TVStud III Verhandlungen – auf zum Sieg gegen Unis und Senat!

13.04.2017, Lesezeit 7 Min.
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Am vergangenen Mittwoch fand die erste reguläre Verhandlungsrunde im Kampf für eine Neuauflage des Tarifvertrags für die studentischen Beschäftigten in Berlin (TVStud III) statt. Es ist noch viel Luft nach oben – mit fünf Vorschlägen, wie die Kolleg*innen mit einer aktiven, demokratischen Basis und kreativen entschlossenen Aktionen das Potential haben, einen beispielhaften Kampf zu führen.

Der Gong hat geschlagen – die Arena ist eröffnet. Vergangene Woche Mittwoch kamen in Berlin-Mitte die Tarifkommission der studentischen Beschäftigten von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zusammen mit den Berliner Hochschulen, um über den TVStud III zu verhandeln. Im Kern geht es um die Erneuerung des TVStud (II), welcher in der BRD allein im Bundesland Berlin existiert. Seit dem letzten Abschluss vor 16 Jahren hat die Inflation über 27,5 Prozent des Lohnes aufgefressen und zusätzlich wurde das Weihnachtsgeld von Seiten der Unis kassiert. In diesem Tarifkampf geht es um 14 verschiedene Forderungen. Neben der bescheidenen Forderung nach Ausgleich des Lohnverlustes und der Rückeroberung der Sonderzahlung geht es mit der so genannten „Dynamisierung“ um die stetige Anpassung der Lohnabschlüsse an die Tarifergebnisse des Tarifvertrags der Länder (TV-L), aber zum Beispiel auch um Forderungen nach Qualität in der Lehre durch den Schutz vor Arbeitsverdichtung und die Obergrenzen für die Belegung in Tutorien.

Die Kampagne für den TVStud III startete mit einer Befragung der Beschäftigten, die deutliche Missstände offenbarte. Seitdem gab es viele Aktionen von der aktiven studentischen Basis und eine erfolgreiche Anstrengung zur Neumitgliedergewinnung: die Zahl der angestrebten 1.000 neu organisierten Kolleg*innen ist mit 931 fast erreicht! Die nächsten 1.000 Mitglieder werden nur durch Streiks und Aktionen in einem entschlossenen Arbeitskampf gewonnen!

Die letzte Verhandlungsrunde – viel Luft nach oben

Die nun eröffnete Runde zeigte zwar einerseits allgemeine „Gesprächsbereitschaft“ auf Seiten der Universitäten, aber auf den Löwenanteil der Forderungen wollten sie gar nicht eingehen oder wiesen diese zurück. In der Meldung der Tarifinitiative auf Facebook hieß es zu dem Ergebnis der Verhandlungen: „Es gibt noch sehr viel zu tun, bis die deutlich gewordenen Differenzen sich so auflösen, wie wir uns das wünschen.“

Bis Mitte Juni solle nun ein Ergebnis erzielt werden. Dies ist allerdings eine doppelschneidige Ziellinie: Einerseits zeigt es seitens der Kolleg*innen den Willen, bald erfolgreich zum Ende zu kommen und dass jetzt angestellte Studis im Zweifel noch etwas von der Runde haben. Andererseits muss im Falle eines zu schlechten Verhandlungsstandes weiter gekämpft werden und jede Vorstellung einer ritualisierten Tarifauseinandersetzung, bei der ein fauler Kompromiss herauskommt, sollte klar vermieden werden.

Benjamin Bisping, TVStud Aktivist und Mitglied der Tarif- und Verhandlungskommision, bewertete den Verhandlungstermin folgendermaßen:

Die Hochschulleitungen haben sich als entgegenkommend gegeben. Doch effektiv lehnten sie dreiviertel unserer Punkte durchweg ab und wollten kein konkretes Angebot zum Lohn machen. Was mich mal wieder besonders aufgeregt hat, war, dass sie weiterhin alle Unsicherheiten aus Drittmittelfinanzierung selbstverständlich auf die Beschäftigten abwälzen wollen.

Insbesondere der letztgenannte Punkt zeigt auf, wie eng die neoliberale Ausrichtung der Hochschulen und die immer prekärer werdenden Lebens- und Arbeitsbedingungen miteinander in Verbindung stehen.

Ein Ausblick auf die nächste Etappe

Auf die Frage, was nun von Seiten der Kolleg*innen passieren müsse, um den Kampf erfolgreich zu führen, antwortete Benjamin B.:

Im akademischen Bereich gibt es nach toten Jahrzehnten wieder eine Organisierung der Arbeitenden! Aktuell scheinen sich Hochschulleitungen und Gewerkschaften gleichermaßen noch nicht so recht auf diese neue Realität eingelassen zu haben. Wir studentischen Beschäftigen müssen ihnen diese Realität deutlich sichtbar machen.

