Argentinien: CGT ruft nach Druck von unten zu einem neuen landesweiten Streik auf

14.04.2024, Lesezeit 9 Min.
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Foto: La Izquierda Diario

Angesichts der historischen antisozialen Angriffe der ultrarechten Regierung von Javier Milei und der zunehmenden Repression gegen soziale Proteste hat die wichtigste Gewerkschaftszentrale CGT zum für den 9. Mai endlich zu einem zweiten landesweiten Streik aufgerufen.

Nach monatelangen Spekulationen und leeren Worten hat die wichtigste argentinische Gewerkschaftszentrale CGT endlich zu einem neuen landesweiten Streik aufgerufen. Er wird am 9. Mai, also in knapp einem Monat, stattfinden. Auch am 1. Mai wird es eine Mobilisierung geben. Die bürokratische Führung der CGT hat diese Entscheidung jedoch nicht aus freien Stücken getroffen. Man kann im Gegenteil sagen, dass der Streik ihnen von unten aufgezwungen wurde, durch jeden Kampf der letzten Monate, durch die tägliche Wut gegen die Angriffe der Regierung, durch jede Forderung, jeder Demo, bei der „Einheit der Arbeiter:innen“ und „Generalstreik“ gerufen wurde.

Um die laufenden Kämpfe zu einer großen Kampfmaßnahme zu vereinen, müssen die Arbeiter:innen diesen Streik in ihre eigenen Hände nehmen. Um sicherzustellen, dass das ganze Land lahmgelegt wird und die Arbeiter:innen aktiv daran teilnehmen, und dass der Streik er zum Beginn eines ernsthaften Kampfplans wird, bis die Sparmaßnahmen der Regierung und die Angriffe der Bosse zurückgeschlagen sind. Dazu braucht es Versammlungen in jedem Betrieb, damit alle Kolleg:innen ernsthaft über den Streik, die Ziele und die Art der Beteiligung diskutieren können. Damit die Teilnahme am Streik eine bewusste und kollektiv diskutierte Entscheidung ist.

Es ist sehr wichtig, dieses Mal dafür zu sorgen, dass die Transportarbeiter:innen den Streik stärken. Beim letzten landesweiten Streik am 24. Januar ist dies nicht geschehen, weil die Bürokratie der Verkehrsgewerkschaften und die Führung der CGT festgelegt hatten, dass bis 19 Uhr der normale Betrieb gewährleistet werden soll. Das erschwerte sowohl die Beteiligung am Streik als auch an der darauffolgenden Demonstration. Wenn es eine Demonstration gibt – und es muss eine geben –, sollten die Transportarbeiter:innen über einen Plan diskutieren, der eine massive Mobilisierung garantiert, aber nicht die Kampfmaßnahme schwächt.

Es ist notwendig, über die Ziele des Streiks zu diskutieren. Es muss verhindert werden, dass sich das wiederholt, was nach dem 24. Januar geschah. Damals versuchte die CGT, den Streik zu nutzen, um mit der Regierung zu verhandeln. So schenkte die CGT Milei kostbare Monate des Waffenstillstands – entgegen der Stimmung breiter Teile der Arbeiter:innen und der Bevölkerung, die den Kampf fortsetzen wollten, was sich in den großen Mobilisierungen vom 8. und 24. März zeigte. Dieser zweite landesweite Streik muss der Ausgangspunkt für einen Kampfplan sein, der sich ausweitet. Denn es ist notwendig, die Kürzungen jetzt zurückzuschlagen. Und nicht, über sie zu verhandeln.

Auf einer Pressekonferenz teilte der Co-Vorsitzende der CGT, Héctor Daer (Gesundheit), mit, dass man sich auch darauf geeinigt habe, die Mobilisierung am 23. April „zur Verteidigung der öffentlichen Universität angesichts der Finanzierungskrise“ zu begleiten und am 1. Mai eine Demonstration zu veranstalten, bei dem ein Dokument über „das Land, das wir planen“ verlesen werden soll. Auf Fragen von Journalist:innen stellte er jedoch klar, dass es sich um einen Streik „ohne Mobilisierung“ handeln werde, wobei er nicht präzisierte, ob der Streik auch den Verkehr einschließen werde.

