Avatar 2: Ein Kriegsfilm für die ganze Familie

03.02.2023, Lesezeit 5 Min.
1
Quelle: OfficialAvatarMovie / flickr.com

Der neue Avatar-Film ist nicht nur rassistisch, er ist auch ein Ausdruck des militaristischen Zeitgeistes. Eine Filmkritik.

Wenn James Cameron einen neuen Film macht, muss man sich auf Effekthascherei einstellen. 13 Jahre lagen zwischen dem ersten Teil von Avatar und dem Nachfolger. Die Fans wurden damit vertröstet, dass es einen großen Sprung in der 3D-Technik geben werde. Sicherlich ist diese mittlerweile ausgereifter, die dreidimensionalen Bilder kommen mit modernster IMAX-Technik wirklich toll zur Geltung. Dadurch, dass der Film zu einem guten Teil unter Wasser spielt, sollen die Zuschauer:innen vor allem durch die 3D-Effekte das Gefühl bekommen, selbst die Protagonist:innen zu sein. Während man im ersten Drittel des Films das Gefühl hat, einen endlos langen Imagefilm für die Schönheit dieses Planeten zu sehen, befindet man sich anschließend mitten in einem imperialistischen Krieg um dessen Rohstoffe. Allerdings machen krasse Effekte noch keinen guten Film aus und darin liegt auch das Problem von Avatar “The Way of Water” begraben.

Der Film ist trotz seiner Dauer nicht nur sprunghaft erzählt, sondern, wie auch der erste Film, sehr oberflächlich. Viele gesellschaftliche Themen werden nur angeschnitten. Die Prämisse des Films ist eine ungelöste Rohstofffrage auf der Erde, die die Menschen dadurch bewältigen wollen, dass sie mit den Rohstoffen fremder Planeten das kapitalistische Wachstum sichern. Also starten sie eine Invasion auf Pandora, dem Planet, auf dem der Film spielt. Die Klimafrage soll nicht durch Nachhaltigkeit, sondern durch Expansion auf andere Planeten gelöst werden. Man könnte die gezeigte imperialistische Invasion der Menschen ohne Zweifel als Elon Musks feuchten Traum beschreiben.

Ist Avatar 2 rassistisch?

Unter dieser Invasion leiden vor allem die einheimischen Na’vi, eine intelligente Spezies, die in Stämmen organisiert ist. Die Klassengesellschaft bildet sich also noch voraus. Vorherrschend sind insbesondere Naturreligionen, die der Film ohne Frage verherrlicht. Dabei steht vor allem die Familie um Jake Sully im Vordergrund, die im ersten Teil die Menschen zurückschlägt, aber schon zu Beginn des zweiten Teils bei einer erneuten Invasion die Flucht ergreifen muss. Die darauf folgende “Integration” besteht passend zum konservativen US-Mainstream darin, dass sich Sullys Familie einem anderen Stamm unterordnet und dessen Regeln akzeptiert. Diese Stämme, die man im Verhältnis zur imperialistischen Invasion der Menschen allerdings gewissermaßen als Symbol für rassistisch unterdrückte Minderheiten sehen kann, werden extrem schlecht dargestellt. Avatar bedient sich wild an Symbolen von nicht-weißen Menschen – z.B. Dreadlocks oder Federschmuck – und beraubt sie ihrer ursprünglichen Bedeutung. Es wird zudem überhaupt nicht in Frage gestellt, dass dort eine Klassengesellschaft existiert und die Dorfbewohner:innen ein soziales Interesse daran haben, sich selbst zu organisieren und die Dörfer demokratisch zu verwalten. Ausgehend davon hätten sie auch die Basis der Menschen – die kein materielles Interesse an der Ausbeutung des Planeten haben – auf ihre Seite ziehen können, wie es im ersten Teil teilweise passiert ist. Aber durch die Linse des Regisseurs James Cameron sind nicht-weiße Menschen von Natur aus so, dass sie bereitwillig für ihre Herrscher:innen in den Tod gehen. Eine unglaublich rassistische Darstellung, die dazu geführt hat, dass Native Americans zum Boykott des Films aufgerufen haben.

Ist der imperialistische Krieg unausweichlich?

Die Klassenfrage wird weder bei den Na’vi, noch bei den Menschen gestellt. Die Soldat:innen, die massenweise ums Leben kommen, akzeptieren die Befehle der Offiziere ohne Widerworte. Die Möglichkeit, dass es einen sozialen Widerspruch zwischen den Menschen gibt, wird vollkommen ausgelassen. Aber auch unter den Stammesführer:innen der Na’vi gibt es gar keine Vision, die Menschen anhand der Klassenlinie zu spalten, sondern die Stammesführer setzen auf individuellen Terror und Guerillataktiken. So entfällt überdies die Möglichkeit, eine revolutionäre Politik auf Basis der Zusammenarbeit der Na’vi und der proletarischen Teile der Menschen zu machen, die für die Niederlage des Imperialismus eintritt. Die Invasion Pandoras ist also unausweichlich und in der Logik des Films existiert keine andere Antwort als der offene Krieg. Avatar 2 fokussiert sich dabei stark auf die bürgerliche Kleinfamilie Sullys, die im Zentrum des Widerstands steht. Fast zwei Stunden lang sieht man die Na’vi gegen die Menschen kämpfen. Viel zu erzählen gibt es hierbei nicht. Mit ein bisschen Effekthascherei und ein paar Rührseligkeiten soll den Zuschauer:innen der Krieg schmackhaft gemacht werden. Dabei trifft der Film den Zeitgeist der Aufrüstung, die wir mit der Zeitenwende aktuell erleben, ziemlich gut. Es gibt keine Alternative zum Krieg und deshalb müsse man nunmal “die Guten” aufrüsten.

Der Film ist ein Abbild unserer Zeit, indem er skizziert, dass wir langsam aber sicher auf imperialistische Kriege zusteuern, ohne die Ursachen tiefer zu beleuchten. Trotzdem können kritisch denkende Zuschauer:innen schon zu dem Schluss kommen, dass es einen gemeinsamen Kampf der lohnabhängigen Menschen und der Unterdrückten gegen die imperialistische Invasion geben muss. Der totale Krieg darf nicht unsere Zukunft werden. Wir sind im Vergleich zum Film keine Opfer einer schlecht erzählten Geschichte, die immer nur schlimmer wird, sondern wir können selbst handeln und politisch kämpfen. Insofern ist es aktuell umso wichtiger zu betonen, dass es für den Kampf gegen die Kriege zentral ist, eine antiimperialistische und antimilitaristische Jugend- und Arbeiter:innenbewegung aufzubauen, die sich gegen die kommenden kriegerischen Ambitionen des deutschen Imperialismus wehren kann.

Mehr zum Thema