AfD an der Uni: Was bedeutet Demokratie?

09.06.2016, Lesezeit 5 Min.
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Jede*r hat ihre*seine eigene Vorstellung von Demokratie: Die Alternative für Deutschland (AfD), die rechtspopulistisch hetzen will, die Hochschulleitung der Uni München, die ihr dafür Räume gibt – und wir, die die AfD mit einem breiten Protest wieder rauswerfen und eine Uni für alle erkämpfen wollen.

Die Hochschulleitung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat die AfD-Hochschulgruppe „Campus Alternative“ zugelassen – wir berichteten. Gegen den Willen der Studierenden im Konvent der Fachschaften und in demokratischen Basisversammlungen, gegen Protestaktionen, im Hinterzimmer. Vertreter*innen der rechtspopulistischen „Campus Alternative“ können das jetzt als ihren Erfolg feiern. Laut Süddeutscher Zeitung gab das Präsidium der LMU am 6. Juni, wie immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit, genau dafür grünes Licht. In der Diskussion, ob sie „akkreditiert“ werden sollen an der LMU, was bedeutet: Räume bekommen, geht es immer wieder um „Demokratie“. Gehört es nicht zur Demokratie, auch seine Gegner*innen gleich zu behandeln? Ihnen ein Podium zu geben, um sie dort zu „widerlegen“?

Nun ja: Unter Demokratie versteht jede*r erstmal, was sie*er will; kaum ein Begriff hat unterschiedlichere Bedeutungen und Auslegungen. Demokratie ist kein Abstimmungsmodus, keine Satzung, kein formaler Vorgang, sondern hat einen Inhalt, der auf gesellschaftliche Interessen beruht. Im antiken Athen bedeutete „Demokratie“ eine Demokratie der Sklavenhaltergesellschaft – nur als ein Extrembeispiel, wie weit diese Auslegungen gehen können!

Die Hochschulleitung findet es demokratisch, Rechtspopulist*innen zuzulassen, während die kurdische Hochschulgruppe auch nach dem neuesten Beschluss nicht rein darf und die Erlaubnis von Waffen der Kritik immer noch im Schwebezustand ist, wegen Protest gegen die AfD in der Uni. Wir verstehen unter Demokratie, dass wir keinen Rassismus und Sexismus, keine trans- und homophobe Hetze an unserer Uni erlauben, dass wir um eine demokratische Uni im Interesse der Studierenden und Beschäftigten kämpfen. Nicht eine Uni, in der ein – weder allgemein noch direkt und schon gar nicht gleich gewähltes – Geheimgremium um Präsident Bernd Huber mal eben unter sich beschließt, Rechtsradikale in die Uni zu lassen, die die Denkstätte der Weißen Rose beherbergt.

Warum ist das ein Problem für uns? Was versteht die AfD-Hochschulgruppe selbst unter Demokratie? Lassen wir sie dafür selbst sprechen: „Es gibt nicht nur Leute eben die sagen sie suchen hier Arbeit… und es gibt auch eben andere die sagen ja ich komm her, um eben die Sozialleistungen hier in Anspruch zu nehmen“ – eine Aussage mit der sich Vertreter*innen der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD, in einem Bericht des Bayerischen Rundfunks präsentieren. Ihr Ziel war da die Gründung der „Campus Alternative“ in München, die jetzt von Uni-Präsident Huber für Räume in der „Studierendenvertretung“ zugelassen wurde.

Ihre Demokratie und unsere

„Man kann mit dem Geld, das man hier für einen Flüchtling ausgibt, kann man mit dem gleichen Geld da unten viel mehr erreichen“, rechtspopulistische Meinungen von Vertreter*innen der AfD-Hochschulgruppe wie diese werden nun in Form von Hochschulpolitik an der LMU möglich. ‚Da unten‘ und vermeintlicher Sozialbetrug durch Geflüchtete – der politische Kurs der Campus Alternative lässt sich klar dem rechtspopulistischen Programm des großen Bruders, der AfD, zuordnen. Diese fällt vor allem durch ihren undemokratischen und unwissenschaftlichen, irrationalen Kurs auf – einige Beispiele:

Es ist Parteispitze Frauke Petry, die auf Geflüchtete schießen lassen will und es ist Beatrix von Storch, die Frauen und Kinder dabei explizit einbezieht. Es ist Alexander Gauland, für den die Hautfarbe seiner Nachbar*innen eine besondere Rolle spielt. Es ist Bernd Höcke, der eine eigene Rassentheorie über den „afrikanischen Ausbreitungstyp“ Mensch fabuliert. Es ist die ganze Struktur der Partei: Anwaltskanzleien werden gezielt auf unangenehme Journalist*innen angesetzt, Menschenrechte werden infrage gestellt, das Asylrecht soll noch weiter beschnitten werden. Die Verbindungen einiger Landesverbände zu Pegida, zu NPD-Mitgliedern und zu Rechtsterrorist*innen sind nicht zu leugnen. Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Gehlmann will Schwule und Lesben ins Gefängnis sperren. Sein baden-württembergische Kollege Wolfgang Gedeon hält das Judentum für den „inneren“ und den Islam für den „äußeren Feind des christlichen Abendlandes“. Das alles ist der Inhalt der AfD-„Demokratie“ – ihr Recht, gegen unterdrückte Teile der Gesellschaft Stimmung zu machen und zur Gewalt gegen sie aufzurufen.

Veröffentliche Mitgliederbefragungen der AfD zum Parteiprogramm zeigen weiterhin, wie klar rechte Positionen in der Partei bezogen werden. ‚Kein Sonderrecht für Moslems‘ wird pauschal gefordert. Es ist berechenbar, dass die Campus Alternative den völkisch-nationalen Konsens, den ihre Mitglieder vertreten, in die LMU tragen will. Die LMU sollte aber ein Ort der demokratischen Entfaltung sein.

Jede*r sollte sich nach ihren*seinen Wünschen und Möglichkeiten verwirklichen können – egal welche sexuelle Orientierung, welches Geschlecht, welcher Staatsangehörigkeit. Weshalb auch Geflüchtete eine Studienerlaubnis bekommen müssen, auch ohne Papiere, die sie aufgrund ihrer Flucht meist nicht haben. Und nicht nur bei Tagen der offenen Tür öffentlichkeitswirksam durch die Universität geführt werden sollen. Überhaupt fordern wir eine Öffnung der Uni für alle. Das ist unsere Demokratie: gleiches Recht für alle, die hier leben. Nach diesen Inhalten muss sich die Demokratievorstellung beurteilen lassen.

Die LMU muss zeigen, für welchen Inhalt von „Demokratie“ sie selbst steht. Wir fordern deshalb die Rücknahme der Akkreditierung der „Campus Alternative“ an der LMU und die Bestätigung der Akkreditierung für Waffen der Kritik und die kurdische Hochschulgruppe, die wie viele andere für die entgegengesetzten Interessen der AfD stehen.

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