Er bezog sich auch auf die Entlassungen im öffentlichen Dienst, ohne aber scharf anzuprangern, dass mehr als 10.000 Familien ohne Abfindungen auf die Straße geworfen wurden. Er fügte hinzu, dass „es nicht so ist, dass wir uns weigern, [mit der Regierung] zu diskutieren und einen Weg zur Senkung der Inflation zu finden“, „was wir nicht tun können, ist, alles freizugeben“, sagte er in Bezug auf die Verbraucherpreise, „und so zu tun, als ob die Löhne in den Diskussionen Grenzen hätten“.

Das Treffen mit der Regierung am Mittwoch bezeichnete Daer als „positiv“, da „es vorher keinen Dialog gab und wir vorgeladen wurden“. Verschiedene Medien berichteten, dass zu den Punkten, die bei diesem Treffen mit der Regierung besprochen wurden, die Verhandlungen über eine Arbeitsreform gehörten – ein eindeutig arbeiter:innenfeindliches Projekt, das darauf abzielt, die in großen Kämpfen erkämpften historischen Arbeiter:innenrechte abzuschaffen. Daher können wir uns auf die bürokratischen Führungen der Gewerkschaftszentralen wie der CGT nicht verlassen.

Wir müssen für den Sieg aller Kämpfe in den Streik treten. Um die Wiedereinstellung aller Entlassenen im Staat, im Baugewerbe, bei GPS-Aerolineas Argentinas und in den verschiedenen Industriesektoren durchzusetzen. Um die Bosse zu besiegen, die die Krise ihrer Unternehmen auf dem Rücken der Arbeiter:innenklasse abladen, und um Löhne und Renten zu verteidigen.

Der Streik ist auch ein Mittel, um gegen das Omnibusgesetz und das Mega-Dekret DNU 70/23 zu kämpfen, das dank der kollaborierenden Opposition und der Untätigkeit des Peronismus immer noch in Kraft ist. Diese beiden Gesetze, die die Grundrechte der Arbeiter:innenklasse und der durch die Krise ruinierten armen und mittleren Schichten angreifen, müssen gekippt werden. Deshalb ist es auch notwendig, von der CGT einen landesweiten Streik und eine Mobilisierung an dem Tag zu fordern, an dem die Regierung im Nationalkongress über dieses Gesetz im Dienste der Profite des Großkapitals abstimmen lassen will.

Am 9. Mai ist auch Widerstand gegen die Erhöhung der Preise für Strom, Gas, Wasser und Transport nötig, die die arme Mehrheit ins Elend stürzen und gleichzeitig die mit der politischen Macht befreundeten Unternehmer:innen bereichern. Gleichzeitig muss der Streik ein Instrument des Kampfes gegen die Repression und Verfolgung durch Sicherheitsministerin Bullrich und die Regierung sein, angefangen mit der Abschaffung des schädlichen repressiven Protokolls, das den sozialen Protest kriminalisiert.

Um den landesweiten Streik vorzubereiten, gilt es, jeden der laufenden Kämpfe in diesem Monat zu verstärken. Begonnen mit dem vergangenen Freitag, dem 12. April, um die Nachbarschaftsversammlungen, kämpferischen Gewerkschaften, sozialen Organisationen und die Linke zu unterstützen, gegen die Entlassungen in staatlichen Unternehmen, bei GPS-Aerolíneas und in anderen Sektoren, sowie gegen die Kürzungen in den Suppenküchen und bei den Sozialplänen zu kämpfen.

