Macht von unten: Die Wiederentstehung von Arbeiterräten im Iran

22.09.2022, Lesezeit 30 Min.
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Foto: National council of resistance Iran

Gianni Del Panta im Gespräch mit Ida Nikou, einer Doktorandin der Soziologie an der Stony Brook State University in New York. In ihrer Dissertation befasst sie sich mit der Arbeiterbewegung im Iran und der Frage, wie sich die neoliberale Offensive auf die Rechte und Lebensbedingungen der Arbeiter ausgewirkt hat.

In der ersten Ausgabe dieses Magazins hatten wir darauf hingewiesen, dass einer der Hauptwidersprüche des vergangenen Jahrzehnts die allgemeine Unfähigkeit der Arbeiterbewegung war, die politischen Formen ihrer eigenen sozialen Emanzipation zu schaffen, trotz einer grossen Bereitschaft der Massen zum Handeln. Die Gründe, die dafür angeführt wurden, waren vielfältig. Sie alle haben jedoch einen liquidierenden Charakter und sprechen dafür, die Macht der Arbeiterbewegung am Arbeitsplatz als ein Überbleibsel des 20. Jahrhunderts. In diesem Interview konzentrieren wir uns unter anderem auf zwei neuere Erfahrungen mit Arbeiterräten im Iran. Das Bemerkenswerte daran ist, dass diese, anders als wir gewöhnlich denken, in einer nicht-revolutionären Phase entstanden sind, was beweist, dass die Kontrolle der Arbeiter über Fabriken, Lager und Büros nach wie vor eine Praxis von zwingender Relevanz und eine Notwendigkeit zur Überwindung des derzeitigen Systems ist.

In den letzten Jahren sind im Iran einige Beispiele von Arbeiterräten entstanden. Kannst Du uns etwas über diese Erfahrungen berichten?

Der Iran hat in den letzten Jahren einen Anstieg der Arbeitermilitanz erlebt. Spätestens seit 2010 ist der Klassenkampf im Iran exponentiell militanter und organisierter geworden. Wir haben langanhaltende und militante Streiks in verschiedenen Sektoren und Branchen im Iran erlebt. Die Beschäftigten haben trotz der gesetzlichen Hürden und der politischen Repression gegen Tarifverhandlungen unabhängige und parallele Gewerkschaftsorganisationen gegründet, die den staatlich geförderten Gewerkschaften Konkurrenz machen. Die fortschrittlichsten Fraktionen der Arbeiterbewegung, die Industriearbeiter der Haft-Tappeh Sugar Cane Co und (Ahwaz) der Iran National Steel Industrial Group (INSIG), rückten das Konzept der Showras und der Arbeiterratsverwaltung wieder in den Mittelpunkt der Diskussion.

In beiden Fällen ging die Idee der Showras (Arbeiterräte) aus den Mobilisierungen der Arbeiter an der Basis hervor, die vor allem als Reaktion auf die Privatisierung ihrer Unternehmen, Massenentlassungen und lange ausstehende Löhne entstanden waren. In Haft-Tappeh gibt es eine lange Geschichte des Arbeiteraktivismus, die bis in die 1970er Jahre zurückreicht, als die Arbeiter zum ersten Mal ihre eigenen Gewerkschaften gründeten. Nach der Revolution wurde die Gewerkschaft liquidiert und 2007 trotz rechtlicher Anfechtungen erneut aufgebaut. Der Arbeiterrat in Haft-Tappeh ist aus dieser Gewerkschaft hervorgegangen und besteht aus 22 Vertretern radikaler prekär Beschäftigter aus 14 verschiedenen Abteilungen der Fabrik. Die Idee eines Arbeiterrats wurde erstmals von Esmail Bakhshi, dem progressiven Gewerkschaftsführer, im Jahr 2018, auf dem Höhepunkt der Streiks in Haft-Tappeh, propagiert. In einer seiner inzwischen berühmtesten Reden auf der Generalversammlung während einer der Episoden eines dreimonatigen Streiks brachte Bakhshi die Notwendigkeit einer Kontrolle der Fabrik durch die Arbeiter zum Ausdruck, was zu seinem und anderer Arbeiter Motto wurde: «Wir können es selbst tun.»

«Die Befehle kamen immer von oben, heute haben wir beschlossen, die Regeln von unten zu diktieren. Wir weisen der Regierung Aufgaben zu … wir handeln kollektiv und als Arbeiterrat … Individualisten, Nationalisten, Rassisten und Reaktionäre haben keinen Platz unter uns. Unsere Alternative sind Arbeiterräte. Das bedeutet, dass wir kollektive Entscheidungen über unser eigenes Schicksal treffen. Wir fällen Urteile von unten. Wir haben genug Unterdrückung erlebt…» (Siehe Salour & Salour 2020).

Bald darauf setzte die Regierung eine Vielzahl von Taktiken ein, um die Rätebewegung in Haft-Tappeh zu unterdrücken. Im Jahr 2018 wurden Bakhshi und mehrere Arbeiteraktivisten verhaftet und gefoltert, während andere fortschrittliche militante Arbeiter von den Unternehmern entlassen wurden. Bakhshi wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt, und die Regierung erklärte die Generalversammlung für illegal und ersetzte sie durch den staatlich kontrollierten Islamischen Rat für Arbeit.

