So viel zum “kleineren Übel”: Biden bombardiert Syrien

01.03.2021, Lesezeit 6 Min.
Übersetzung:
1

In seiner ersten Militäraktion seit seinem Amtsantritt hat Joe Biden eine Reihe von Luftangriffen in Syrien gestartet und damit eine erneute imperialistische Offensive in der Region signalisiert. Mit der Macht der vereinigten Arbeiter:innenklasse müssen wir ein Ende der imperialistischen Aggression und der Sanktionen gegen Syrien, den Iran und ganz Westasien fordern.

Joe Bidens erste bekannt gewordene militärische Aktion seit seiner Vereidigung waren schwere Luftangriffe auf Syrien am 25. Februar. Dieser Angriff diente als Erinnerung daran, dass es für die Opfer des US-Imperialismus auch mit den Demokraten keine Atempause geben kann.

Pentagon-Sprecher Jack Kirby behauptete, dass die Luftangriffe auf einen bestimmten Ort an der syrisch-irakischen Grenze gerichtet waren und dort Einrichtungen zerstört haben, die von iranisch-unterstützen Kräften kontrolliert wurden. Bei den Angriffen wurden Berichten zufolge 22 Milizionär:innen des irakischen Ablegers der Hisbollah und der irakischen Popular Mobilization Forces getötet. Unabhängig davon, ob die Ziele des Angriffs wirklich durch den Iran unterstützt werden, riskieren die Luftangriffe das Aufflammen eines größeren Konflikts in der Region. Dieser würde unweigerlich auf dem Rücken der Arbeiter:innenklassen Westasiens ausgetragen werden, wie es bei allen vergangenen US-Interventionen in der Region der Fall war.

Der Angriff erfolgt in einer Zeit in der die Hoffnungen auf eine Rückkehr zum Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), allgemein bekannt als das Atomabkommen mit dem Iran, verblassen. Diese Hoffnungen werden vor allem aufgrund der Weigerung der Biden-Administration, tödliche Sanktionen gegen den Iran zu beenden, zerschlagen. Die „Maximal-Druck“-Sanktionen waren ein Grundpfeiler von Trumps Versuch, den wirtschaftlichen Einfluss der USA in der Region zu vergrößern. Diese Sanktionen haben den Konflikt zwischen den USA und dem Iran weiter eskalieren lassen und der iranischen Arbeiter:innenklasse den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten verwehrt. Während Biden im Wahlkampf mit dem Versprechen geworben hatte, zum JCPOA zurückzukehren, signalisieren sein Versuch den Iran mit harten Bandagen zu bekämpfen und der Luftangriff auf Syrien eine Außenpolitik, die auf die Fortsetzung des US-Imperialismus im Nahen Osten abzielt.

Syrien ist seit langem ein Schlachtfeld im Stellvertreter:innenkrieg der USA gegen Russland: Ein Versuch der beiden, sich wieder als die unangefochtene Macht in der Region zu etablieren. Biden und sein Team haben versprochen, einen härteren Kurs gegenüber Russland, dem Iran und China einzuschlagen. Die USA benutzen die Bedrohung durch Terrorismus sowie Menschenrechtsverletzungen, um ihre Eskalationen gegen diese Länder zu rechtfertigen; die wirkliche Bedrohung für die Biden-Administration besteht jedoch darin, dass Russland, der Iran und China versuchen, den Einfluss ihrer eigenen kapitalistischen Klassen zu vergrößern und die Vereinigten Staaten so herausfordern. Wenn Bidens Eskalationen zu größeren Konflikten im Nahen Osten führen, werden es die Arbeiter:innenklassen aller dieser Nationen sein, die darunter leiden.

Die Luftangriffe signalisieren auch die Unterstützung der Biden-Administration für das israelische Regime. Schon die Trump-Administration unterstützte Israels Eskalationspolitik gegenüber dem Iran. Diese umfasste Luftangriffe Israels entlang der syrisch-irakischen Grenze. Bidens außenpolitisches Team ist gespickt mit überzeugten Israel-Befürworter:innen, wie z.B. Außenminister Antony Blinken und dem außenpolitischen Berater Jake Sullivan, die offen über ihren Wunsch gesprochen haben, Israels Premierminister Benjamin Netanjahu in seiner zunehmenden Feindseligkeit gegen dem Iran zu unterstützen.

Das Pentagon versuchte, die Luftangriffe als Vergeltung für einen Raketenangriff auf eine US-Basis im Irak am 22. Februar zu rechtfertigen. Bei dem Angriff wurde ein Söldner getötet und acht weitere sowie ein Mitglied der US-Streitkräfte verletzt. Das Pentagon möchte die US-Amerikaner:innen in dem Glauben bestärken, dass ein solcher Angriff eine Reaktion des US-Militärs rechtfertige, dabei handelt es sich um nichts anderes als eine weitere Tarnung für den US-Imperialismus. Die Tatsache, dass alle bis auf eines der Opfer des Angriffs vom 22. Februar Söldner waren, sollte ebenfalls Zweifel an der moralischen Haltung des Pentagons aufkommen lassen. Private Streitkräfte haben in den imperialistischen Kriegen der Vereinigten Staaten eine lange Geschichte von Gewalttaten gegen die irakische Bevölkerung.

Für Biden ist der Einsatz von Luftangriffen natürlich kein Fremdwort. Als Vizepräsident der Obama-Regierung war er mitschuldig an den Versuchen, einen Regimewechsel in Syrien herbeizuführen. Die Obama/Biden-Administration leistete auch Pionierarbeit beim Einsatz von Drohnen- und Luftangriffen in Westasien und bombardierte dabei bekanntermaßen sieben verschiedene Länder zur gleichen Zeit. Bidens Außenminister, Antony Blinken, war einer der stärksten Befürworter dieses von der Obama-Regierung angestrebten Regimewechsels. Heute hat er einen noch größeren Einfluss auf die US-Außenpolitik als damals. Das bedeutet, dass die Luftangriffe auf Syrien weitergehen werden, wenn nicht alle Gegner:innen des US-Imperialismus eine militante Antikriegsbewegung organisieren.

Die Luftangriffe erfolgen zu einem Zeitpunkt, an dem Biden von sämtlichen seiner Wahlkampfversprechen Abstand nimmt, die die amerikanische Arbeiter:innenklasse dazu gebracht haben könnten, für ihn zu stimmen: So distanzierte er sich von der Erhöhung des Mindestlohns oder dem Erlass von Schulden aus Studiengebühren. Die Vereinigten Staaten haben derzeit ein Militäretat von 934 Milliarden US-Dollar, doch der Arbeiter:innenklasse wird gesagt, dass Programme, die ihr Leben verbessern könnten, wie z. B. eine universelle Gesundheitsversorgung, kostenloser Hochschulzugang, kostenloser Wohnraum und grüne Infrastrukturprogramme zu teuer seien. Das liegt daran, dass die Demokratische Partei und alle ihre Mitglieder im Dienst der Interessen der kapitalistischen Klasse stehen. Sozialist:innen in den Vereinigten Staaten müssen sich daher organisieren, um den Antiimperialismus in den Mittelpunkt ihrer Politik zu stellen und den US-Imperialismus bei jeder Gelegenheit anzuprangern. Daher fordern wir für das Wohl der Arbeiter:innen in Syrien und den USA, deren Interessen zugunsten des Imperialismus ignoriert werden: Keine US-Angriffe in Syrien! Kein Krieg mit dem Iran! USA raus aus Westasien!

Dieser Artikel erschien zuerst auf unserer US-amerikanischen Schwesterseite Left Voice.

Mehr zum Thema