Bündnis für ein Volksbegehren für bessere Pflege. Gewerkschaften, Patient*innenvertretungen und vor allem Krankheits- und Gesundheitspfleger*innen mobilisieren gegen die weitere Ökonomisierung des Gesundheitswesens. " /> Bündnis für ein Volksbegehren für bessere Pflege. Gewerkschaften, Patient*innenvertretungen und vor allem Krankheits- und Gesundheitspfleger*innen mobilisieren gegen die weitere Ökonomisierung des Gesundheitswesens. " />

Stoppt den Pflegenotstand – soziale Offensive in Bayern

26.07.2018, Lesezeit 3 Min.
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In Bayern entsteht analog zu Initiativen in Hamburg und Berlin ein Bündnis für ein Volksbegehren für bessere Pflege. Gewerkschaften, Patient*innenvertretungen und vor allem Krankheits- und Gesundheitspfleger*innen mobilisieren gegen die weitere Ökonomisierung des Gesundheitswesens.

Anfang Mai 2018 gab es das erste Treffen des Bündnisses für ein Volksbegehren „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“. Seit Mitte Juli steht nun der mehrseitige Gesetzesentwurf. Adelheid Rupp, Rechtsanwältin des Volksbegehrens, präsentierte im Münchner Ratskeller dessen Eckpunkte. So soll eine behördliche Kontrolle bei der Überprüfung der Personalentwicklung festgeschrieben werden, sowie eine Expertenkommission in beratender Funktion, paritätisch zusammengesetzt aus Patient*innenvertretungen, Pfleger*innen, Ärzt*innen, Gewerkschaften und Gesundheitsexpert*innen. Ziel des Volksbegehrens sei eine bedarfsgerechte Pflege.

Wichtig sei, einen neuen Pflegeschlüssel festzulegen. Das betrifft besonders die Intensivbetreuung (Pflegeschlüssel 1:1) und die Nachtschichten (Pflegeschlüssel 1:15). Leitungstätigkeiten sollen aus dem Standardbetrieb herausgenommen werden und ein faktisches Konsequenzen-Management eingeführt werden.

In der insgesamt sehr dynamischen Pressekonferenz kamen mit Stefan Jagel und Ica Fritz zwei Pfleger*innen oft zu Wort. Sehr konkret beschrieben sie die Situation in den Krankenhäusern. Ica Fritz, Pflegerin aus Augsburg erzählte, dass sie die Arbeit eines Tages früher in einer Woche erledigt habe. Es gab mehr Zeit, sich um die einzelnen Patient*innen zu kümmern. Ihr Beruf habe sich sehr verändert, er sei nicht das, was sie früher gelernt habe. Es fehle an Menschlichkeit. Die jüngeren Kolleg*innen seien überfordert, da sie die Abläufe nicht gut kennen, die älteren Kolleg*innen kommen mit der körperlichen Anstrengung schlecht zurecht. Derzeitige Schichtpläne und schlechte Bezahlung schrecken viele ehemalige Kolleg*innen ab, weiterhin in der Pflege zu arbeiten. Laut einer ver.di-Erhebung fehlen in Bayern knapp 12.000 Stellen in der Pflege, so Robert Hinke, Landesfachbereichsleiter Gesundheit.

Das Volksbegehren sei auch dazu da, nicht nur Appelle an die Regierung zu richten, sondern selbst politisch aktiv zu werden, so Peter Hoffmann, Arzt am städtischen Klinikum in Harlaching. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens müsse aufhören, Krankenhäuser seien keine Fabriken.

Insgesamt bekräftigten die Initiator*innen, dass es wichtig sei, die sozialen Fragen wieder auf den Tisch zu bringen, anstatt – wie die Landesregierung – eine völlig absurde Angstdebatte um Asyl, Migration und Grenzschutz zu führen. Die Pflege und die Frage der Migration stehen in konkretem Zusammenhang, so Stefan Jagel. Nicht nur, weil Kolleg*innen aus den Kliniken mittlerweile abgeschoben werden sollen. Sondern auch deshalb, weil die Frage der sozialen Gerechtigkeit eine internationale Dimension hat.

Neben ver.di, der SPD und der Linkspartei unterstützen mittlerweile über 200 Einzelpersonen, der Marburger Bund und auch der Katholische Arbeiterbund das Volksbegehren. In einem ersten Schritt müssen die Initiatoren nun 25.000 Unterschriften für das Volksbegehren sammeln und dem Innenministerium vorlegen. Bis zur Landtagswahl sollen bayernweit mindestens 40.000 Unterschriften gesammelt werden. Nach der rechtlichen Zulassung des Volksbegehrens, müssten anschließend bayernweit zehn Prozent der wahlberechtigten Bürger*innen für das Volksbegehren zur Unterschrift mobilisiert werden, um dann zum eigentlichen Volksentscheid zu kommen.

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