Trotz dieses Rückschlags errangen die Beschäftigten von Haft-Tappeh im Jahr 2020 einen wichtigen Sieg und zwangen den Staat, die Privatisierung rückgängig zu machen. Es dauerte ein weiteres Jahr bis 2021, bis die Regierung das Unternehmen endgültig in öffentliches Eigentum überführte. Selbst dann waren die Beschäftigten mit zahlreichen Problemen konfrontiert, u. a. mit ausstehenden Löhnen, der Sicherung der Fabrik und direkter Unterdrückung. Nichtsdestotrotz hatten die Arbeiter einen bedeutenden Sieg errungen, indem sie ihre Forderungen in einem langwierigen Kampf durchsetzten.

Die Ausgangslage des Arbeiterrats bei INSIG war ähnlich wie bei Haft-Tappeh. Im Gegensatz zu Haft-Tappeh verfügten die INSIG-Beschäftigten jedoch keine Erfahrung mit der Organisierung und auch keine Gewerkschaft zur Organisation ihres Kampfes. Das Chaos der Privatisierung und der daraus resultierende Produktionsstopp hielten die Beschäftigten und ihre überfälligen Forderungen in der Schwebe. Da die örtlichen Beamten nicht in der Lage und nicht willens waren zu reagieren, mobilisierten sich die verärgerten Arbeiter in informellen Freundschaftskreisen, die sich nach und nach zu geheimen Ausschüssen und Versammlungen entwickelten. Anders als in Haft-Tappeh, wo die Gewerkschaftsvertreter in der Öffentlichkeit aktiv waren, gab es im INSIG-Rat keine öffentlich bekannten Einzelvertreter. Aufgrund des geheimen Charakters dieser Versammlungen gibt es nicht genügend Informationen über ihren Organisationsmechanismus, aber die Versammlung bestand aus einer Reihe von Vertretern aus verschiedenen Abteilungen der Fabrik. Der Untergrundcharakter des INSIG-Rats erwies sich auf dem Höhepunkt der staatlichen Repression als äusserst effizient, indem er den Druck auf einzelne Aktivisten entschärfte.

Von 2016 bis 2018 organisierte der INSIG-Rat mehrere erfolgreiche Proteste und Generalstreiks. Vom 17-tägigen Generalstreik im Jahr 2016, bei dem die Arbeiter die Fabrik besetzten und dem Personal den Zutritt verweigerten, bis zum 40-tägigen Generalstreik im Jahr 2018, der zu einem der längsten Arbeiterproteste in der Geschichte der Arbeiterbewegung im Iran bis zu diesem Zeitpunkt wurde. Während dieser Streiks hielt der progressive Vertreter der Lohnabhängigen Meytham Al-Mahdi auf der Generalversammlung der INSIG (kurz nach Bakhshis Rede in Haft-Tappeh) eine Rede zur Unterstützung der verhafteten Haft-Tappeh-Arbeiter. In seiner Rede sprach Meytham über die Einheit der Arbeiterklasse und kündigte an, dass die Räteverwaltung die einzige praktikable Lösung für die Krise der INSIG sei. Nach dieser Rede wurden Meytham und 40 weitere Arbeiter in einer Reihe von nächtlichen Razzien verhaftet. Nach seiner Freilassung musste Meytham untertauchen, bevor er zu seiner Sicherheit aus dem Land floh.

Während des zwei Jahre andauernden Kampfes wandte der INSIG-Rat eine Reihe innovativer Taktiken an, darunter die Störung des Freitagsgebets – die später zu einer beliebten Taktik unter protestierenden Arbeitern in anderen Sektoren und Städten wurde –, die Besetzung des Verwaltungsgebäudes und die Vertreibunb der Manager und Aufseher sowie die Besetzung der Schatzkammer der Nationalbank der Provinz Khuzestan. Darüber hinaus organisierte der INSIG-Rat während der anhaltenden Besetzung der Fabrik im Frühjahr 2018 als Reaktion auf die Schliessung der Fabrik über Nacht Patrouillengruppen zum Schutz und zur Überwachung des Fabrikgeländes gegen den privaten Eigentümer, der beschuldigt wurde, die Maschinen zu verkaufen. Dies war ein neuartiger und beispielloser Akt der Kontrolle und Überwachung durch die Arbeiter in Form des Schutzes der Maschinen. Trotz der anschliessenden Niederschlagung des INSIG-Rates und der Arbeitervertreter erzwangen die Arbeiter erfolgreich die Zahlung von Zahlungsrückständen, die Einrichtung einer Sozialversicherung und die Wiederverstaatlichung der Fabrik.

Im Gegensatz zu dem, was wir für gewöhnlich annehmen, haben sich die beiden von Ihnen erwähnten Erfahrungen mit Arbeiterräten nicht in einer revolutionären Situation entwickelt. Was waren die Hauptfaktoren, die die Arbeiter ermutigt oder gezwungen haben, die Kontrolle über die Fabriken zu übernehmen?

