ABC des Marxismus: C wie Chauvinismus

04.06.2012, Lesezeit 2 Min.
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Als Ursache für die sich vertiefende Wirtschaftskrise stellt die bürgerliche Medienlandschaft unermüdlich „die faulen Südländer“ vor Gericht. Vor allem „die Griechen“, die „über ihre Verhältnisse“ gelebt hätten. Im Zuge der Anklagen wird sich dabei ebenso wenig wegen nationalistischer Verallgemeinerungen geschämt, wie wegen der krassen Widersprüchen selbst gegenüber den offiziellen Statistiken. Letztere finden weder ein irgendwie „dekadentes“ Renteneintrittsalter oder Renteneinkommen vor (beides liegt laut Eurostat unter dem EU-Durchschnitt) noch geringere Arbeitszeiten als zum Beispiel in Deutschland (durchschnittliche jährliche Arbeitsstunden laut OECD im Jahr 2010: 1390 in der BRD gegen 2119 in Griechenland). Woher also diese chauvinistische Hetze?

Nationalismus und anderer Chauvinismus sind keine Ausrutscher „ungefestigter Demokraten“ sondern unbedingte Folge kapitalistischer Verhältnisse. Die Entwicklung des Kapitalismus seit dem 18. Jahrhundert schuf nationale Märkte und Nationalstaaten, die dann eine ideologische Rechtfertigung in Form des Nationalismus brauchten. Diese Ideologie verschärfte sich auch mit der Verschärfung der Konkurrenz zwischen den Staaten im Zeitalter des Imperialismus.

Besonders in Krisenzeiten wird dieser Zusammenhang offensichtlich. Es wird zwischen den Klassen Einheit propagiert, deren Gegensätzlichkeit eigentlich die Krise ausmacht („Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“ Wilhelm II). Gleichzeitig werden dort Grenzen gezogen, wo die Gesetze der Ausbeutung keine Unterschiede kennen. Zur Trennung der Ausgebeuteten und Unterdrückten verbreiten die gesellschaftlichen Träger*innen kapitalistischer Ideologie solchen Chauvinismus kontinuierlich. Ein Beispiel ist die nationalistische Standortlogik der heutigen bürokratischen Gewerkschaftsführungen.

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