Bolivien: Gründung einer neuen Partei

14.04.2013, Lesezeit 3 Min.
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Am 7. und 8. März fand in Bolivien – mit mehr als 1.300 Delegierten aus 100 Organisationen – der Gründungskongress der ArbeiterInnenpartei (PT) statt. Dies markiert einen großen Schritt hin zum Eintritt der bolivianischen ArbeiterInnenbewegung in die Politik, auf der Grundlage einer vom Kapital unabhängigen Organisation und verwurzelt in der Gewerkschaftsföderation COB.

Die politische Situation in Bolivien hat sich gewandelt: Wurde Präsident Evo Morales früher von vielen als Hoffnungsträger gesehen, hat sich die bolivianische ArbeiterInnenbewegung inzwischen in eine Konfrontation mit der Regierung begeben. Davon ist die neue ArbeiterInnenpartei ein Ausdruck. Ihr Programm zeigt ihr Potential: Die Verstaatlichung ohne Entschädigung der Banken, des Bergbaus und aller natürlichen Ressourcen, die Enteignung des Großgrundbesitzes, die Öffnung der Geschäftsbücher und die kollektive ArbeiterInnenkontrolle sind Teil des Programms.

Unsere bolivianische Schwesterorganisation LOR-CI hat die Gründung dieser Partei begrüßt und setzt ihre gesamte Kraft ein, damit sie eine möglichst progressive Ausrichtung erlangt. Trotzdem hat sie klar gemacht, dass schon zu Beginn große Gefahren der Bürokratisierung dieser Partei existieren: Ein Teil der COB-Führung ist regierungstreu und sabotiert die Gründung der Partei; ein anderer Teil strebt eine reformistische Partei ähnlich der brasilianischen PT an; der dritte will zwar eine klassenkämpferische Partei und lässt sich durch die fortschrittlichsten Teile der bolivianischen ArbeiterInnenklasse, wie die BergarbeiterInnen von Huanuni, unter Druck setzen, fürchtet sich aber vor einer zu großen Radikalisierung der Partei.

Diese Konfliktstellung zeigte sich dann auch beim Gründungskongress, wo die Bürokratie versuchte, die Mobilisierung zum Kongress zu behindern, die programmatischen Dokumente zu verwässern und die Führung der neuen Partei zu bürokratisieren. Die LOR-CI verteidigte demgegenüber gemeinsam mit den BergarbeiterInnen die Notwendigkeit der Klassenunabhängigkeit sowie der vollständige Tendenzfreiheit. Der Kongress wählte eine Übergangsleitung, die einen neuen Parteikongress vorbereiten soll. Die LOR-CI ruft dazu auf, kein Vertrauen in diese Leitung zu setzen und dagegen zu kämpfen, dass die Gewerkschaftsbürokratie nachträglich das Programm verwässert.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist die aktuelle Tarifauseinandersetzung zwischen der COB und der Regierung, welche einen ersten Ansatzpunkt dazu bildet, die Trennung von gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen zu überwinden und die ArbeiterInnenpartei zu einem wirklichen Instrument für die Forderungen der ArbeiterInnen zu verwandeln.

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