Das ist richtig. Diese Erfahrungen haben sich vor dem Hintergrund ständiger Wirtschafts- und Produktionskrisen, wachsender Ungleichheiten und Armut entwickelt. All dies ist das Ergebnis des wirtschaftspolitischen Wechsels von einem entwicklungsorientierten Staat zum Neoliberalismus mit übermässiger Abhängigkeit von der Rohstoffwirtschaft und der Beseitigung der Importsubstitution auf Kosten der verarbeitenden Industrie. Die meisten der in den letzten zwei Jahrzehnten privatisierten Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes gingen in Konkurs und wurden auf Dauer stillgelegt. Die privaten Eigentümer dieser Unternehmen, von denen die meisten mit der Regierung und der Armee verbunden sind, nahmen Kredite auf und legten das Geld entweder auf einem Offshore-Konto an oder gaben es sofort in unproduktiven Wirtschaftsbereichen wie dem Finanz- und Immobiliensektor aus.

Auch die meisten Fabriken, die kurz vor dem Zusammenbruch stehen, werden von Eigentümern oder Dachgesellschaften nur mehr als Aktionären betrieben. Diese privaten Eigentümer haben massiv davon profitiert, dass sie Fabriken zu einem Bruchteil der tatsächlichen Kosten gekauft haben, um ihre neuen Unternehmen zu schliessen. Diese Fabriken, von denen einige vor der internen Politik und den externen Sanktionen die grössten industriellen Hersteller in der Region des Mittleren Ostens waren, gehörten in den letzten Jahren zu den aktivsten Orten des Arbeitskampfes. Die bereits erwähnte INSIG oder die Haft-Tappeh Sugar Cane Co. mussten entweder schliessen oder arbeiten nach der Privatisierung kaum noch bzw. produzieren mit weit weniger als zu ihrer vollen Kapazität. Diese privaten Eigentümer haben versucht, diese staatlich geförderten Finanzspekulationen zu maximieren, indem sie andere unproduktive Tätigkeiten ausübten, die nichts mit der Hauptfunktion des Unternehmens zu tun hatten. So hat beispielsweise der Eigentümer von Haft-Tappeh riesige Flächen Land, die zuvor für den Anbau von Zuckerrohr genutzt wurden, gepachtet und umgenutzt. Verschärft wurde diese Situation durch die von der Regierung angestrebte «Globalisierung», die zur Abschaffung von Einfuhrsubventionen in Branchen geführt hat, die auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Die unregulierte Einfuhr von Zucker aus Kuba ist Teil der Produktionskrise in Haft-Tappeh und der iranischen Zuckerindustrie im Allgemeinen.

Dieser Produktionsstopp ähnelt der revolutionären Situation von 1979, als die meisten Kapitalisten aus dem Land flohen und die Arbeiter sich an das dadurch entstandene Vakuum an ihrem Arbeitsplatz anpassen mussten. Bevor Khomeini und die Partei der Islamischen Republik die Revolution an sich rissen und die Macht gewaltsam festigten, waren Arbeiterräte vor und unmittelbar nach der Revolution zunehmend die gängige Form der wirtschaftlichen und politischen Organisierung. Wie damals geht es auch den heutigen Arbeitern um den Produktionsfluss, da ihr Lebensunterhalt davon abhängt. Infolgedessen dreht sich ein Grossteil der Arbeiterproteste der letzten Jahre um den Widerstand gegen Privatisierung und Privateigentum. In den beiden bereits erwähnten Fällen forderten die Beschäftigten, ihre Fabriken vom privaten Eigentümer zurück und argumentierten, sie könnten die Fabriken besser verwalten. Unter diesen Bedingungen war die Idee der Arbeiterräte eine strategische und ideologisch erfolgreiche Antwort auf das durch die neoliberale Ordnung entstandene Vakuum und die allgemeinen Probleme, mit denen die Arbeiter in der neoliberalen Wirtschaft konfrontiert sind. Aus dieser Perspektive sind die heutigen Räte im Gegensatz zu ihren Vorgängern eher eine unmittelbare Antwort auf eine Wirtschaftskrise als auf eine politische Krise.

Im Gegensatz zu einer reduktionistischen Interpretation von Arbeiterräten, die sich lediglich auf Betriebe und Arbeiter beschränken, halten wir es für wichtig, die Entstehung dieser radikalen und demokratischen Gremien in einen breiteren Kontext zu stellen, der von der Aktivität politischer Gruppen über regionale und lokale Besonderheiten bis hin zu Genderaspekten reicht. Gab es Faktoren ausserhalb der Fabrik, die das Entstehen von Arbeiterräten begünstigten?

