Sozialistische Stadträtin in Seattle wiedergewählt

17.11.2015, Lesezeit 3 Min.
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Kshama Sawant, die einzige offen sozialistische Stadträtin in den USA, wurde am 3. November mit über 52% der Stimmen gegen eine demokratische Herausforderin wiedergewählt. Sawant, Mitglied der Gruppe Socialist Alternative (Schwesterorganisation der SAV), sitzt seit 2013 im Stadtrat.

Gegnerin von Sawant war die Demokratin Pamela Banks, Präsidentin der Urban League of Metropolitan Seattle. Lobbygruppen gaben zehntausende US-Dollar für die Kampagne gegen Sawant aus und Banks bekam Unterstützung von der städtischen Handelskammer und Großunternehmen wie Amazon. Banks attackierte Sawant während der Kampagne für deren Teilnahme an Straßenprotesten und die Kritik an Barack Obama und dem Establishment der Demokratischen Partei.

Sawant wurde 2013 das erste Mal gewählt und wurde der*die erste Sozialist*in im Stadtrat seit über hundert Jahren. Ihre Kandidatur wurde von der Forderung nach einem-Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde für Seattle angetrieben. Damals von den Medien und Konzernpolitiker*innen als unmöglich verspottet, wurde die Forderung bald nach der Wahl von Sawant umgesetzt, allerdings mit einem Zeitplan, der die 15-Dollar-Grenze erst 2021 erreicht und eine Reihe von Hintertüren lässt, um das Gesetz für die kapitalistische Klasse von Seattle schmackhafter zu machen. Nach der Anhebung des Mindestlohns in Seattle verkündeten Los Angeles und San Francisco ebenfalls Pläne, ihren Mindestlohn auch auf 15 Dollar pro Stunde zu erhöhen. Diesen Sommer machte die Führung der Demokratischen Partei einen 15-Dollar-Mindestlohn zu einem Teil ihres Programms.

Wie schon 2013 zeigt Sawants Wahlsieg, dass im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung Sozialist*innen Wahlen in den USA durchaus gewinnen können. Demokrat*innen können von Linken besiegt werden. Sawant, die Spenden von Konzernen ablehnt, konnte 500.000 Dollar für ihre Kampagne sammeln – eine Rekordsumme für eine Stadtratswahl in Seattle.

Dieses Mal konzentrierte sich Sawants Kampagne auf die Krise des bezahlbaren Wohnraums in Seattle, einer Stadt mit explodierenden Mieten und Hauspreisen. Der durchschnittliche Preis eines Einfamilienhauses liegt inzwischen bei 575.000 Dollar, mehr als doppelt so teuer wie im US-Durchschnitt. Die Forderungen ihrer Kampagne beinhalteten eine verstärkte Kontrolle der Mieten, Grundrechte für Mieter*innen und den Bau von tausenden bezahlbaren Wohnungen.

Doch statt Sawants Sitz zu nutzen, um eine unabhängige Bewegung der Arbeiter*innenklasse aufzubauen, unterstützt Socialist Alternative praktisch kritiklos die Kandidatur von Bernie Sanders für das Präsidentenamt und hat den absurden Gedanken einer von ihm angeführten „politischen Revolution“ wiederholt. In Wirklichkeit – worauf wir auch hingewiesen haben – zielt Sanders darauf, Linke, Jugendliche und kämpferische Arbeiter*innen zurück in die Reihen der Demokratischen Partei zu führen und jeden Versuch einer unabhängigen Bewegung einzupferchen, wie beispielsweise Occupy Wall Street oder Black Lives Matter, die den Status quo in Frage stellen könnten. Sanders hat Interventionen des US-Militärs in Afghanistan und dem ehemaligen Jugoslawien unterstützt und permanent für US-Militärhilfe für das israelische Apartheidsregime gestimmt. Und wie Socialist Alternative zugibt, hat Sanders versprochen, Hillary Clinton seine Unterstützung zu geben, wenn diese ihn in den Vorwahlen besiegen sollte.

Anstatt für liberale Karrierepolitiker*innen wie Sanders Kampagne zu machen, braucht es eine unabhängige Bewegung der Arbeiter*innen und der Jugend, die jede Zusammenarbeit mit der kapitalistischen Klasse zurückweist. Sawants Sieg beweist, dass Sozialist*innen Wahlen gewinnen können. Aber Wahlsiege werden vergebens sein, wenn sie zu Integration und Untergang der Bewegung führen.

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