Das Ergebnis der Verhandlugen zeigt: wenn der Kampf gewonnen werden soll, dann braucht es nun einen massiven Impuls für die bisher bereits demokratisch und energisch geführte Kampagne und all diejenigen, die bisher erreicht wurden, müssen für eine aktive Beteiligung gewonnen werden. An dieser Stelle wollen wir fünf Vorschläge machen, um die Unis und den Senat zu besiegen:

  1. Den Kampf politisch führen
    Für diesen Tarifkonflikt ist die Gewinnung der breiten Masse an Studierenden entscheidend. Dies gelingt nur wenn die Streikenden aufzeigen können, was dieser Kampf mit den Studis selbst zu tun hat und warum dies nicht nur ein ökonomischer, sondern ein politischer Konflikt ist. Prekäre Bedingungen in allen Statusgruppen – von der Reinigung bis zum Mittelbau – sind eben nicht losgelöst von der neoliberalen Hochschulpolitik, sondern ein Produkt davon. Drittmittelfinanzierung, überfüllte Seminare und Tutorien – all das muss ein Ende haben. Wir brauchen ausfinanzierte, basisdemokratisch organisierte Hochschulen ohne Auslagerungen und Lohndumping! Das heißt auch, wir brauchen eine politische Massenbewegung, die aus diesem Streik hervorgehen könnte.
  2. Verbündete gewinnen
    Bereits in der Vergangenheit haben sich die Aktiven von TVStud mit den aktivsten Teilen der Berliner Arbeiter*innenbewegung zusammen getan und gemeinsame Aktionen gemacht. Die bewusste Unterstützung der laufenden Konflikte wie bei der Charité, Vivantes oder Vattenfall, sowie die Allianz mit anderen Belegschaften wie der direkten FU-Tochtergesellschaft vom Botanischer Garten oder der BVG macht nicht nur insgesamt die Berliner Arbeiter*innenbewegung stärker, sondern sichert auch die Solidarität eben dieser Kolleg*innen, wenn die TVStud-Initiative ihre Hilfe benötigt. Gerade auch die Stimme des akademischen Mittelbaus ist hier besonders wertvoll.
  3. Lokale Streikkomitees
    Die bisher bestehenden Basistreffen an den großen drei Unis (HU, FU, TU) sind wichtige Orte, an denen neben den offenen Treffen der Tarifinitiative politisch diskutiert werden kann und individuelle Aktionen vor Ort geplant und umgesetzt werden können. Sie können als erste Anlaufpunkte für Kolleg*innen und solidarische Aktivist*innen dienen, die gerade erst beginnen, sich in den Kampf einzubringen. Diese Strukturen zu stärken oder dort aufzubauen, wo sie noch nicht existieren, ist eine wichtige Voraussetzung für eine starke Kampagne.
  4. Warum wir einen Streik brauchen
    Es existiert die Vorstellung, die Streikmacht der studentischen Beschäftigten sei zu gering und der Unibetrieb könnte nur zu wenig gestört werden, um durch einen Streik wirklich einen Unterschied zu machen. Demgegenüber sei einfach allgemein durch verschiedene Aktionen die Uniöffentlichkeit für die eigene Sache zu gewinnen. Aber doch, wir brauchen Streiks!
    Erstens kann sehr wohl der Betrieb empfindlich gestört werden, insbesondere im Bereich der Bibliotheken und der IT-Services. Dass dann auch Studis dabei sind, die sich über die Störung des Betriebs aufregen und (vorerst) nicht auf unserer Seite stehen, liegt in der Natur der Sache. Aber genau darum geht es ja bei der ganzen Sache: Aufmerksamkeit erregen, Öffentlichkeit herstellen, Überzeugungsarbeit leisten, neue Streikende und neue Verbündete gewinnen! Und genau dafür ist der Streik eine unabdingbare Voraussetzung: Die Gewinnung der Uniöffentlichkeit kann erst gelingen, wenn wir wirklich zu kämpfen beginnen und wenn wir zeigen, dass wir eben für das Erreichen unserer Ziele auch die Alltagsroutine durchbrechen.
  5. Vollversammlung der Streikenden
    In der ersten Woche im Mai ist eine Aktionswoche mit einem großen Netzwerktreffen geplant. Diese gute Initiative könnte zu einem wichtigen Baustein in der Kampagne für den Tarifvertrag werden, wenn sie richtig angepackt wird. Eintausend neue Gewerkschaftsmitglieder unter den studentischen Beschäftigten zu gewinnen war ein großer Erfolg und ein Ergebnis der engagierten Kampagne der TVStud-Aktiven! Doch nun müssen diese neuen Mitglieder gemeinsam mit den vorherigen nicht-aktiven in den Arbeitskampf einbezogen werden. Es sollte das Ziel der aktiven studentischen Kolleg*innen sein, dass dieses Netzwerktreffen eine Vollversammlung aller neuen und alten Mitglieder wird. Dafür müssen die Gewerkschaften alle Mitglieder so direkt wie möglich zu diesem Treffen einladen. Darüber hinaus sollten auch alle solidarischen nicht-beschäftigten Studis, Kolleg*innen aus dem Mittelbau, Kolleg*innen anderer Sektoren und weitere Aktivist*innen eingeladen werden. Auf diesen Treffen könnten dann die verschiedenen Impulse von der Basis zusammenfließen und ein Kampfplan diskutiert und abgestimmt werden, welcher die Streikenden dazu in die Lage versetzt, einen Sieg in dem Arbeitskampf zu erringen!

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