Was machen, wenn K.I. deinen Job bedroht?

03.02.2023, Lesezeit 5 Min.
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Quelle: Jirsak / shutterstock.com

Von K.I. generierte Werke bedrohen die Jobs von Künstler:innen, aber das eigentliche Problem ist der Profitzwang.

Es ist zutiefst unlogisch, dass technischer Fortschritt unsere Lebensrealität verschlechtert, aber Fortschritt der Arbeitsprozesse bedeutet im Kapitalismus immer Profitsteigerung für die Bosse und Entlassungen für uns. Wenn durch einen neuen Roboterarm fünf Leute weniger am Fließband stehen, heißt das in der Realität, dass fünf Leute ihren Job verlieren und der Boss sich das gesparte Geld einsteckt. Wir haben also nichts davon, ganz im Gegenteil.

Durch den immer stärkeren Fortschritt der K.I. (Künstliche Intelligenz) erweitert sich dieses Problem für uns, heraus aus der einfach messbaren Industrie, hin zu kreativeren Berufen.

Das Bild der modernen Kunst ist schon lange keines mehr, dass nur ein einsames Atelier in der Provinz zeigt, indem sich jemand mit Strohhut und Pinsel bewaffnet über eine Leinwand stürzt. Viele der heutigen Künstler:innen sitzen Seite an Seite mit den meisten von uns im Büro. Sie zeichnen Werbegrafiken, produzieren Musik am Fließband, modellieren Autos und so weiter. Ein großer Faktor, wenn nicht sogar der Größte, um im Kapitalismus als Künstler:in zu funktionieren, ist die Perfektion von technischen Fähigkeiten und die Bereitschaft, eine breite Palette an Ideen mit diesen umzusetzen.

Doch gerade in diesen zwei Bereichen, macht die K.I. riesige Schritte nach vorne. Praktisch jede:r kann mit einer kurzen Beschreibung in wenigen Sekunden, durch z.B. DALL-E 2, diverse Bildideen generieren. Es braucht also keine großen technischen Fähigkeiten mehr, um Zeichnungen zu verwirklichen und schnell zu iterieren.

Wichtig dabei ist, dass die modernen Programme keine tatsächliche Intelligenz darstellen. Der Begriff K.I. ist an sich nicht ganz korrekt, da sich z.B. DALL-E 2 immer im Bereich des selbst Ermöglichten bewegt. Es kann keine Bilder ohne maschinelles Lernen erzeugen, also nichts wirklich Neues, sondern nur Kombinationen aus Erlerntem.

Trotzdem ist es bereits jetzt absehbar, dass K.I. bestimmte technische Schritte von Künstler:innen übernehmen wird. Sei es mit Iterationen für Konzeptzeichnungen, der Interpretation von Fotogrammetrie zu 3D-Modellen und so weiter, und all das extrem zeit- und kosteneffektiv. Durch diese vorhandenen Möglichkeiten, aber auch durch das, was noch kommen mag, hat die K.I. das Potential, einen festen Platz in diversen Industrien einzunehmen.

Technischer Fortschritt – der direkte Weg zum Arbeitsamt

Viele Menschen in den 2D- und 3D-Kunst-Branchen sehen daher in der K.I. einen klare Konkurrenz zu ihren Arbeitsplätzen. Wenn die K.I. vieles machen kann, was ich kann, aber sie für weniger Geld und schneller arbeitet, dann dauert es nicht lange, bis ich auf der Straße sitze.
Unter diesem Motto haben sich die Künstler:innen der Plattform “Artstation” an die Plattform gewendet und ein Verbot von K.I.-Bildern gefordert.

In den letzten Jahren erkennen wir: Umso eindrucksvoller die K.I. wird, desto stärker wird der Kampf dagegen.

Der Kapitalismus schafft es, den Fortschritt zu unserer direkten Konkurrenz zu erklären. In jeder logisch funktionierenden Gesellschaft wäre ein Roboter, der technische Arbeitsabläufe automatisiert, ein Segen für uns. Es könnte genauso gut produziert werden, aber es bräuchte weniger menschliche Zeit dafür. Doch im Kapitalismus heißt das, dass die Hälfte deiner Kolleg:innen zum Arbeitsamt geschickt wird, anstatt dass ihr alle weniger schuften müsst. Durch deinen Boss mutieren Self-Checkouts und Sortierroboter auf einmal zum Klassenfeind.

Ersetzt K.I. die Kunst?

Auch wenn K.I. weniger monotone Aufgaben automatisiert, ist sie kein Ersatz für echte Kunst. Die Kunst, die von Künstler:innen für sich oder die Gesellschaft geschaffen wird. Aus einem kreativen Willen und nicht aus einem kommerziellen, durch reine technische Fähigkeiten. Die K.I. ersetzt eher das, was für Profit schnell und variabel konstruiert wird, also ist sie bisher ein Ersatz für bestimmte technische Fähigkeiten und nicht für ein künstlerisches Verständnis.

Doch sie setzt genau da ein, womit die meisten Künstler:innen ihr Geld verdienen: Mit dem Verkauf ihrer technischen Fähigkeiten in der Lohnarbeit. Sie bedroht nicht die Verwirklichung von freier Kunst, sondern die Lebensgrundlage derer, die sie schaffen.

Kunst an sich wird nicht durch technischen Fortschritt bedroht, auch nicht durch einen “Banausen”, der jetzt Bilder einfach per Text generieren kann, sondern dadurch, dass Kunst sich nur lohnt, wenn sie kommerziell erfolgreich ist.

Deswegen sollten wir uns nicht im Kampf gegen Roboter, K.I. oder Wissenschaftler:innen verausgaben, sondern für ein System kämpfen, in dem Arbeitsentlastungen keine Belastung für uns bedeuten. Ist es nicht so widersprüchlich?

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