Was den sozialen Kontext betrifft, so bestand eine der wichtigsten Strategien der Arbeiterräte in Haft-Tappeh und INSIG darin, den Arbeitskampf über den Arbeitsplatz hinaus auf die Strasse und in die Stadt auszuweiten, um die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen. In beiden Fällen befinden sich die Fabriken ausserhalb des Stadtgebiets, doch die Arbeiter erkannten, dass sie gesehen und gehört werden müssen, um die Aufmerksamkeit der Behörden zu gewinnen. Die einzige Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, bestand darin, ihren Kampf öffentlich zu machen, indem sie ihn ausserhalb der Fabrikmauern führten. Meiner Meinung nach war dies in beiden Fällen der Schlüssel zum Erfolg und wurde in einem Dominoeffekt auch von anderen Sektoren übernommen. Der Arbeiterrat von Haft-Tappeh brachte die Proteste in die Stadt Shush, wo sie lokale Unterstützung erhielten. Die lokale Unterstützung ist nicht überraschend, da Haft-Tappeh der grösste Arbeitgeber in der Region ist. Daher ist der grösste Teil der Stadt Shush direkt oder indirekt mit Haft-Tappeh verbunden. Die Wirtschaft der Stadt Schusch ist in gewisser Weise eng mit Haft-Tappeh und Zuckerrohr verwoben. Aus diesem Grund erhielten die Streiks eine überwältigende lokale Unterstützung. Die Arbeiter nutzten auch die sozialen Medien, um ihren Kampf landesweit zu verbreiten, und angesichts ihres langjährigen Aktivismus erhielten sie auch Unterstützung von anderen Bürger- und Arbeitergruppen wie Rentnern, Studenten, Lehrern und anderen Arbeiterorganisationen wie dem INSIG-Rat und der Gewerkschaft der Teheraner Busfahrer.

In ähnlicher Weise erkannten die INSIG-Beschäftigten irgendwann in dieser Krise, dass ihr Erfolg von ihrer Militanz abhing. Sie trugen ihre Proteste ausserhalb des Werks vor, indem sie die wichtigsten Durchgangsstrassen blockierten und Sitzstreiks vor Regierungsgebäuden organisierten. Wie bereits erwähnt, besetzten die Arbeiter auch die Nationalbank und das Finanzministerium, das zu dieser Zeit die INSIG kontrollierte. Insgesamt erwiesen sich diese militanten Strategien als erfolgreich, da sie die dringend benötigte Unterstützung aus der Zivilgesellschaft erhielten. Dies trug dazu bei, den Arbeiterräten eine starke gesellschaftliche Kraft zu verleihen.

Um die Bedeutung der Arbeiterräte zu verstehen, sollte ich einige Hintergrundinformationen über die Provinz Khuzestan (in der sowohl Haft-Tappeh als auch die INSIG ansässig sind) geben. In den letzten vier Jahrzehnten – seit der Revolution von 1979 – befand sich die Provinz Khuzestan in einer ständigen Krise. Nach dem achtjährigen Krieg mit dem Irak, in dem die Provinz Khuzestan eine der Hauptfronten des Krieges war, kam es zu einem Anstieg von Migration, Vertreibung, Umweltzerstörung und Armut. Auch in anderen Regionen des Südwestens ist die Mehrheit der Bevölkerung (vor allem der arabischen Ethnie) einer schweren ethnischen und religiösen Diskriminierung ausgesetzt. Die landesweit dominierenden ethnischen Fars unterwerfen sunnitische Gruppen, ethnische Araber, Kurden, Belutschen und afghanische Flüchtlinge einer schrecklichen wirtschaftlichen und politischen Unterdrückung. Offiziellen Berichten zufolge liegt die Arbeitslosenquote in Khuzestan bei 40 bis 45 % und ist damit fast doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt von 25 %. (Es ist erwähnenswert, dass die offizielle Arbeitslosenquote unglaublich niedrig ist, da die Volkszählung eine Beschäftigung als zwei oder mehr Stunden pro Woche definiert). Wir sehen auch, dass die Quote in Städten höher ist, in denen die Mehrheit der Bevölkerung ethnisch arabisch ist. Der Einsatz von Arbeitsmigranten und die Bevorzugung nichtarabischer Arbeitskräfte bei den Grossprojekten der Provinz, z. B. in der Öl- und Gasindustrie, ist einer der Gründe für die aussergewöhnlich hohe Arbeitslosenquote.

Was die wirtschaftliche Ungleichheit anbelangt, so geht aus einer kürzlich durchgeführten Studie zur Messung der Armut in Khuzestan (unter Verwendung des multidimensionalen Armutsindexes, der die Bereiche Gesundheit, Bildung, Wohnen, Beschäftigung und Lebensstandard misst) hervor, dass die durchschnittliche Armutsquote in dieser Region im Jahr 2016 bei 35 % und damit über dem Landesdurchschnitt lag, wobei die meisten Benachteiligungen in den Bereichen Beschäftigung, Gesundheit, Wohnen, Bildung und Lebensstandard zu verzeichnen waren. Diese hohe Arbeitslosen- und Armutsquote ist bemerkenswert angesichts des Reichtums an Kohlenwasserstoff- und Wasserressourcen in Khuzestan, die mehr als 40 % des iranischen Staatshaushalts ausmachen. Trotz des Reichtums an Wasserressourcen (in dieser Region gibt es fünf Flüsse) ist die Provinz Khuzestan aufgrund der nachteiligen Wirtschafts- und Klimapolitik der Islamischen Republik, die lediglich die Interessen der iranischen Bourgeoisie widerspiegelt, mit schwerem Wassermangel und einer zunehmend desolaten natürlichen Umwelt konfrontiert.

