Kaschmir: Spannungen zwischen Indien und Pakistan steigen nach Anschlag

Die Spannungen zwischen Indien und Pakistan haben sich nach einem Anschlag in Kaschmir weiter verschärft. Solange das Selbstbestimmungsrecht der kaschmirischen Bevölkerung verwehrt wird, kann es keine Lösung für den Konflikt geben.
Am vergangenen Dienstag überfielen und töteten vier bewaffnete Männer 26 Tourist:innen im Baisaran-Tal, das in dem von Indien besetzten Teil der Region Kaschmir liegt.
Der Anschlag, der nach Angaben der örtlichen Behörden der tödlichste seit Jahren war, führte zu neuen Spannungen zwischen Indien und Pakistan, die sich seit der Unabhängigkeit von Großbritannien und der gewaltsamen Teilung des Gebiets im Jahr 1947 streiten.
Nach dem Anschlag schloss die indische Regierung von Narendra Modi und seiner extrem rechten Indischen Volkspartei (BJP) die Landgrenze zu Pakistan, setzte den Indus-Wasservertrag aus (der die Nutzung des Wassers des Flusses durch beide Länder regelt), wies ihre Diplomat:innen aus. Zudem verbot er pakistanischen Staatsbürger:innen die Einreise ohne Visum, was im Rahmen eines speziellen Ausnahmeprogramms erlaubt war. Darüber hinaus kündigte die indische Regierung an, ab dem 27. April keine Visa mehr für Pakistaner:innen zu erteilen.
Diese Maßnahmen würden so lange in Kraft bleiben, bis „Pakistan seine Unterstützung des grenzüberschreitenden Terrorismus glaubhaft und unwiderruflich zurückweist“, so Vikran Misri, Indiens Außenminister.
Die Regierung Pakistan hat ihrerseits bestritten, derartige Angriffe zu unterstützen, und erörtere ihre Reaktion auf die indischen Maßnahmen auf einer für Donnerstag, den 24. April, einberufenen Sitzung des Nationalen Sicherheitskomitees. Auf der Sitzung forderte sie die Aussetzung des gesamten direkten und indirekten Handels mit Indien und erklärten, dass der Bruch des Indus-Vertrags durch Neu-Delhi eine Kriegserklärung an das Land sei, weil es ihm den Zugang zu den Süßwasserquellen des Indus und seiner Nebenflüsse verwehrt.
Es ist noch nicht abzusehen, wie weit die Situation eskalieren wird, aber Tatsache ist, dass Kaschmir seit seiner Teilung zwischen den beiden Staaten eine Region in Aufruhr ist: Die indisch-pakistanischen Kriege von 1947 und 1965 wurden gerade durch den Streit um die Kontrolle über das Gebiet ausgelöst. Im Jahr 1989 destabilisierten anti-indische Unruhen und die Gründung und Verbreitung bewaffneter Gruppen, die die Befreiung Kaschmirs anstrebten (anfangs von Pakistan finanziert und bewaffnet), die Region erneut.
In jüngster Zeit beschlossen Modi und die BJP, den Autonomiestatus Kaschmirs aufzuheben und das Gebiet in zwei Teile zu spalten (Jammu und Kaschmir und Ladakh), eine Kommunikationsblockade zu verhängen und Aktivist:innen und politische Anführer:innen, die sich diesen Plänen widersetzten, zu verhaften. Gleichzeitig beschlossen sie, die Ausstellung von Wohnsitzbescheinigungen in der Region für Nicht-Kaschmiris, mit denen sie dort arbeiten und sogar Land kaufen können, zu erleichtern.
Diese Maßnahmen haben die Instabilität im indischen Teil Kaschmirs erneut erhöht, ein Prozess, der heute in diesem Anschlag gipfelt.
Die derzeitige Situation zeigt erneut, dass es keine wirkliche Lösung für diesen Konflikt gibt (und geben wird), wenn das Recht der kaschmirischen Bevölkerung, über ihre eigene Zukunft zu entscheiden, weiterhin verweigert wird.
Dieser Artikel erschien zunächst am 24. April auf Spanisch in La Izquierda Diario.