Wohin geht Pridnestrowien?

06.01.2017, Lesezeit 4 Min.
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Am 16. Dezember begann im nicht anerkannten Staat Pridnestrowien (Transnistrien) die Amtszeit des neuen Präsidenten. Was bedeutet das für das Land und die Region?

Pridnestrowien an der moldawisch-ukrainischen Grenze entstand als Produkt des Zusammenbruchs der Sowjetunion als Antwort auf die moldawische Nationalbewegung. Letztere forderte die Vereinigung mit Rumänien und die Rückkehr zu moldawisch/rumänisch als einzige Amtssprache. Nachdem sich Pridnestrowien 1991 unter der Führung des Präsidenten Igor Smirnow unabhängig erklärt hatte, führten die Spannungen zwischen Pridnestrowien und Moldawien zum Krieg. Pridnestrowien gewann diesen Konflikt mit Hilfe von russischen Kosaken und Einheiten der russischen Armee, die dort stationiert waren. Dem Krieg folgte ein Friedensvertrag, der zur Stationierung einer Friedenstruppe, bestehend aus russischen, moldawischen und pridnestrowischen Einheiten führte. Seitdem schwelt der Konflikt weiter.

Seit Ende der 90er wird die Wirtschaft Pridnestrowiens – bedingt durch die geringen Investitionen durch ausländisches Kapital – vom Konzern Sheriff dominiert, der heutzutage mehr als die Hälfte des pridnestrowischen BIPs erwirtschaftet. Unter anderem betreibt er Zeitungen, TV- und Radiostation und Banken. Diese gesellschaftliche Monopolstellung und die ihm loyale Partei Obnowlenije (Erneuerung) verwendet Sheriff, um eine umfassende Kontrolle über die pridnestrowische Politik zu haben.

Heute ist die Wirtschaft des Landes am Boden. Die politische Isolation verhindert größere Investitionen durch ausländisches Kapital. Die Jugend wandert, wenn möglich, nach Moldawien, Russland oder in die EU aus. Das Land ist hochverschuldet und von Russland abhängig, welches der Haupthandelspartner ist und dessen Finanzhilfen einen wichtigen Teil des Staatshaushaltes darstellen. Außerdem leistet Russland Entwicklungshilfe, in dem es zum Beispiel Krankenhäuser und Kindergärten baut und unterstützt.

Die Wahl

In dieser Wahl gab es zwei Hauptkandidaten:

Zum ersten den amtierenden Präsidenten Jewgeni Schewtschuk. Dieser wurde 2011 mit Unterstützung von Sheriff als Nachfolger Smirnows gewählt. Doch ein Jahr später verlor er die Unterstützung des Konzerns, als er 2012 die gesetzlichen Steuer- und Zollvorteile des Konzerns strich und der „Oligarchie den Kampf ansagte“. Bei der Wahl im Dezember 2016 erhielt ca. 27% der Stimmen und wurde somit abgewählt.

Zum anderen Wadim Krasnoselski, der von 2007 bis 2011 Innenminister und seit 2015 parteiloser Vorsitzender des pridnestrowischen Parlaments war. Durch die Unterstützung durch Sheriff wurde er mit ca. 62% der Stimmen zum nächsten Präsidenten gewählt.

Politische Vorhaben

Innenpolitisch bedeutet das Wahlergebnis ein erneuter Sieg von Sheriff. Der Konzern hat wieder die Kontrolle über Parlament und Präsident, in Zukunft wird es wohl zusätzliche staatliche Begünstigungen für Sheriff geben und seine Monopolstellung ist gesichert.

Außenpolitisch hat Krasnoselski keine andere Agenda als sein Vorgänger. Beide unterstützen Russland und streben eine Vereinigung Pridnestrowiens mit Russlands an, doch die kurz vorher abgehaltene Präsidentschaftswahl in Moldawien wird Einfluss auf die zukünftige Außenpolitik Pridnestrowiens haben. Bei dieser wurde der Kandidat der nationalistischen PSRM, Igor Dodon, gewählt. Dieser unterstützt im Gegensatz zu seinem Vorgänger eine stärkere Annäherung an Russland und Pridnestrowien. Somit wird sich Pridnestrowien zumindest teilweise aus seiner außenpolitischen Isolation befreien können und reguläre politische und wirtschaftliche Beziehungen mit Moldawien aufbauen können. Der erste Schritt dazu wurde diesen Mittwoch getan, als sich Dodon und Krasnoselski zu ersten Gesprächen im pridnestrowischen Bendery getroffen haben.

Dodon strebt eine Vereinigung von Moldawien und Pridnestrowien an, doch da dies gegen die Interessen des Sheriffkonzerns gehen würde, der somit seine Kontrolle über die Regierung verlieren würde, ist zu bezweifeln, dass dies das Ergebnis der Annäherung sein wird.

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