Vor diesem Hintergrund stand Khuzestan in den letzten vier Jahren im Zentrum von Rätebewegungen und Massenaufständen. Von 2018 bis heute gab es mehrere Massenaufstände aus Protest gegen die anhaltende Krise und die Politik der Regierung, einschliesslich der Wassertransferpolitik, des Baus von Staudämmen, des Ableitens von landwirtschaftlichem Wasser und der Zerstörung von Feuchtgebieten und des Widerstands gegen die erzwungene Migration der arabischen Bevölkerung infolge der Umweltzerstörung. Diese Massenaufstände gingen ursprünglich aus den Arbeitskämpfen 2017-2018 in Haft-Tappeh und INSIG hervor und weiteten sich über die regionalen Proteste hinaus auf den Rest des Landes aus. Im Juni 2021 begannen die Aufstände in den mehrheitlich arabischen Städten von Khuzestan als Reaktion auf die Wasserkrise und weiteten sich innerhalb weniger Tage auf das ganze Land aus. Zuletzt brachen im Mai 2022 Proteste wegen der ständig steigenden Lebensmittelpreise aus. Als Reaktion auf diese Aufstände griff die Regierung auf ihre übliche repressive Taktik zurück, indem sie das Internet und die Stromversorgung in Khuzestan und anderen protestierenden Städten abschaltete, um die Niederschlagung zu zensieren und die Situation unter Kontrolle zu halten. Die Regierung konnte den Aufstand zwar vorübergehend erfolgreich unterdrücken, aber die materiellen Wurzeln der Proteste wachsen weiter und können nur eine gewisse Zeit lang unterdrückt werden.

Die Arbeiterräte entstanden vor dem Hintergrund der zunehmenden Ungleichheit, Armut, Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung. Trotz des substanziellen Rückgangs der strukturellen Macht der Arbeiter organisierten sie sich über die Räte und entfachten einen massenhaften städtischen Aufstand der Arbeitslosen und Bauern.

Die Fähigkeit der Arbeiter, die Kontrolle über ihre Arbeitsplätze zu übernehmen, ist im Iran nichts Neues. Nach dem Sturz des Schahs im Jahr 1979 schossen Hunderte von Arbeiterräten fast überall wie Pilze aus dem Boden. Können Sie uns mehr über diese Erfahrung erzählen und darüber, wie es der islamistischen Gegenrevolution gelungen ist, die Bewegung zu zerschlagen?

Auf jeden Fall. Die heutige Rätebewegung ist ein Relikt der Revolution von 1979. Showras spielten eine wichtige Rolle in der Revolution von 1979 und in der Arbeiterbewegung im Allgemeinen. Während der Revolution hatten die Arbeiter- und Bauernräte und in einigen Fällen auch die Gemeinderäte die politische und wirtschaftliche Kontrolle über Gebiete und Industrien im ganzen Iran inne.

Besonders ausgeprägt war dies in der Ölindustrie. Obwohl sich die Ölarbeiter nicht an den frühen Phasen der revolutionären Mobilisierung beteiligten, spielten ihre Massenstreiks eine wichtige Rolle, um den Schah zu stürzen und andere Arbeiter zu ermutigen, sich der revolutionären Bewegung anzuschliessen. Nach dem Sturz der Monarchie wandelten geheime Komitees mit Hilfe revolutionärer Kommunisten die von der fliehenden Bourgeoisie enteigneten Fabriken in von Arbeiterräten kontrollierte Produktionsstätten um.

Diese Enteignung war weit verbreitet. In der Revolutionszeit von 1978 bis 1980 wurden die meisten grossen iranischen Industriebetriebe von den Arbeiterräten geleitet. Zu den wichtigsten nationalen Industrien gehörten Iran Khodro (Automobilbau), Melli Shoe, Drogenproduktion, Darupakhsh (Pharma), Abadan Raffinerie, Isfahan Steel und alle Fabriken, die der Industrial Development Organization of Iran angeschlossen waren.

Für die neu konsolidierte Revolutionsregierung (sowohl die provisorische als auch die Partei der Islamischen Republik) bedeutete die Arbeiterkontrolle jedoch einen Verlust der Kontrolle über grosse Fabriken. Aus diesem Grund betrachtete die Regierung während der gewaltsamen Konsolidierung des Staates unter der Partei der Islamischen Republik im Jahr 1980 die Räte als gefährlich, gründete die Islamischen Räte in einem Versuch, die Räte zu kooptieren, und säuberte die Kommunisten aus allen Bereichen des wirtschaftlichen und politischen Systems. Das Arbeiterhaus, ein Verwaltungszentrum, das während der Revolution von den Arbeiterräten gebildet wurde, wurde von der Regierung besetzt, alle marxistischen und linken Arbeiter wurden aus den Fabriken vertrieben, und das Arbeiterhaus wurde dem Islamischen Rat übergeben. Während dieser Zeit wurden mehr als 500 Arbeiter und Tausende marxistische Aktivisten hingerichtet. Viele Arbeiteraktivisten überlebten nur, weil sie vor ihrer Verhaftung aus dem Land flohen. Innerhalb weniger Jahre hatte die Regierung alle unabhängigen Räte ausgerottet.

