Ampelkoalition: Massenhaft Abschiebungen statt Bleiberecht

15.09.2022, Lesezeit 4 Min.
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Bild: Marco Brás dos Santos

Zwei krasse Einzelfälle, die eigentlich keine sind.

Am 13.09.2022 sollte Mohammad K. in seiner Wohnung in Leipzig festgenommen und abgeschoben werden. Die sächsische Polizei versuchte zusammen mit SEK-Einsatzkräften die Wohnung zu stürmen, während sich Mohammad aus Angst vor der Abschiebung selbst verletzte und versuchte sich das Leben zu nehmen. In einem Moment der Unachtsamkeit wurde der schwerverletzte Mohammad überwältigt und nach Diskussionen der Nachbar:innen und Freund:innen mit der Polizei letztendlich in die Notaufnahme des Uniklinikums Leipzig gebracht.

Erst genau eine Woche vorher, am 06.09.2022 in Leipzig musste Bakary, ein Mann aus Gambia, wegen eines versuchten Diebstahls seiner Tasche die Polizei rufen. Die Polizei behandelte den Fall, bei dem die Täterin mehrfach rassistisch wurde als Randproblem, denn bei der Ausweiskontrolle wurde festgestellt, dass Bakary keinen gemeldeten Wohnsitz hat und zuletzt in einer Geflüchtetenunterkunft in Reutlingen gemeldet war. Die Polizei widmete sich 12 Minuten dem Fall des Diebstahls und 37 Minuten nur noch der Frage über den ungeklärten Aufenthaltsstatus von Bakary. Aktuell ist noch immer unklar, ob und welche Dokumente Bakary besitzt. Glücklicherweise wurde er nicht festgenommen und kann sich den rechtlichen Angelegenheiten nun mithilfe von solidarischen Jurist:innen widmen.

Doch weder der Fall von Mohammad noch der Fall von Bakary sind Einzelfälle. Zeitgleich mit Bakarys Fall fanden am selben Tag Sammelabschiebungen von Frankfurt nach Gambia und von München nach Pakistan statt. Und es sind noch einige weitere Sammelabschiebungen geplant. Diese Abschiebungen werden in den meisten Fällen wegen abgelehnter Asylanträge ausgeführt.

Wohin sollen Palästinenser:innen abgeschoben werden? In die ihnen gewaltvoll entzogenen Wohngebiete oder lieber in die, die aufgrund unzähliger Luftangriffe Israels nur noch Schutt und Asche sind? Was ist mit Pakistanern, die in ein Land abgeschoben werden, das gerade zu einem Drittel unter Wasser steht und wo gerade Tausende Menschen durch die Flutkatastrophe sterben? Wo ist Frau Baerbocks feministische Außenpolitik, wenn abgeschobene Frauen und Kinder in Afghanistan der Taliban zum Opfer fallen? Wieso darf Herr Scholz uns gewaltorientierte Linksextremisten nennen, wenn wir für das Bleiberecht aller einstehen, aber wir dürfen ihn keinen vorsätzlichen Mörder nennen, wenn er seine Brechmitteleinsätze mit Todesfolge auf offener Bühne verteidigt?

Die rassistische Agenda hat System. Nicht erst seit 2015 stehen (Sammel-)Abschiebung auf dem rassistischen Plan der Behörden und der Polizei. Wer im Falle einer Ablehnung des Asylantrags nicht bis zur gesetzten Frist das Land verlässt, wird mit Polizeigewalt abgeführt und abgeschoben. Die Koalition von SPD, FDP und Grünen hat rein gar nichts an den steigenden Zahlen von Abschiebungen verbessert. Unter der Großen Koalition wurden 2021 11.982 Menschen abgeschoben, während in der ersten Jahreshälfte von 2022 bereits 6.200 Menschen abgeschoben wurden. Das sind sogar neun Prozent mehr als im selben Zeitraum 2021. Stattdessen schmückt man sich nun mit dem Wort „Rückführung“, das das Ganze beschönigen und nicht so negativ darstellen soll. Menschenrechte werden weiterhin mit Füßen getreten, aber wenigstens zieht man ab sofort nachhaltige Second-Hand-Plüschsocken in Regenbogenfarben dabei an, die die industriegefickte Umwelt nicht noch mehr ficken sollen oder so, keine Ahnung, kenne mich nicht aus mit gottlosem Pinkwashing von kapitalistischem Scheißdreck.

Wir fordern ein sofortiges Bleiberecht, Arbeitserlaubnis und freien Zugang für Bildung für alle! Außerdem braucht es einen sofortigen Abschiebestopp und unbürokratische Aufenthaltsgenehmigungen!

No borders, no nations, stop deportations!

 

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