CSU-Generationenwechsel in Bayern?

08.11.2017, Lesezeit 4 Min.
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Die Junge Union Bayerns will Ministerpräsident Horst Seehofer zugunsten von Markus Söder abschießen. Damit könnte sie einen Generationenwechsel anstoßen, der auch Merkels Macht bröckeln lässt.

Horst Seehofer hat sich einen Ruf als Wendehals erworben. Verbal schoss er in den vergangen beiden Jahren gerne gegen Kanzlerin Angela Merkel. Seine beliebteste Forderung nach Berlin: Obergrenzen für Geflüchtete. Doch gleichzeitig stand er immer in der staatstragenden Verantwortung, die Koalition nicht platzen zu lassen. Taten gegen Merkel folgten somit nicht.

Dies bescherte der CSU mit 38,8 Prozent das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit 1949. Dafür holte die bayerische AfD 12,4 Prozent – mehr als in jedem anderen westdeutschen Bundesland. Für die Landtagswahlen im Herbst 2018 ist die absolute Mehrheit der CSU in Gefahr. Dementsprechend ließen auch die Rücktrittsforderungen gegen Seehofer nicht lange auf sich warten, direkt nach der Wahl ausgesprochen aus dem Umfeld von Finanzminister Markus Söder. Die erste Angriffswelle konnte Seehofer noch abwehren. Die CSU-Fraktion im Landtag stimmte Ende September zu, Personaldebatten erst nach Ende der Sondierungsgespräche zwischen Schwarz-Gelb-Grün zu führen.

Söder in Lauerstellung

Nun sind die Sondierungen in die entscheidende Phase getreten, doch die Junge Union (JU) Bayerns hat auf ihrer Landesversammlung am Wochenende in Erlangen bereits mehrheitlich für Seehofers Rücktritt gestimmt. In dem Antrag heißt es:

„Für einen Erfolg bei der Landtagswahl im kommenden Jahr braucht es einen glaubwürdigen personellen Neuanfang.“

Während Seehofer der JU kurzfristig absagte, um in Berlin zu sondieren, nutzte Konkurrent Söder die Gunst der Stunde für seinen Auftritt vor der Parteijugend. Ein Bild wie gemalt, um die derzeitige Stimmung in Teilen der CSU-Basis zu einzufangen: Während der angeschlagene Seehofer mit Merkel, Lindner und Özdemir in Berlin Kompromisse aushandelt, wirbt der Nachwuchs in Erlangen auf Plakaten: „#Markus2018“. Söder steht mit einem lausbübischen Grinsen daneben.

Nach den Bundestagswahlen wurde bald klar, dass es komplizierte Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen werden würden. Seehofer ging von Anfang an mit der Obergrenze für Zuwanderung als wichtigster Forderung in die Verhandlungen. Eine Forderung, die das Wegbröckeln der CSU nach rechts nicht verhindern konnte. Merkel ließ sich nun formell erstmals darauf ein, doch ob Seehofers Wunsch in den Koalitionsverhandlungen bestehen bleibt und insbesondere ob er politisches Kapital daraus schlagen kann, ist noch völlig offen.

Dass eine nach rechts gerichtete Politik der AfD nicht das Wasser abgraben kann, musste nicht nur Seehofer, sondern auch Stanislaw Tillich erkennen. Der Ministerpräsident Sachsens, eines der konservativsten CDU-Länder, musste seinen Hut nehmen, nachdem die dortige CDU bei der Bundestagswahl nach Zweitstimmen sogar hinter der AfD landete. Als Nachfolger schlug er den gerade mal 41-jährigen Michael Kretschmer vor, der als Rechtsaußen und Kritiker Merkels gilt.

„Die Zeit ist reif“

Kommt nun in Bayern mit Söder der nächste Querulant? Inhaltlich steht er wie Seehofer für eine repressive Politik gegenüber Geflüchteten, beherrscht aber das populistische Element noch etwas besser. Die Kanzlerin würde es mit ihm in Bayern sicherlich nicht leichter haben als mit Seehofer – zumal sich Söder noch beweisen müsste. Das Motto „Bayern vor Berlin“ könnte zumindest verbal noch stärker in den Vordergrund treten.

Mit der Forderung nach einem Ministerpräsidenten Söder macht sich die JU stark für einen Generationenwechsel. „Die Zeit ist reif“ stand beim Parteitag auf einigen ihrer Plakaten. In Sachsen und nun auch in Bayern wackeln die Unionsparteien, durchgeschüttelt von internen Machtkämpfen und der Furcht vor der AfD. Damit schmilzt auch Merkels Rückhalt in den Landesverbänden langsam dahin. Noch gibt es keine parteiinternen Konkurrent*innen, die sie herausfordern könnten. Aber die Frage eines Generationenwechsels wird in einigen Jahren auch auf Bundesebene ankommen. Die Beispiele der jungen Politiker Sebastian Kurz in Österreich und Emmanuel Macron in Frankreich mit ihrem personalisierten Stil zeigen, wie eine Erneuerung auf reaktionärer Grundlage aussehen könnte.

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