Kommen wir zurück zum heutigen Iran. Wie ist die aktuelle soziale und wirtschaftliche Lage im Land?

Nicht gut. Eine Kombination aus internen und externen Faktoren hat zu einer der grössten Wirtschaftskrisen im modernen Iran geführt.

Was die interne Krise betrifft, so geht aus dem jüngsten Bericht des iranischen Statistikzentrums hervor, dass die Inflationsrate im März 2022 41 % erreicht hat. Aus dem Bericht des Statistikzentrums geht hervor, dass die Preise für Lebensmittel seit dem letzten Jahr um fast 52 % gestiegen sind. Nur acht andere Länder haben eine höhere Inflation, viele davon auch unter US-Sanktionen. Der Preisanstieg war in ländlichen Gebieten höher als in städtischen Gebieten. Ebenso hat die Währung (iranischer Rial) in den letzten Jahren mehr als 80 % ihres Wertes verloren, wobei der Wechselkurs des US-Dollars 300 Tausend Rial für 1 USD überschritten hat. Im Jahr 2021 betrug der nominale Mindestlohn im Iran (auf der Grundlage des inoffiziellen Wechselkurses) 55 Cent pro Stunde, die Hälfte dessen, was mexikanische Arbeiter (die zu den billigsten der Welt gehören) erhalten (1,05 $/Stunde). Hohe Inflationsraten, die nicht mit den Nominallöhnen einhergehen, führen zu einem Rückgang des Realeinkommens. Seit 1980 sind die Reallöhne im Iran gesunken (-0,16 %), während sich die Lebenshaltungskosten im Durchschnitt verdreifacht haben. Das Geld wird weiterhin von Kapitalisten gemacht, die die massive Inflation und die Abwertung von Währung und Löhnen ausnutzen. Die Menge des exportierten Öls und sein Preis haben sich seit dem letzten Jahr fast verdoppelt, während die Nicht-Öl-Exporte des Landes im gleichen Zeitraum um mehr als 40 Prozent gestiegen sind. Auch wenn dies zum Teil auf die Sanktionen zurückzuführen ist und die Regierung versucht hat, die Inflation zu senken, litt der Iran vor den Sanktionen unter einer chronisch hohen Inflation. Viele dieser Massnahmen waren kontraintuitiv oder folgten der wirtschaftlichen Logik des IWF und der Weltbank.

Neben diesen geldpolitischen Massnahmen haben auch externe Faktoren wie die Sanktionen die Krise verschärft. Die weltweiten Wirtschaftssanktionen, die seit den 1980er Jahren gegen den Iran verhängt wurden, haben die Wirtschaft, die zunehmend von Exporten/Importen abhängig war, schwer geschädigt. Die Wirtschaftssanktionen haben die verarbeitende Industrie weiter geschädigt, da sie mehr als 80 % der importierten Produkte verbraucht, was es dem Iran erschwert, seine eigenen Waren zu produzieren. Die Unterbrechung der globalen Lieferketten machte die Beschaffung von Importen unsicher, was sowohl die inländische als auch die internationale Produktion beeinträchtigte. Die Probleme in den Lieferketten und die höheren Betriebskosten zwangen die Nicht-Öl-Industrien zu vollständigen oder teilweisen Stilllegungen und Massenentlassungen. Die daraus resultierende Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit in den Nicht-Öl-Sektoren, einschliesslich der Automobil-, Maschinen- und Bauindustrie, hat zur Arbeitslosigkeitskrise beigetragen. Der daraus resultierende starke Rückgang des realen Pro-Kopf-Wachstums der Inlandsprodukte, der Beschäftigungsrückgang im verarbeitenden Gewerbe und die zweistellige Inflationsrate haben den Arbeitsmarkt und die Armutsquote stark beeinträchtigt und gleichzeitig die Privatisierungsbestrebungen der Regierung verschärft.

Inmitten dieser gleichzeitigen Krisen hat die Regierung ihre neoliberale Offensive fortgesetzt. Ohne Rücksicht auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung hat die Regierung in den letzten Jahren einen konzertierten Subventionsabbau betrieben. Ermutigt durch den vom IWF vorgeschlagenen Plan, ein 2011 eingeführtes universelles Bargeldtransferprogramm zu beenden, das die Arbeiter für die Abschaffung von billigem (subventioniertem) Kraftstoff entschädigen sollte, hat die Regierung das Programm 2019 abgeschafft. Zuletzt wurden die Weizensubventionen gestrichen, was zu einem dreizehnfachen Anstieg der Preise für Brot und andere weizenbasierte Produkte führte. Auf diesen verrückten und plötzlichen Anstieg der Lebensmittelpreise folgte die Abschaffung aller Subventionen für Arzneimittel. Angesichts der Bedrohung von aussen hat die iranische Bourgeoisie versucht, die ihr entgangenen Profite zurückzugewinnen, indem sie die Arbeiterklasse immer wieder harten Sparmassnahmen und politischer Repression unterwarf.

