TV G aufgeben? Streiken wie in Frankreich!

23.03.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Maxi Schulz / Klasse Gegen Klasse

Der Geschäftsführende Landesvorstand der GEW Berlin will den Kampf für einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz aufgeben. Wir von KgK Workers stellen uns dagegen.

Am Freitag hat die KMK erneut getagt, der SWK explizit für ihre dreisten Empfehlungen zum Umgang mit dem Lehrkräftemangel gedankt und beschlossen, diese aufzugreifen. Währenddessen geht an Schulen bundesweit weiterhin alles drunter und drüber, weil Bildung von der Politik aktiv depriorisiert wird. Uns muss klar sein, dass wir nur kleinere Klassen haben werden, wenn wir einen TV G erkämpfen und gleichzeitig Milliarden in konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrer:innenmangels gesteckt und eine massive Schulbau- und -sanierungsoffensive gestartet wird.

Doch selbst Rot-Rot-Grün hat letztes Jahr genau darin 700 Millionen Euro gekürzt. 133 der 177 eigentlich geplanten Neubauprojekte und Sanierungsmaßnahmen finden deshalb jetzt doch nicht statt – obwohl nicht nur Putz von der Wand fällt, sondern auch jedes dritte Berliner Schulgebäude mit Asbest belastet ist. Für Startups waren 190 Millionen Euro da, für die Polizeiwache am Kottbusser Tor 3,75 Millionen Euro und für Taser 1,5 Millionen.

Mit einer CDU-geführten Regierung wird die Situation sicher nicht besser. Schon im Wahlkampf hatte diese klargemacht, wofür sie steht: Zusätzliche Polizeistellen, gepanzerte
Fahrzeuge, die Abschaffung des Landesantidiskriminierungsgesetzes und sogar ein Polizeiehrenmal
wollen die Konservativen für Berlin. Auf Bundesebene hatte die Union 2021 damit geworben, eine Milliarde für die Linderung der psychischen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie für Kinder bereitzustellen – als ob das viel wäre.

Und als ob es noch nicht genug wäre, dass die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir arbeiten, wohl wieder Wehrdienst leisten müssen und unsere Schulen mit dem Militär kooperieren, gehen auch noch 16 Prozent des Bundeshaushalts an Verteidigung, aber nur 4,5 Prozent werden in Bildung investiert.

Trotzdem will der GLV der GEW Berlin den Kampf für einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz aufgeben – ohne alle Register gezogen zu haben. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! Die junge GEW schlägt deshalb vor, mit einem Erzwingungsstreik den Druck zu erhöhen.

Nicht nur wir streiken, nicht nur wir werden verraten, nicht nur wir kämpfen für Erzwingungsstreik

Sowohl die Chemie-Gewerkschaft IG BCE als auch die IG Metall setzten bereits 2022 den entsprechenden Tarifrunden mit wegen der langen Laufzeiten eher schlechten als rechten Einigungen ein Ende.

Nun nahm vorletzte Woche auch die Tarifkommission der bei der Deutschen Post AG Beschäftigten ein Angebot des Unternehmens an, obwohl es für viele Beschäftigte zu einem Reallohnverlust führt. Es ist deshalb jetzt noch wahrscheinlicher, dass die Arbeitgeber auch im öffentlichen
Dienst bald ein ähnliches Angebot unterbreiten. Diese Angebote sollten abgelehnt werden, um durch unbefristete Streiks das vollständige Potenzial der Streikbewegung auszuschöpfen.

Wo bleiben also die gemeinsamen Streiktage?

Anfang Februar haben in Berlin an einem Montag Post-Beschäftigte, am darauffolgenden Dienstag und Mittwoch wir Lehrer:innen, am Donnerstag der öffentliche Dienst und am Freitag die Berliner Stadtreinigung gestreikt. Es ist ein Skandal, dass die Streiks von den – im Vergleich zu uns – wenigen hauptamtlichen Funktionsträger:innen trotzdem voneinander getrennt gehalten werden.

Stellen wir uns einmal vor, was es für einen Druck erzeugen würde, wenn wir zusammen streiken würden! Briefkästen würden überlaufen – eine große Krise in einem so bürokratischen Land wie Deutschland – und die Stadt bis zum Himmel stinken. Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) könnte uns nicht länger ignorieren. Er müsste sich endlich auf Verhandlungen einlassen.

Sowohl die Delegiertenversammlungen der TVöD-Beschäftigten als auch die Landesbezirksversammlung von ver.di haben sich auch schon für eine Zusammenlegung der Streiks ausgesprochen. Lass uns in den Streikcafés auch über die Zusammenführung unseres Streiks mit den anderen abstimmen!

Möglich ist das auf jeden Fall, wie ein Blick auf Frankreich beweist. Millionen sind auf den Straßen unseres Nachbarlandes und versuchen, Macrons Rentenreform abzuwenden. Sektorenübergreifend wird gestreikt und in den Branchen, in denen fortschrittlichsten Beschäftigten angestellt sind, finden statt einzelnen, von den Gewerkschaftsführungen voneinander getrennte Streiktage, verlängerbare Streiks statt. Jeden Tag entscheiden die
Streikenden selbst, ob sie am nächsten Tag ihren Streik fortsetzen – oder nicht. Die verschiedenen Gewerkschaften haben sich in einer Intersyndicale zusammengeschlossen, die allerdings versucht, die Massen auszubremsen. Doch an diese lassen sich nicht spalten,
sondern koordinieren sich untereinander und bereiten sich auf einen Generalstreik vor.

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