Brasilien: Antikapitalistische Kandidaturen bei den Kommunalwahlen im Oktober

12.08.2016, Lesezeit 5 Min.
1

Im kommenden Oktober werden in Kommunalwahlen Bürgermeister*innen, Vize-Bürgermeister*innen und Stadträte gewählt. Die Revolutionäre Arbeiter*innenbewegung (MRT) wird mit antikapitalistischen Kandidat*innen in wichtigen Städten antreten.

Bei den Kommunalwahlen im Oktober wird zum ersten mal auf Grundlage der im September 2015 veränderten Wahlgesetzgebung gewählt. Diese war der erste Teil einer von der Regierung angekündigten Reform des politischen Systems.

Noch undemokratischer als gewöhnlich

Diese Veränderung schränkt das Recht auf finanzielle Unterstützung ein. Sie ist die einzige legale Quelle der Finanzierung neben den Spenden von Einzelpersonen. Außerdem wird die Werbezeit in Radios und im Fernsehen für diejenigen Parteien verkürzt, die keine Sitze in mehr als zehn Prozent der Kommunen in mindestens 14 Provinzen haben. Das betrifft vor allem die linken Parteien wie die PSTU, die PCO und die PCB.

Des weiteren werden alle Parteien mit weniger als neun Abgeordneten aus der TV-Wahldebatte ausgeschlossen, was sowohl die linksreformistische Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL) als auch eine Reihe bürgerlicher Parteien betrifft. Die MRT hat durch die linke Nachrichtenseite Esquerda Diário eine demokratische Kampagne gestartet, um allen Kandidaturen die Beteiligung an der TV-Debatte zu gewähren.

Gute Chancen für die PSOL

Nach dem Wahlkalender finden vom 20. Juli bis zum 5. August die Parteitage statt, auf denen die Kandidat*innen festgelegt werden.

Am 24. Juli fand in Porto Alegre im Bundesstaat Rio Grande do Sul die Vorstellung der PSOL-Kandidatin Luciana Genro für das Amt der Bürgermeisterin in dieser wichtigen Stadt statt. An dieser Veranstaltung nahmen 700 Menschen teil, ein Großteil von ihnen Aktivist*innen der PSOL, aber auch Arbeiter*innen, Aktivist*innen der sozialen Bewegungen und Mitglieder anderer politischer Organisationen waren anwesend. Die Vorstellung wurde deshalb von Debatten über die Bündnisse, die die ehemalige Abgeordnete Genro mit zahlreichen rechten Parteien schmiedet, geprägt.

Ungeachtet der möglichen Allianzen und den politischen Positionen von Luciana Genro hat die PSOL eine große Reichweite erlangt und kommt in den Umfragen in verschiedenen wichtigen Städten auf den zweiten und dritten Platz. Dazu zählen Porto Alegre, Rio de Janeiro, São Paulo und Belém. Dieser Aufstieg ist sowohl Ausdruck der Repräsentationskrise der traditionellen Parteien der brasilianischen Bourgeoisie, als auch des Linksrucks eines Teils der Wähler*innenschaft der Arbeiterpartei (PT), der eine Erfahrung mit dieser Partei gemacht hat und neue Alternativen auf der linken Seite des politischen Spektrums sucht.

Antikapitalistische Kandidat*innen

In Brasilien besteht keine Möglichkeit für unabhängige Kandidat*innen, sich zur Wahl zu stellen, da dieses Recht nur den von politischen Parteien nominierten Kandidat*innen zu steht. Dazu kommt hinzu, dass die undemokratische Wahlgesetzgebung die Legalisierung kleiner politischer Parteien erschwert, was besonders linke Organisationen betrifft.

Die Revolutionäre Arbeiter*innenbewegung (MRT), Schwesterpartei von RIO in Brasilien, wird trotzdem einige Kandidat*innen stellen. In der demokratischen Tradition der Linken haben Parteien wie die PSTU und die PSOL, die in weniger restriktiven Zeiten ihre Legalität erlangten, der MRT einige Plätze zugestanden.

Eine dieser Kandidaturen, die schon von dem Parteitag der PSOL in São Paulo verabschiedet wurde, ist die von Diana Assunção, Anführerin der Gewerkschaft der Arbeiter*innen der Universität von São Paulo, als Stadträtin von São Paulo. Schon kurz darauf bekam die Kandidatur von Assunção wichtige Unterstützungsbotschaften, wie die des bekannten Soziologen Ricardo Atunes, der sagte, dass

„die Rechte der Arbeiter*innen werden zerstört, wenn die sozialen Bewegungen der Gewerkschaften, der Parteien, der Bewegungen in der Peripherie, keinen Widerstand leisten. Es ist wichtig, dass die parlamentarische Repräsentation direkt mit diesen sozialen Kämpfen verbunden ist. Diana hat in den letzten Jahren bewiesen, dass ihr Aktivismus für den Sozialismus, die Gewerkschaftsbewegung oder für den feministischen Kampf sie zu einer wichtigen Kandidatin macht.“

Gleichzeitig zur Bekanntgebung der Kandidatur von Assunção findet ein harter Streik der Beschäftigten der Universität von São Paulo im Rahmen eines großen Kampfes von Lehrer*innen, Nicht-akademischen Beschäftigten, Studierenden und Schüler*innen im ganzen Land in Verteidigung der öffentlichen Bildung.

Des weiteren werden für die MRT die Lehrerin Maíra Machado für den Industriebezirk Santo André, Carolina Cacau in Rio de Janeiro, Flávia Valle in Contagem und Danilo Magrão in Campinas antreten.

Die antikapitalistischen Kandidaturen der MRT, die in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #UmaVozAnticapitalista zu finden sind, vertreten eine unabhängige Politik von den Parteien der Borgeoisie, sowohl von der putschistischen Rechten wie von der PT. Sie wollen ein Sprachrohr für die Arbeiter*innen, die Jugend, die Schwarzen und die sexuelle Vielfalt bei den kommenden Kommunalwahlen sein.

Mehr zum Thema