8. März international: 100.000 Menschen in Paris auf der Straße

22.03.2024, Lesezeit 7 Min.
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8. März in Frankreich. Foto: Révolution Permanente

Ob gegen den Genozid in Gaza oder die ultraharten Kürzungspolitiken: Der 8. März zeigte in Frankreich und Argentinien den Kampf von Feminist:innen gegen Unterdrückung.

Die Arbeiter:innenklasse befindet sich sowohl in Frankreich als auch in Argentinien im Kampf gegen eine äußerst neoliberale Regierung, die wiederholt zugunsten der Großunternehmen in das Arbeitsrecht eingreift, frauenfeindliche und rassistische Gesetze verabschiedet und mit bedingungsloser Solidarität Israel beim Genozid an den Palästinenser:innen unterstützt. Dagegen gab es am internationalen Frauenkampftag, dem 8. März, massive Proteste.

Frankreich: Mit Brot und Rosen für einen revolutionären Feminismus

Am 8. März war die Mobilisierung mit fast 200.000 Menschen in ganz Frankreich, davon die Hälfte in der Pariser Region, beeindruckend massiv und übertraf die Teilnehmer:innenzahl von 2023. Dies ist bemerkenswert, da vor einem Jahr die feministische Mobilisierung vom allgemeinen Kontext der Streikbewegung gegen die Rentenreform angetrieben wurde, die große Teile der Arbeiter:innenklasse stark politisierte. 

Auch 2024 gab es zahlreiche Angriffe auf Frauen und queere Menschen, die die Dringlichkeit einer starken feministischen Bewegung zeigten. Macron machte im Januar auf sich aufmerksam, als er den Schauspieler Gérard Depardieu nach einer Welle von Anschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt, darunter Vergewaltigung, in Schutz nahm und diesen als „Genie seiner Kunst“ bezeichnete. Außerdem kündigte der Präsident – im Zuge der besonders niedrigen Geburtenzahl im Jahr 2023 – eine „demografische Aufrüstung“ an, durch die Frauen dazu ermutigt werden sollen, mehr Kinder zu bekommen. 

Neben diesen Aussagen fand die Intervention der antiimperialistischen revolutionären Strömung Du Pain et des Roses, der französischen Schwesterorganisation von Brot und Rosen, auch im Rahmen der wachsenden Militarisierung und Prekarisierung der Arbeiter:innenklasse statt. In ganz Frankreich nahmen rund 1.000 Menschen an den von ihnen organisierten klassenkämpferischen feministischen Demonstrationen teil. In Paris beispielsweise, liefen rund 500 Demonstrant:innen mit den Losungen: „Nieder mit der Krise, dem Krieg, den Hungerlöhnen: für einen revolutionären Feminismus!“ und „Pinkwashing funktioniert nicht, Feminist:innen mit Gaza!“. Nachdem, wie in Deutschland, zwei Demonstrant:innen von Mitgliedern einer pro-israelischen Gruppe angegriffen wurden, skandierte der gesamte revolutionäre Block Parolen wie: „Zionisten, Faschisten, raus aus unserem feministischen Kampf!“. 

Auch in anderen Städten beteiligte sich Du Pain et des Roses an Protesten und Kundgebungen. Beispielsweise bewirkten sie, zusammen mit der Jugendorganisation Le Poing Levé, in Toulouse und Rennes die Aussetzung von Kursen an den jeweiligen Universitäten, damit Studierende an Veranstaltungen und Demonstrationen teilnehmen konnten. Bei den dortigen Protesten stellten sich die Redner:innen gegen die arbeiter:innenfeindliche Politik der Regierung und prangerten die Hinterlistigkeit der Regierung an, die zum einen vorgibt, sich für das Recht auf Abtreibungen einzusetzen, aber gleichzeitig Krankenhäuser, Bildungs- und Pflegeeinrichtungen kaputtspart, was den Zugang zu Abtreibungen erschwert. 

Argentinien: Feministischer Kampf gegen Mileis reaktionäre Regierung

In Argentinien herrschte in den letzten Monaten eine sehr kämpferische Stimmung innerhalb von Teilen der Arbeiter:innenklasse. Diese sind seit Beginn der erst kurzen Präsidentschaft des Rechtspopulisten Javier Milei, intensiven Angriffen ausgesetzt und wehren sich dementsprechend. Diese Angriffe erlebten im Januar ihren bisherigen Höhepunkt, als Milei versuchte, in Zusammenarbeit mit der vermeintlichen parlamentarischen Opposition das sogenannte Omnibusgesetz per Dekret zu verabschieden, welches eine enorme Anzahl an sozialen Errungenschaften zunichtemachen und immense Einschränkungen des Arbeitsrechts sowie die Entrechtung indigener Völker mit sich bringen würde. 

