Air Berlin: Streiken gegen den Druck!

14.09.2017, Lesezeit 3 Min.
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Air Berlin steckt in einer Krise. Nach der Insolvenzmeldung fürchten vor allem die gut bezahlten Pilot*innen auf Langstrecken um ihre Jobs. Ist es verantwortlich, dass sie trotz des hohen Drucks der momentan auf ihnen lastet noch fliegen? Und welche Perspektive braucht der Kampf gegen Entlassungen und Kürzungen?

Die Pleite bei Air Berlin ist schon länger Thema. Seitdem mehr als 100 Flüge abgesagt werden mussten, da sich rund 200 Pilot*innen krankschreiben ließen, ist sie wieder topaktuell. Laut dem SPIEGEL waren geplatzte Verhandlungen zwischen der Tarifkommission und dem Management der Auslöser für den „wilden Streik“. Die Forderung der Pilot*innen lautet, dass bei der Übergabe der Start- und Landerechte, sowie der Flugzeuge von Air Berlin an den neuen Betreiber, eine Sozialauswahl stattfinden soll – etwa, dass Pilot*innen mit Kindern oder in besonders schwierigen familiären Umständen weiter beschäftigt werden.

Zudem wurden zehn geleaste Langstreckenflugzeuge kurzfristig an die Leasinggesellschaft zurückgegeben. Das soll vor allem bei den Langstreckenpilot*innen für Unruhe gesorgt haben. Diese fürchteten, vorzeitig vom Insolvenzverwalter entlassen zu werden, wenn die Langstreckenrouten jetzt eingestellt werden. Nach den mehr als 100 ausgefallen Flügen signalisierte der Insolvenzverwalter Gesprächsbereitschaft.

Der Vertreter der Pilotengewerkschaft Cockpit in der Tarifkommission, Christian Petersen, sagte gegenüber dem SPIEGEL:“Ich kann jeden Kollegen verstehen, der sagt:“unter diesem Druck kann ich nicht sicher ein Flugzeug steuern.““ Doch wenn der Druck so unerträglich ist, warum wurde dann nicht zum Streik aufgerufen?

Erst durch die über 100 ausgefallenen Flüge gelang es, den Insolvenzverwalter zum Einlenken zu bewegen. Warum wurde dann nicht offiziell gestreikt? Wenn es so nachvollziehbar ist, dass die Kolleg*innen unter diesem Druck nicht sicher fliegen können, warum sind sie dann gezwungen, sich krankschreiben zu lassen, anstatt sich kollektiv durch einen Streik Gehör zu verschaffen und ihren Zukunftsängsten Ausdruck zu verleihen?

Die Antwort muss lauten, dass die Gewerkschaft zum Streik aufruft, bis eine Lösung gefunden wird, die alle Forderungen der Arbeiter*innen erfüllt und keinerlei Kürzungen enthält.

Perspektive

Doch die aktuelle Auseinandersetzung wirft auch die Frage nach einer weitergehenden Perspektive auf. Wenn die Bosse argumentieren, dass der Betrieb ohne Kürzungen nicht weitergeführt werden kann, wieso wird der Betrieb dann nicht ohne die Bosse fortgesetzt?

Wenn wir also konsequent gegen Kürzungen kämpfen wollen, dann brauchen wir eine andere Kampfperspektive. Diese muss die Verstaatlichung unter Kontrolle der Arbeiter*innen sein. Diese darf nur entschädigungslos geschehen: Der Staat sollte den Kapitalist*innen nicht noch Millionen hinterherschmeißen dafür,dass sie ein Unternehmen an die Wand gefahren haben. Dieses Geld könnte man direkt dafür einsetzen, gute Löhne und bessere Arbeitsbedingungen sicherzustellen.

Dass das gelingen kann zeigt die Keramikfabrik Zanon in Argentinien, in der die Arbeiter*innen seit 2001 ohne Bosse weiterproduzieren. So konnte die Schließung der Fabrik verhindert werden. Vorausgegangen war ein großer Arbeitskampf in dem andere kämpfende Sektoren der Ausgebeuteten und Unterdrückten ihre Solidarität ausdrückten, verbunden mit einem kämpferischen Programm. So können wir gewinnen!

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