Haben die Arbeiter als Reaktion auf diese Situation protestiert? In welchen Sektoren? Und durch welche Form der Mobilisierung?

Die neoliberalen Angriffe der Regierung lösten bereits in den 90er Jahren Widerstand und Volksaufstände aus, als die Regierung zum ersten Mal versuchte, die Strukturanpassungspolitik umzusetzen. Die 1991 begonnene Welle von Aufständen in den Städten zwang die damalige Regierung, diese Politik auszusetzen, bis sie 2010 plötzlich den Benzinpreis auf das Vierfache erhöhte. Auch wenn die Erhöhung des Benzinpreises keinen Widerstand in der Bevölkerung auslöste, war sie doch ein Sprungbrett für die Arbeiterproteste im kommenden Jahrzehnt. Seit 2010 sind mit der Verschärfung der neoliberalen Politik der Regierung, der Prekarisierung der Arbeit und der zunehmenden Ungleichheit grosse Proteste der Arbeiterklasse in städtischen Gebieten ausgebrochen. Arbeiter in allen Wirtschaftssektoren haben auf die sich verschlechternden strukturellen Bedingungen reagiert: Ölarbeiter, Arbeiter im Schwermaschinenbau und in der Stahlindustrie, Beschäftigte im Dienstleistungssektor wie Busfahrer, Eisenbahner, Gemeindebedienstete und Lehrer und schliesslich in der Gig-Economy die Beschäftigten von Snapp! (dem Pendant zu Uber) haben in den letzten Jahren mehrfach gestreikt. Interessanterweise sind Rentnerinnen und Rentner ein aktiver Teil aller Proteste und bilden neue Organisatoren in grossem Umfang aus. Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Arbeiterklasse in der Geschichte des modernen Iran noch nie so organisiert und aktiv war.

Dies beschränkt sich nicht nur auf Arbeiter, die arbeitsplatzbezogene Forderungen stellen. Spätestens seit 2017 sind die Aufstände in den Städten auf dem Vormarsch. Wie bereits erwähnt, entstanden die ersten dieser Aufstände in der südwestlichen Region, insbesondere in der Provinz Khuzestan, aufgrund der unzähligen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen. Seitdem ist es im Iran zu einer wachsenden Zahl von Aufständen gekommen. Im Jahr 2019 löste der plötzliche Anstieg der Kraftstoffpreise einen der grössten und blutigsten Aufstände aus, bei dem bis zu 1500 Demonstranten getötet und Tausende verhaftet wurden. Wie in den Jahren 2019 und 2021 begann die jüngste Protestwelle im vergangenen Monat (Mai 2022) in Khuzestan und breitete sich über das ganze Land aus. Die Proteste in Khuzestan brachen im Anschluss an den landesweiten Lehrerstreik aus. Schon bald richteten sich die Proteste gegen die hohen Lebensmittelpreise, insbesondere für Brot. Die Hauptforderungen waren die Wiedereinführung von Subventionen, die Verbesserung der Umweltbedingungen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Wie bei früheren Aufständen mobilisierte der Staat, sobald die Solidaritätsproteste in anderen Städten und Provinzen begannen, seine gesamten Repressionskräfte, um die Kommunikation zwischen den Städten zu verhindern und die Demonstranten auf der Strasse hinzurichten.

Ein wichtiger Aspekt dieser städtischen Aufstände ist, dass sie von der Arbeiterbewegung unterstützt werden. Lehrer, Rentner und andere fortschrittliche Arbeiterorganisationen haben ihre Unterstützung für die städtischen Aufstände zum Ausdruck gebracht. Es ist erwähnenswert, dass die Lehrer eine der erfolgreichsten Fraktionen der Arbeiterbewegung im Iran sind und derzeit die grösste organisierte Arbeiterbewegung im Iran darstellen. Trotz der schweren Repressionen hat die Lehrerbewegung einen noch nie dagewesenen Grad an nachhaltiger nationaler Organisation erreicht und ihre unabhängigen Organisationen erfolgreich der Regierung aufgezwungen. Aus dieser Perspektive zeigt die Lehrerbewegung, dass weder schwere Repressionen noch die gelben und parallelen, von der Regierung geförderten Organisationen eine Arbeiterbewegung automatisch kooptieren oder stoppen.

Zusätzlich zur Unterstützung der Lehrer haben prominente Gewerkschaften, darunter Haft-Tappeh, die Teheraner Busfahrergewerkschaft und die Rentner, eine gemeinsame Erklärung zur Unterstützung der städtischen Proteste veröffentlicht. Obwohl die iranische Arbeiterklasse bisher nicht organisiert war, zeigt sie schnell eine Solidarität, die über Branchen, ethnische, religiöse und – in geringerem Masse – geschlechtsspezifische Unterschiede hinausgeht. Dieser rasche Übergang zu einheitlichen, organisierten und koordinierten Protesten hat das Proletariat in eine stärkere Position gebracht, um einen Klassenkampf zu führen.

Abschliessend: Wie ist die aktuelle Situation der Linken im Iran?

