Wie geht es weiter?

15.11.2013, Lesezeit 4 Min.
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// Flugblatt Nr. 3 zum Einzelhandelsstreik //

„Und soll‘s ein ganzes Jahr uns kosten,
wir stehen auf dem Posten.
Im Westen und im Osten:
Streik, Streik, Streik!“
– Joint Venture, Streikpostenlied

Der Streik im Einzelhandel läuft seit mehr als einem halben Jahr. Viele gute Aktionen haben stattgefunden – mehr als 160.000 Kolleg*innen haben sich bundesweit daran beteiligt.

Doch wie geht es weiter? Die Mehrheit der drei Millionen Kolleg*innen sind noch nicht im Streik. Das Weihnachtsgeschäft läuft an. Anfang Dezember sollen Verhandlungen zwischen ver.di und dem Handelsverband in Berlin-Brandenburg stattfinden. Stimmen aus dem ver.di-Vorstand sagen, dass sie bereit wären, die Streiks auszusetzen und über eine „Modernisierung“ des Tarifvertrages zu diskutieren. Das finden wir besorgniserregend.

„Modernisierung“ ist als Wort genauso schwammig, wie unsere Verhandlungsmacht noch schwach ist. Es gilt, den Streik auszuweiten, denn noch hält sich unser wirtschaftliches Drohpotential in Grenzen. Wenn jetzt verhandelt wird, dann wird „Modernisierung“ vielleicht genau das bedeuten, was die Arbeitgeber*innen hinter diesem schön klingendem Wort verstecken wollen: Lohndrückung, Flexibilisierung und eben alles, was sie für ihren Geschäftserfolg auf unseren Schultern brauchen.

Wie mit den Weihnachts-Aushilfen umgehen? Wann verhandeln? Wie Öffentlichkeit schaffen? Solche wichtigen Entscheidungen müssen alle Kolleg*innen gemeinsam treffen. Am besten auf demokratischen Streikversammlungen an den Streiktagen. Das Mikrophon muss für alle Kolleg*innen und Unterstützenden offen sein.

Auf solchen Versammlungen könnte man Ideen austauschen, Erfahrungen diskutieren und auch Probleme ansprechen. Bei nicht wenigen Kolleg*innen geht der Streik ans Geld – also wie könnten wir eine große Spendenaktion organisieren, um den Streik weiterzuführen?

Ein Kollege hat uns erzählt, dass er auch Falschmeldungen über Streiks an die Geschäftsleitung weitergibt. So kommt es, dass sie an normalen Arbeitstagen eine ganze Belegschaft voller Streikbrecher*innen holen – und entsprechend bezahlen müssen. Können wir das nicht in anderen Unternehmen machen? Was für weitere Ideen gibt es?

Die Ausweitung der Streiks ist und bleibt Priorität: Ausweitung auf andere Filialen und besonders ins öffentliche Bewusstsein. Dazu gehören aber vor allem auch bundesweit koordinierte Streikaktionen im Einzelhandel sowie gemeinsame Streiks mit anderen Beschäftigten, die gegen schlechte Arbeitsbedingungen kämpfen, wie die Berliner Lehrer*innen oder das Pflegepersonal an der Charité. Oder eben auch Amazon, wo ver.di nach eigener Aussage für „einen Tarifvertrag nach den Konditionen des Einzelhandels“ kämpft.

Um diesen Arbeitskampf zu gewinnen, müssen die Streikenden selbst ihre ganze Kreativität nutzen und den Streik in die eigene Hände nehmen. Wenn es dann zu Verhandlungen kommt, nutzen verschlossene Türen nur der Gegenseite – die Kolleg*innen tragen an jedem Streiktag das Risiko, und sie sollen auch entscheiden, ob ein Ergebnis gut ist oder nicht. Hinter verschlossenen Türen hatte ver.di bereits 2008 eine de facto Nullrunde bei der BVG durchgesetzt – obwohl nur 35% der Kolleg*innen dafür stimmten! Auch die Arbeiter*innen bei der Charité-Reinigungsfirma CFM standen nach 13 Wochen Streik vor unverändert schlechten Arbeitsbedingungen. Deswegen sind Versammlungen vor Ort wie auch regionale Treffen mit gewählten Delegierten eine wichtige Sache – für den Arbeitskampf und für die Verhandlungen!

Dieser Streik muss erfolgreich sein! Lasst uns alle gemeinsam darüber diskutieren, wie wir das schaffen!

Wir sind Studierende der marxistischen Gruppe WAFFENDERKRITIK und unterstützen diesen Streik seit einiger Zeit. Wir helfen beim Verteilen der Flyer, bei der Gewinnung von Öffentlichkeit und bringen Erfahrungen aus anderen Streiks ein. Sprecht uns an oder kontaktiert uns unter waffenderkritik@riseup.net.

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