnen afroamerikanisch, bei einem Anteil von 12,6% in der Gesamtbevölkerung. Nach 50 Jahren der Versprechungen von Integration ist die Spaltung der Gesellschaft lange nicht überwunden. Heute wird alle 28 Stunden einE AfroamerikanerIn von der Polizei oder von privaten Sicherheitskräften ermordet. 99,9% dieser Fälle enden mit dem Freispruch der Poli­zistInnen.

Das ist erschreckend, aber keine Überraschung. Erstens arbeiten die Staatsanwaltschaften jeden Tag mit der Polizei zusammen, um an Informationen für ihre Fälle zu gelangen. Dieses Verhältnis will die Justiz nicht gefährden. Noch weniger möchten die KapitalistInnen dieses Verhältnis in einer Krise erleben, wo sie doch ihr Privateigentum von Polizei und Justiz verteidigen lassen. Zweitens zeigen Umfragen, dass Weiße viel eher der Polizei vertrauen, als AfroamerikanerInnen. Eine Jury mit einer weißen Mehrheit, wie im Fall von Michael Brown, entscheidet verlässlich für die Polizei. Deshalb muss der Fall von einer Jury von gewählten VertreterInnen von AfroamerikanerInnen übernommen werden, die sich aus ArbeiterInnen und Jugendlichen zusammen setzt. Außerdem müssen die politisch Verantwortlichen in Ferguson und Washington sofort zurücktreten.

Aber Rassismus ist nicht einfach ein moralisches Problem. Vorurteile in den Köpfen der Menschen existierten zwar, es ist jedoch wichtig zu sehen, dass Rassismus in der Geschichte der USA (und vieler anderer Länder) eine bedeutende Rolle gespielt hat: früher, um SklavInnen unterdrückt zu halten, heute, um die ArbeiterInnenklasse zu spalten. Der Kampf gegen Rassismus ist eine Klassenfrage. Weiße und afroamerikanische ArbeiterInnen bei Walmart haben viel mehr gemeinsam, als zum Beispiel mit Obama. Die ersten beiden werden ausgebeutet, die afroamerikani­schen ArbeiterInnen sogar noch stärker. Beide haben ein Interesse daran, diese Ausbeutung zu überwinden. Obama dagegen handelt nur im Interesse derjenigen, die ausbeuten.

Das gleiche passiert bei lateinamerikanischen ArbeiterInnen, welche die größte prekär be­schäftigte Kraft auf dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt sind. Der Kampf gegen Polizeigewalt, für das Recht, sich für bessere Löhne zu organisieren, muss durch alle diese Unterdrückten gemeinsam organisiert werden. Denn dann sind sie nicht nur in der Überzahl, dann haben sie auch die Macht, etwas zu verändern. Dazu müssen sie sich unabhängig von allen Handlangern der KapitalistInnen selbst organisieren und in ihren Gewerkschaften für einen politischen Generalstreik kämpfen, der die Forderungen der Bewegung durchsetzt.

Deshalb ist es besonders spannend, dass es bei den großen Protesten vor über 1.600 Wal­mart-Filialen beim „Black Friday“, wo ArbeiterInnen gegen niedrige Löhne und für gewerkschaftliche Organisierung protestierten, zu einer Einheit mit DemonstrantInnen der Ferguson-Proteste kam. Gemeinsam demonstrierten sie auch gegen Polizeigewalt. In die Institution der Polizei darf es keinerlei Vertrauen geben. Die Polizei wird von einem Staat, der im Interesse der KapitalistInnen handelt, bezahlt. Sie ist direkt von ihm abhängig und wird deshalb auch immer im Interesse der KapitalistInnen handeln, wird immer rassistisch handeln. Die jüngsten Ereignisse beweisen das. Deshalb brauchen die Jugendlichen und ArbeiterInnen Selbstverteidigungskommitees gegen die Polizei und gegen bewaffnete, rassistische SchlägerInnentrupps. Eine Gesellschaft, die frei von Rassismus ist, müssen sich alle Unterdrückten gemeinsam erkämpfen.

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