Die Regierung hat in ihrer Reaktion auf den Protest am 12. April gezeigt, was ihre Perspektive ist: noch mehr Repression. Mit einem enormen Polizeiaufgebot wollten sie jeglichen Protest verhindern und kesselten fast 1.000 Arbeiter:innen, Studierende, Frauen und Mitglieder der Nachbarschaftsversammlungen. Ebenso kesselten sie mehrere nationale Abgeordnete der Front der Linken und der Arbeiter:innen (FIT), darunter Nicolás del Caño, Myriam Bregman und Christian Castillo.

Darüber hinaus braucht es für den 23. April einen massiven nationalen Universitätsmarsch im ganzen Land , bei dem die Forderung gegen die Anpassungen im Bildungswesen mit dem Kampf gegen das Omnibusgesetz und das Mega-Dekret verbunden werden müssen.

Die Stadtteilversammlungen, die kämpferischen Gewerkschaften und die Linke fordern seit dem Streik vom 24. Januar einen landesweiten Streik und einen Kampfplan. Zugleich sind vor allem sie es, die die Organisation und den Kampf aufrecht erhalten. In diesem Rahmen haben sie bereits damit begonnen, ein Treffen von Arbeiter:innen und Arbeitslosen, Stadtteilversammlungen und kämpfenden Sektoren zu organisieren. Das Datum wird der 27. April sein. Sie werden sich zur Plaza de Mayo begeben, um die derzeitigen Anpassungen anzuprangern und eine Agenda für die Entwicklung einer demokratischen Organisation von unten und der Koordination zu diskutieren. Dieses Treffen wird auch Teil des Kampfes sein, um einen großen landesweiten Streik am 9. Mai zu garantieren.

Wie unsere Genoss:innen der Partei Sozialistischer Arbeiter:innen (PTS) sagen: „Es ist von jetzt an notwendig, sich von unten in Versammlungen an jedem Arbeitsplatz, an jedem Studienort und in jeder Nachbarschaft zu organisieren, wie es die Stadtteilversammlungen tun. Sich in demokratischen Gremien zu koordinieren und so auch mehr Kraft zu haben, um jeden Kampf zu unterstützen und gegen die Bürokratie zu kämpfen. Auf diese Weise wollen wir den Kampf für einen anderen Ausweg eröffnen. Ein Ausweg, der mit der Feststellung beginnt, dass das Geld für Löhne, Bildung, Gesundheit, Wissenschaft, Renten da ist, sich aber heute vom Großkapital und Finanzkapital angeeignet wird. Deshalb braucht es einen Bruch mit dem IWF, die Nichtbezahlung der Schulden und die Verstaatlichung der Banken. Angesichts der Tariferhöhungen brauchen wir die Verstaatlichung und Enteignung des gesamten Energiesystems unter Arbeiter:innenkontrolle. Das ist für uns Teil eines Gesamtprogramms, um die Kapitalist:innen für die Krise zahlen zu lassen und eine Regierung der Arbeiter:innen und der armen Massen durchzusetzen. Eine Arbeiter:innenregierung, die die Herrschaft der ‚Eigentümer des Landes‘ in Frage stellt und die Reorganisation der Gesellschaft gemäß den Bedürfnissen der großen Mehrheiten und nicht des kapitalistischen Profits beginnt. Das bedeutet auch, dass wir in der Hitze des Gefechts darauf setzen, eine sozialistische politische Kraft der Arbeiter:innen aufzubauen. Wir dürfen nicht in die Fallen des Peronismus zu tappen, der während seiner Regierungen gescheitert ist und selbst Kürzungen durchgeführt hat und 41,7 Prozent Armut hinterließ. Heute setzt der Peronismus darauf, den Plan von Milei durchgehen zu lassen und dann ‚zurückzukehren, um die verarmten Ruinen des Landes zu verwalten.“

Dieser Artikel basiert auf der Übersetzung eines am 12. April 2024 auf Spanisch bei La Izquierda Diario erschienenen Artikels.

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