Jedoch leisteten hunderttausende Menschen Widerstand. Sie nahmen an einem von Gewerkschaften und politischen Gruppen organisierten landesweiten Streik teil und konnten von den Straßen aus Mileis Regierung eine herbe Niederlage erteilen. Eine führende Rolle spielte die Front der Linken – Einheit (FIT – U), die im Parlament die Regierung anprangerte und sich ihr auf der Straße entgegenstellen, darunter auch die Genoss:innen unserer Schwesterorganisation, der Partei sozialistischer Arbeiter:innen (PTS).

Zum 8. März versammelten sich erneut zehntausende Demonstrant:innen im ganzen Land, um ein weiteres Mal gegen den Aufstieg der Rechten und die damit einhergehende Unterdrückung argentinischer Frauen zu protestieren. Dabei kam es in mehreren Städten zu historischen Mobilisierungen und einem gewaltigen Ausdruck des Widerstands. 

In Córdoba flutete ein Meer grüner Tücher, die in Lateinamerika als Symbol für das Recht auf Abtreibung gelten, die Straßen. Die Demonstration vereinte Arbeiter:innen verschiedener Sektoren im Kampf gegen die rechte Regierung. Trotz geringer Beteiligung der Gewerkschaften mobilisierten sich unter anderem die Provinzlehrer:innen, die sich mitten im Tarifkampf befinden, Arbeiter:innen der Radio- und Fernsehdienste und die Universitätsdozent:innen, die vom Sparkurs betroffen sind. 

Vor dem Nationalkongress in Buenos Aires versammelten sich Gewerkschaften, feministische Gruppen und politische Strömungen. Trommeln, Tänzer:innen, Parolen und Lieder gaben dem Protest die Atmosphäre eines Festes, das die Straßen mit Entschlossenheit erfüllte. Im Gegensatz zu früheren großen Demonstrationen, wie etwa derjenigen von 2015 gegen Femizide und Gewalt gegen Frauen oder denjenigen, die 2018 für die Legalisierung von Abtreibungen begannen, fehlte es dieses Jahr an einer klaren Losung, die die Mobilisierung eindeutig vereinte.

 Die verschiedenen Forderungen vermischten sich: die gemeinsame Zugehörigkeit zur Bewegung NiUnaMenos (Nicht eine weniger), Anklagen gegen sexualisierte Gewalt, Schutz der indigenen Völker und Arbeitskämpfe. Ein zentrales Motiv waren die Ablehnung von Mileis Omnibusgesetz, der Repressionen der Polizei und der Ministerin für Sicherheit Patricia Bullrich. Ebenso waren die Befreiung Palästinas und der Ruf nach einem Waffenstillstand ein großer Bestandteil der Forderungen. Insgesamt drückte sich eine Ablehnung gegenüber der reaktionären, misogynen Regierung aus, die den Feminismus als Ziel einer „Kulturkampf“-Attacke betrachtet und diesen mit extrem regressiver Politik zu bekämpfen versucht. 

Lehren für Feminist:innen in Deutschland

Aus diesen internationalen Protesten können wir in Deutschland einiges lernen. Wie im Kampf gegen Rechts reicht es nicht einfach aus, den 8. März zu einer symbolischen Veranstaltung oder einem Feiertag zu machen und so zu tun, als seien Frauen und queere Menschen dadurch emanzipiert. Der feministische Kampftag ist, wie der Name schon sagt, ein Tag, an dem sich Arbeiter:innen und soziale Bewegungen gemeinsam gegen die Angriffe der Rechten wehren und Verbesserungen erringen. Dabei reicht es nicht, sich mit dem geringeren Übel zufriedenzugeben. Es muss klar sein, dass Frauen nur dann wirklich frei sind, wenn alle frei sind. Deshalb müssen wir am 8. März und darüber hinaus auch gegen die illegale Besatzung in Palästina und den Genozid protestieren. 

Besonders Argentinien muss dabei für uns als Vorbild dienen. Denn genau wie die Rechte auf den Sieg Mileis als Anleitung zur Machtergreifung schaut, können wir auf den erfolgreichen Widerstand der Arbeiter:innen gegen das Omnibusgesetz und die dabei wichtige Rolle der revolutionären Abgeordneten der FIT-U, blicken und uns daran im Kampf gegen den Aufstieg der Rechten in Deutschland orientieren. Auch hier müssen wir uns für die Selbstorganisierung und Einheit der Arbeiter:innen und Jugend, den Kampf auf den Straßen, in den Betrieben und Schulen einsetzen. 

Dieser Artikel basiert auf einer Zusammenfassung mehrerer Artikel von La Izquierda Diario und Révolution Permanente, den argentinischen und französischen Schwesterzeitungen von Klasse Gegen Klasse.

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