Was die iranische Linke betrifft, so sind seit 2018 viele marxistische Untergrundorganisationen entstanden, deren Kreativität bei der Organisierung und Bildung zu wichtigen Fortschritten in der Arbeiterbewegung geführt hat. Dies steht im Einklang mit einer allgemeinen Tendenz unter den Organisatoren, über die bürgerlich-rückständigen Spaltungen hinauszugehen. Wie ich oben beschrieben habe, hat sich diese Tendenz in der Arbeiterbewegung verstärkt und ausgeprägter entwickelt und dringt nun auch in studentische Kreise vor. Die Sensibilität der Regierung für diese Linkswende wurde sowohl von einer sanften als auch von einer harten Unterdrückung begleitet. Die weiche Unterdrückung besteht aus dem Aufstieg einer Pseudolinken in Form der islamischen Gerechtigkeitsbewegung und dem Diskurs der islamischen Studenten- und Arbeiterräte, die versuchen, die Wirtschaftskrise auf die Unfähigkeit einzelner Manager zu reduzieren und sie als Schuld einiger schlechter Äpfel darzustellen. In ähnlicher Weise hat dieser Diskurs die antiimperialistischen Argumente übernommen, um jegliche Kritik an der Regierung abzulenken. Trotz der ausgeklügelten Versuche der Regierung, die Linke durch ihre Hegemonialmacht auszuschalten, vermehren sich vereinigte marxistische Kreise im ganzen Land.

Viele radikale Marxisten im Untergrund veröffentlichen weiterhin theoretische und politische Schriften, betreiben Agitation und Organisierung und haben in den letzten Jahren die radikale Politik in der Arbeiterbewegung popularisiert. Zeitschriften wie Naghd («Kritk» auf Deutsch) und Political Economy Critique befassen sich mit originellen theoretischen und analytischen Arbeiten sowie mit vergleichenden Fallanalysen und Übersetzungen, damit die iranische Arbeiterschaft von den Erfolgen und Fehlern der internationalen Arbeiter- und marxistischen Bewegungen lernen kann. Gleichzeitig unterhalten marxistische Kreise und Arbeitsgruppen wie das Komitee für die organisierte Aktion der Arbeiter (Komite Sazmandehi e Amal e Kargari) und das Slingers-Kollektiv (die englische Sektion des Majanigh-Kollektivs) Kontakte zu den Arbeitern vor Ort in verschiedenen Branchen und engagieren sich direkt für die Organisierung und Aufklärung. Diese beiden Arbeitsgruppen veröffentlichen Berichte und Analysen in Farsi und Englisch, in denen sie die Erfahrungen und Bedingungen beschreiben, die sie beobachten. Angesichts der repressiven Taktik des Staates riskieren die Mitglieder aller Gruppen Entführung, Folter oder sogar den Tod durch die faschistische Islamische Republik, nur weil sie die Bedingungen des Proletariats zu verbessern trachten. Vereinfacht gesagt, haben iranische Arbeiter, Studenten, Akademiker und Linke im Wesentlichen eine Bewegung im Stil einer Volksfront aufgebaut. Angesichts der unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Krise und der Unterdrückung durch die Regierung hat diese Volksfront vor allem darauf abgezielt, unnötige Machtkämpfe und die konfessionelle Spaltung zu vermeiden.  Natürlich gibt es theoretische und politische Debatten über Räteverwaltung versus Gewerkschaften. Doch im Grossen und Ganzen scheint das Klassenbewusstsein so weit gewachsen zu sein, dass die Arbeiterklasse erkennt, dass sie sich vereinigen muss, um erfolgreich gegen den zunehmend aggressiven Klassenkampf der Bourgeoisie Widerstand zu leisten. Ich denke und hoffe, dass auch die internationale Linke dies erkennt und sich der iranischen Bewegung anschliesst, um den Kapitalismus ein für alle Mal zu bekämpfen.

Quellenangaben:

Bayat, Asef. 1987. Arbeiter und Revolution im Iran: A Third World Experience of Workers‘ Control. London: Zed.

Bayat. Asef. 1994. «Hausbesetzer und der Staat: Back Street Politics in the Islamic Republic». Middle East Research and Information Project (MERIP) 191:10-14.

Kheirollahi, Alireza.2018. Kārgarān bi Tabaqeh: Tavān-e Chānezani Kārgarān dar Irān pas az

Enqelāb (Workers Without Class: Bargaining Power in Iran after the Revolution). Teheran: Agah.

Nomani. F. und Behdad. S. 2012. «Labor Rights and the Democracy Movement in Iran: Building a Social Democracy», Northwestern Journal of International Human Rights. Vol 10, Issue 4: 212 (2012).

Salour N & S Salour (2020) Council Power in the Iranian Labor Movement. Disponibile a: https://www.tempestmag.org/2020/11/council-power-in-the-iranian-labor-movement.

#Bild: INSIG-Streik 2018. Auf dem Frontschild steht («Alle inhaftierten Arbeiter müssen freigelassen werden»)

Quelle: lavocedellelotte.it… vom 18. August 2022; Übersetzung durch Redaktion maulwuerfe.ch

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