Radio Lora: Der Kreißsaal bleibt!

18.04.2023, Lesezeit 7 Min.
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Foto. Ricarda Julia, KgK

Interview bei Radio Lora mit Anna Huber zum Soli-Komitee „Kreißsaal bleibt“ und dem selbstorganisierten Kampf der Hebammen für den Erhalt ihrer Geburtshilfe in Neuperlach.

Der Kampf der Hebammen für den Erhalt des Neuperlacher Kreißsaals erstreckt sich mittlerweile über viele Monate. Auch ein Zwischenerfolg wurde schon erreicht: Die Stadtratsfraktionen gaben dem Druck der selbstorganisierten Hebammen nach und verlängerten die Frist für die Schließung von 2024 auf 2028. Auf diesen Erfolg reagierte die Geschäftsführung vor ein paar Wochen mit einer Gegenoffensive: Leonie Lieb habe mit einem Interview in der jungen Welt gegen eine Dienstvereinbarung verstoßen. Die Folge: eine Abmahnung. Diese Repression verstehen die Hebammen und das Soli-Komitee als Einschüchterungsversuch und als Angriff auf gewerkschaftliche Organisierung. Wie im Interview nachzulesen und nachzuhören ist, hat das Soli-Komitee eine Unterschriftenliste für die Rücknahme dieser Entscheidung gestartet und schon viel Solidarität erhalten, z.B. auch von den ver.di Frauen München. Vergangene Woche strahlte das Freie Radio LORA München ein Interview der ver.di Frauen mit unserer Genossin Anna Huber aus, die über den Kampf berichtet.

Um noch mehr Druck auf die Geschäftsführung der München Klinik machen zu können, muss auch die Gewerkschaft ver.di stärker bei der Verbreitung der Kampagne gegen die Abmahnung mithelfen. Schon hunderte Kolleg:innen und ver.di Mitglieder haben unterschrieben, doch es könnten noch viel mehr sein, wenn die Gewerkschaft stärker mobilisieren und damit neben der stärkeren Bekanntmachung der Petition auch den Druck auf die Leitung der München Klinik und den Stadtrat erhöhen würde.

Hier kann man das gesamte Interview anhören, oder untenstehend transkribiert lesen.

Worum geht es im Soli-Komitee für den Erhalt des Neuperlacher Kreißsaals?

Es geht darum, dass die Kolleginnen am Neuperlacher Kreißsaal dafür kämpfen, dass ihr Kreißsaal erhalten bleibt. Ursprünglich hatte der Stadtrat München beschlossen, dass der Kreißsaal Neuperlach mit dem Kreißsaal Harlaching zusammengelegt werden soll, und zwar schon 2024. Die Kolleginnen sind damit nicht einverstanden gewesen, weil sie sehr gerne dort arbeiten und weil sie verhältnismäßig gute Arbeitsbedingungen haben. Deswegen haben sie angefangen, dagegen vorzugehen. Sie haben sich selbst organisiert und haben eine Petition ins Leben gerufen, die mittlerweile schon über 23.000 Unterschriften bekommen hat. Sie sind damit an die Presse gegangen, haben mit Stadtratsmitgliedern gesprochen, haben eben auf ihr Anliegen hingewiesen. Wofür die Kolleginnen kämpfen ist eine gute gesundheitliche Versorgung für den Stadtteil Neuperlach, aber das Krankenhaus dort ist nicht nur für den Stadtteil wichtig, sondern auch für alle umliegenden Regionen in München und außerhalb. Die Kolleginnen sind der Überzeugung, dass eine sehr gut funktionierende Station wie ihre nicht geschlossen werden sollte, weil es eben auch die Versorgung von den ganzen Bewohnerinnen und Frauen in der Umgebung schwächt.

Und jetzt ist aber etwas neues passiert. Es gibt eine Kollegin, die eine Abmahnung bekommen hat.

