22. September: Wahl zwischen Pest und Cholera

20.09.2013, Lesezeit 4 Min.
1

// Leitartikel aus Red Brain Nr. 23 //

Am 22. September sind Bundestagswahlen, der Höhepunkt unserer Demokratie steht vor der Tür. Dabei stellt sich natürlich die Frage „wen wählen?“ Wir sagen: ungültig abstimmen. Das kommt daher, dass wir Demokratie zwar geil finden, aber in keiner leben.

Denn wir denken, dass unterschiedliche Lebensbedingungen unterschiedliche Menschen hervorbringen – denn die komplette Realität eines Menschen wird durch die ihn umgebene Gesellschaft und seine Stellung in ihr geprägt. Ein reicher Mensch wird andere Interessen haben als jemand, der wenig besitzt. Ein/e ArbeiterIn möchte mehr Lohn haben, ein/e KapitalistIn weniger Lohn zahlen. Ein/e KapitalistIn wird kaum die Probleme eines/r Arbeiters/In nachvollziehen können, demR die Leiharbeit droht. DieseR wird andersrum nicht verstehen können, warum Geld für Bankenrettung ausgegeben wird, statt Arbeitsplätze zu sichern oder Geld in die Bildung seiner Kinder (uns!) zu investieren. Das ist, mit Abstufungen, der grundlegende Aufbau unserer Gesellschaft – zwei Klassen mit einander entgegengesetzten Interessen, die nicht vereinbar sind.

Wenn nun z.B. der Polizeiapparat nicht wäre, was würde dann die unterdrückte Klasse daran hindern, sich einfach den Besitz der KapitalistInnen zu holen? Das ist der Grund für die Existenz des Staates.

Unsere Demokratie dient dazu, diese Klassenherrschaft – die Diktatur einer reichen Minderheit, die Nutzung des Staates als Unterdrückungsinstrument – zu verschleiern. Sie erzeugt die Illusion von Mitbestimmung. Das Parlament unterliegt immer den Zwängen der Wirtschaft und eine Regierung, die nicht im Interesse der KapitalistInnen handelt, wird von diesen abgesetzt.

Darum werden die kommenden Wahlen keine wirkliche Veränderung bringen – denn um wirkliche Demokratie gewährleisten zu können bräuchte die ArbeiterInnenklasse die Kontrolle über die Wirtschaft; sie müsste also das Eigentum der KapitalistInnen, ihre Maschinen, ihre Produktionsmittel, unter Verwaltung der ArbeiterInnen selber stellen.

Nachhaltige Verbesserungen kann es nur durch Kämpfe außerhalb des Parlamentes geben, da dieses ja gerade die Aufgabe hat, das Eigentum zu schützen.

Die breite Mehrheit der Bevölkerung, die ArbeiterInnenklasse (auch wenn sie sich selber nicht so nennt, mit anderen Worten, die Klasse der Lohnabhängigen) hat eine viel größere Macht, als jedes Parlament dieser Welt. Denn wenn sie konsequent streikt, liegt das ganze System lahm, sie hält als einzige Klasse den Hebel zum Umkrempeln der Gesellschaft in der Hand.

Aber könnte man dann nicht eine Partei wählen, die zumindest für kleine Veränderungen kämpft, das kleinere Übel wählen? Linkspartei? Auch DIE LINKE wird an den Lebensbedingungen nichts ändern können, so wie sie in zehn Jahren rot-​rotem Senat zehntausende Sozialwohnungen privatisierte, nichts gegen den Anstieg der Mietpreise getan hat, keine Verbesserungen am Bildungssystem durchsetzten konnte – weil „das Land Berlin nicht genug Geld hatte“. Es geht bei dieser Wahl nur um die Wahl zwischen Pest oder Cholera – welches Geschwür am Bein der ArbeiterInnenklasse ist uns lieber, DIE LINKE oder doch die SPD?

Wir müssen neben dem Parlament arbeiten, unabhängig von den KapitalistInnen unter Führung der ArbeiterInnenklasse eine Organisation aller Unterdrückten aufbauen, mit SchülerInnen und LehrerInnen, StudentInnen, Frauen, MigrantInnen und Flüchtlingen, die für ihre Interessen kämpfen.

Wir brauchen Organe der Selbstverwaltung, in denen die Menschen ihre Probleme in die eigene Hand nehmen, Organe, die letztendlich in einer Revolution die politische Macht übernehmen. – von Max

Mehr zum Thema