Amazon-Arbeiter aus Deutschland überbringt Solidarität nach Madrid [mit Video]

21.03.2018, Lesezeit 3 Min.
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Heute und morgen streiken die Kolleg*innen bei Amazon in Madrid. Christian Krähling, ein Amazon-Arbeiter und ver.di-Mitglied aus Bad Hersfeld in Hessen, ist hingeflogen. Ein Interview über den internationalen Kampf der Amazon-Kolleg*innen gegen den reichsten Mann der Welt.

Wie war es heute bei Amazon in Madrid?

Die compañeros in MAD4 sind zu Hunderten in den Streik getreten. Ab dem frühen Morgen organisierten sie piquetes (Streikposten) an allen Zugangs- und Ausgangstoren. Nur wenige sind zur Arbeit erschienen. Amazon Madrid musste alle LKW-Touren für heute absagen. Die Kolleg*innen hier haben heute vereint in eindrucksvoller Weise gezeigt, was Amazon ohne seine Lagerarbeiter*innen wert ist: Nichts!

Was fordern die Kolleg*innen?

Sie fordern eine angemessene Bezahlung, bessere Regelungen bei den Arbeitszeiten und die Aufnahme von Tarifverhandlungen.

Also ähnlich wie die Forderungen von Amazon-Beschäftigten in Deutschland?

Ja.

Wieviele waren genau im Streik?

Die Kolleg*innen hier sprechen von einer Beteiligung von circa 90 Prozent. Hier arbeiten 2.000 Leute, aber die Hälfte sind Leiharbeiter*innen von externen Firmen. Diese haben jedoch heute nicht gearbeitet, sondern saßen – bezahlt – in der Nähe des Lagers, da die Produktion ohnehin nicht aufrecht erhalten werden konnte. Von den 1.000 Festangellten waren also etwa 900 im Streik.

Wie kommt es, dass du vor Ort bist?

Wir haben über die Presse erfahren, dass sich die Kolleg*innen in Madrid in einer Abstimmung mit großer Mehrheit für einen Streik entschieden hatten. Für uns war sofort klar, dass wir da in irgendeiner Form mitmischen müssen. So haben wir kurzerhand beschlossen, am selben Tag solidarisch mitzustreiken.

Ebenfalls finden wir es wichtig, Solidarität nicht nur in Worten, sondern auch in Taten auszudrücken. Wenn die Kolleg*innen in Spanien sehen, dass jemand aus Deutschland kommt, um ihren Streik zu unterstützen, kann das eine zusätzliche Dynamik in die Entwicklung der Arbeitskämpfe in allen Ländern bringen. Wir zeigen, dass es den Kolleg*innen weltweit eben nicht egal ist, was mit den Arbeiter*innen hier passiert.

Deshalb haben wir ganz kurzfristig Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um diesen Besuch möglich zu machen. Ich danke allen, die daran beteiligt waren.

Läuft ein Streik in Madrid anders als bei euch in Hersfeld?

Der Streik in Madrid erinnert mich sehr stark an unsere ersten Streiks vor fünf Jahren. Die Spanier*innen sind allerdings doch wesentlich temperamentvoller.

Vom Ablauf her ist es ähnlich. Die Beteiligung ist wesentlich höher. Diejenigen, die nicht streiken gehen, gehen mit Schamesröte im Gesicht und gesenktem Haupt, von der Polizei geschützt, rein. Streikposten finden rund um die Uhr statt, da es drei Schichten gibt. Es wurden allerdings Zeiten festgelegt, zu denen die Intensitäten der Streikposten höher bzw. niedriger sind.

Wie gehen die Streiks bei Amazon weiter?

Der Arbeitskampf bei Amazon wird auf jeden Fall internationaler!

Unsere Vernetzungstreffen sind momentan auf der Stufe, dass wir konkrete europaweite Aktionen geplant haben, die nicht nur symbolischen Charakter haben. Dabei geht es allerdings nicht nur um Streik, sondern auch um alternative Arbeitskampfformen. Die Streiks bei uns werden aber parallel weiterlaufen. Wir stellen in letzter Zeit wieder fest, dass wir einen regen Zulauf haben. Wir arbeiten an Konzepten, wie wir bestimmte Gruppen im Betrieb gewinnen können, die sich bisher eher neutral oder ablehnend verhalten haben. Zum Beispiel die befristeten Kolleg*innen. Die Streiks zu beenden ist für uns Zeit keine Option!

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