Anna: Ganz genau, wie schon gesagt, sind die Kolleginnen zahlreich an die Presse gegangen, um auf ihren Kampf aufmerksam zu machen. So auch die Kollegin Leonie Lieb. Sie hat ein Interview in der linken Tageszeitung junge Welt gegeben und ist daraufhin von der Geschäftsleitung der München Klinik abgemahnt worden. Das mit der Begründung, dass alle Stellungnahmen mit der Presse erst einmal mit der Pressestelle der München Klinik abgesprochen werden müssen. Aber es war die erste Abmahnung, die in dem Team passierte. Leonie spricht in dem Interview darüber, wie die Kolleginnen sich organisiert haben und sie spricht auch darüber, welche Rolle die Gewerkschaft spielt und wie die Kolleginnen auch gewerkschaftlich organisiert sind. Das hat der Geschäftsleitung überhaupt nicht gepasst. Wir werten diese Abmahnung eindeutig als Angriff auf gewerkschaftliche Arbeit in Betrieben und die freie Meinungsäußerung.

Und ihr habt jetzt eine Petition gestartet, um die Abmahnung rückgängig zu machen?

Anna: Genau. Das kommt vom Soli-Komitee. Das Soli-Komitee hat sich schon zu Beginn des Kampfes gegründet, um den Kampf zu unterstützen. Und wir haben vom Soli-Komitee aus überlegt, was wir machen können in Bezug auf die Abmahnung und haben eine Unterschriftenliste gestartet gegen die Abmahnung. Wir waren damit zum Beispiel bei der großen Streikkundgebung hier in München während der TVöD-Runde und haben dort Unterschriften gesammelt. Bis jetzt haben wir ca. 650 gesammelt, worunter auch prominente Namen wie Yasmin Fahimi (DGB-Vorsitzende), Ates Gürpinar oder Stefan Jagel (beide Partei Die Linke) sind. Diese Unterschriftenliste ist frei zugänglich und kann man gerne unterschreiben und unterstützen.

Ich finde das auf jeden Fall wichtig, das weiterhin zu unterstützen. Ihr seid fast immer bei Streikkundgebungen dabei, siehst du da eine Brücke zwischen den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und eurem Kampf?

Ja, auf jeden Fall. In den Tarifverhandlungen geht es in erster Linie um bessere Löhne, aber auch der Kampf um den Kreißsaal ist halt ein sehr, sehr wichtiger Kampf in diesem Bereich. Den Kolleginnen geht es um gute Arbeitsbedingungen und darum, dass Strukturen so erhalten bleiben, dass sie gute Arbeit leisten können. Deswegen finde ich unbedingt wichtig, das mit dem TVöD zu verbinden und zu sagen: Hey, wenn so etwas passiert, wie die Schließung eines Kreißsaals, dann müssen wir da auch präsent sein, wo für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne gekämpft wird. Und genauso bezüglich der Abmahnung von Leonie. Wenn Leute sich organisieren und kämpfen und die Geschäftsführung reagiert mit einer Abmahnung, dann müssen wir alle was dagegen tun, dann müssen wir solidarisch mit der Kollegin sein. Und das war auch tatsächlich so. Wir sind auf der Kundgebung rumgelaufen und haben sehr großen Zuspruch erhalten von den Beschäftigten aus anderen Krankenhäusern, aber auch aus ganz anderen Sektoren im TVöD.

Hast du noch eine Idee, wie wir dazu beitragen können, dass das Soli-Komitee weitere Verbreitung findet?

Anna: Auf jeden Fall zu den Treffen kommen, die wir haben. Das findet ihr auch über die Instagram-Page. Da werdet ihr auch von dem nächsten Treffen vom Soli-Komitee erfahren, wir treffen uns ungefähr einmal im Monat. Und wir haben auch vor, am ersten Mai zusammen mit dem Soli-Komitee auf die Straße zu gehen, da wird man uns auch finden können. Da werden wir auch mit Reden präsent sein, da könnt ihr einfach auf uns zukommen und fragen, wie man uns unterstützen kann. Auch an der Uni wird es Veranstaltungen geben, es sind ja auch viele Studierende im Soli-Komitee aktiv. Einfach kommen!

Wie schätzt du den Stadtrat ein? In Bezug auf die Erhaltung des Kreißsaals.

Es gab ja das Versprechen, dass der Kreißsaal erst einmal bleiben wird, nachdem sich die Kolleginnen gewehrt haben. Erst mal bis 2028. Aber tatsächlich gibt es da noch nichts offizielles und verbindliches. Noch nichts, worauf man sich wirklich verlassen kann. Und die Kolleginnen sind sich da auch einig, dass sie weiter kämpfen möchten, für den dauerhaften Erhalt ihres Kreißsaals. Es wird wahrscheinlich im Herbst eine endgültige Stellungnahme vom Stadtrat geben, aber eben nur bis 2028.

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