Trump ist der Mörder: Zehn Menschen ersticken bei Grenzübertritt
Zehn Immigrant*innen wurden in Texas tot aufgefunden. Ursachen der Tode sind Hitze und Ersticken. Von Mira Craig-Morse.
Als sich die Türen des Trucks endlich auf dem Parkplatz eines Walmart in San Antonio öffneten, waren bereits acht Menschen tot – weniger als drei Stunden, nachdem die Fahrt an der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten begann. 30 der 39 Migrant*innen wurden sofort ins Krankenhaus gebracht; laut Feuerwehrchef Charles Hood befanden sich etwa 20 von ihnen in kritischem Zustand. Ausgelöst wurden die Tode durch Hitzebelastung und Ersticken, wahrscheinlich auf Grund einer verstopften Belüftungsanlage und mangelnder Klimaanlage. Laut den Überlebenden waren die verbliebenen Migrant*innen nur ein Bruchteil derer, die entlang der Route eingestiegen waren; laut einem Bericht der New York Times sprachen einige von bis zu 200 Menschen.
Der Fahrer, James M. Bradley, ein 60-Jähriger Mann aus Clearwater, Florida, wird vor dem Bundesgericht wegen des Transports illegaler Immigrant*innen in die USA angeklagt. Bradley sagte den Ermittler*innen, dass er nichts über den Inhalt des Trucks wusste, bis er an einer Toilette anhielt und von hinten ein Geräusch hörte. Da öffnete er die Türen und wurde von flüchtenden Migrant*innen überrannt. Bradleys Rolle bei dem Verbrechen ist ungewiss. In jedem Fall aber liegt die wahre Schuld am Tod dieser unschuldigen Menschen bei der sich weiter verschärfenden Einwanderungspolitik der Vereinigten Staaten, die in den letzten Monaten zu einem Anstieg der Schlepperei nach Texas führte.
Die Überlebenden sind Berichten zufolge in Gewahrsam der Einwanderungs- und Zoll-Vollstreckung (Immigration and Customs Enforcement, ICE), wo Anwält*innen dafür plädieren, ihnen Schutzstatus als Opfer und Zeug*innen eines Verbrechens zu gewähren.
Für viele, die im Truck gefangen waren, war dies nur das bisher letzte Kapitel einer langen und grauenvollen Reise, auf der sie den Rio Grande auf Flößen überquert hatten, stundenlang durch süd-texanisches Unterholz gewandert waren, tausende Dollar Schulden an Schmuggler*innen und das Zetas-Kartell in San Antonio angehäuft und elf Tage in einem Lagerhaus gewartet hatten, bevor sie mit offenbar hunderten anderen Menschen in den pechschwarzen Anhänger geladen wurden.
Die tragischen Tode und die Verletzungen von 39 Immigrant*innen sind einer der schwersten Vorfälle des Menschenschmuggels in der amerikanischen Geschichte, und seine politische Bedeutung im aktuellen Klima rund um die Einwanderung blieb den Politiker*innen nicht verborgen. Der texanische Vizegouverneur Dan Patrick beschuldigte die „Sanctuary Cities“ [„Zufluchtsstädte“, Städte in den USA, wo die Polizei nach Personalienaufnahme von illegalisierten Migrant*innen nicht dem ICE Bescheid gibt, A.d.Ü.] –
jene Städte, die Einwohner*innen ein wenig vor den Einwanderungsgesetzen abschirmen. Er sagte, sie „verleiten Menschen dazu, zu glauben, sie könnten nach Amerika und Texas kommen und außerhalb des Gesetzes leben.“ Damit zog er den Ärger anderer Politiker*innen auf sich, die ihn dafür angriffen, den ernsten Moment für „zügelloses Cheerleading“ zu nutzen. Der brutale Mord an Personen, deren Körper für die Rückgabe an die Familien noch identifiziert werden müssen, ist unglücklicherweise untrennbar mit der nationalen Politik verwoben.
Obwohl er heillos inkompetent und selbstverliebt wirkt, erfuhr Präsident Donald J. Trump beachtliche Unterstützung bei seiner Anti-Einwanderungs-Politik. Auf obersten Befehl Trumps verfügt das ICE jetzt über drei Mal so viele Agent*innen, die nun größere Freiheiten und Anreize haben, Migrant*innen in den USA zu verhaften und Abschiebungen in die Gänge zu leiten. Zahlen der Nachrichtenseite Government Executive zufolge verhaftete das ICE zwischen Ende Januar und Ende April 41.000 Menschen; 37 Prozent mehr als im selben Zeitraum im vergangenen Jahr. Die Zahl der tatsächlichen Abschiebungen sank dagegen, möglicherweise wegen des erhöhten Drucks auf die Einwanderungs-Bürokratie. Aber die Politik und die Einstellung der Regierung gegenüber Menschen, die vor Armut, Verfolgung und Gewalt fliehen, sind unbestreitbar und unbeirrt menschenverachtend.
In die Vereinigten Staaten umzusiedeln war schwierig für fast alle – seit den ersten Tagen der Gesetzesverschärfung im 19. Jahrhundert, als die Einwanderung speziell aus China eingeschränkt wurde. Diskriminierung und Doppel-Standards für jene, die in die Vereinigten Staaten ziehen wollten, hielten seitdem ununterbrochen an. Die US-amerikanische Industrie, insbesondere die Agrarindustrie, profitiert stark, ja ist in vielen Fällen abhängig von Einwanderung aus Lateinamerika. Die Möglichkeit der Arbeiter*innen, die US-amerikanische Staatsbürger*innenschaft zu bekommen, wurde allerdings zunehmend eingeschränkt; besonders nachdem die Konservativen, die die Legalisierung der Einwanderung von lateinamerikanischen Arbeiter*innen ablehnen, jetzt weitgehende Unterstützung aller drei Zweige der US-Regierung erfahren. Es scheint ihnen gleichgültig zu sein, dass Immigrant*innen oftmals direkt von US-Konzernen und Politik aus ihren Häusern geworfen werden.
Der Verlust von Menschenleben in San Antonio ist nur die jüngste Tragödie in Folge der Anti-Einwanderungs-Politik. Das Leben jeder einzelnen Person, die im schwarzen und überfüllten Anhänger auf dem Weg in den erhofften Neubeginn umkam, verdient Respekt und Würdigung. Noch bevor mehr unschuldige Leben beendet werden und mehr hoffnungsvolle Zukunft zerstört wird, muss sich die Einwanderungspolitik der USA ändern. Wir können nicht weiter Witze darüber machen, wie Trump die Mauer mit seinen eigenen kleinen Händen bauen muss. Die sehr reale Mauer der Gesetze und ihrer Vollstrecker*innen im ICE steht bereits. Auch wenn irgendwann alle Mauern in sich zusammenstürzen werden, diese muss die nächste sein.
Dieser Artikel erschien ursprünglich bei Left Voice.